McDonald's hat 2006 versucht, ein Freihandelsabkommen der US-Regierung mit El Salvador zu verzögern, um Druck auf die dortige Regierung auszuüben, enthüllt Wikileaks
Es gab 2006 einen 24-Millionen-Dollar Prozess, in den der Burger-Gigant in El Salvador verwickelt war, und für den die Regierung unabhängige Richter stellen sollte. Die Information stammt aus einer von Wikileaks veröffentlichten US-Depesche vom 15. Februar 2006. Fünf Tage zuvor hatten seinerzeit McDonald's-Vize-Chef für Government Relations, Dick Crawford, und die Chefjustiziarin für Lateinamerika und Kanada, Maria Legett, den US-Botschafter in San Salvador über ihre Anstrengungen informiert, die Angelegenheit zu bereinigen und dabei das Central America-Dominican Republic-United States Free Trade Agreement (CAFTA-DR) als Trumpfkarte einzusetzen. „Sie erklärten, dass die Firma Lobbyarbeit in Washington betreibt, um Druck auf El Salvador auszu
Übersetzung: Christine Käppeler
rklärten, dass die Firma Lobbyarbeit in Washington betreibt, um Druck auf El Salvador auszuüben, damit der Fall in Einklang mit den Rechtsnormen verhandelt wird. Dabei regten sie an, die Implementierung des CAFTA-DR aufzuschieben, solange das Verfahren in der Schwebe ist“, heißt es in der Depesche. Urteil gegen den Konzern Botschafter Hugh Barclay ließ freilich keinen Zweifel, das Verhalten von McDonald’s laufe den Interessen der USA zuwider, „das Freihandelsabkommen CAFTA-DR so schnell wie möglich umzusetzen“. Mitarbeiter der Botschaft merkten darüber hinaus an, dass es im Vorfeld der Parlamentswahlen den Gegnern des Freihandelsabkommens in die Hände spielen würde, wenn McDonald’s das jetzt zu blockieren suche. Dadurch könnten wichtige Regierungsbeamte vor den Kopf gestoßen werden, die sich bereits dafür einsetzten, dass das Verfahren rechtskonform geführt wird. Die Diplomaten argumentierten auch, dass die Taktik des Fast-Food-Konzerns den Rechtsstreit weiter ins Scheinwerferlicht rücken und zu unerwünschten Schlagzeilen führen könnte. Crawford erkannte diese Bedenken an und willigte ein, die Bemühungen seines Unternehmens zu mäßigen, nicht jedoch zu beenden.Das Verfahren wurde für den Burger-Giganten ein langwieriges und teures Problem. Kläger war ein ehemaliger Franchise-Nehmer namens Roberto Bukele, dessen Firma 1972 die erste McDonald’s-Filiale in El Salvador eröffnet hatte. 1996 verlor Bukele seinen Vertrag, weil er gegen die Bedingungen einer Vertragsverlängerung verstoßen hatte. Zu diesen Verstößen gehörte auch eine Umstrukturierung der drei Restaurants, die Bukele zu diesem Zeitpunkt besaß: Nahrungsmittel durften nur von Produzenten und Lieferanten kommen, die MacDonald’s genehmigt hatte. Es hätte einen Ausbildungsplan für die Angestellten geben müssen – neue Restaurants und Gerichte auf der Karte hätten der Genehmigung bedurft.Ein langwieriger Prozess endete schließlich 2005 mit dem Urteil des Berufungsgerichts, das entschied, McDonalds habe Bukeles Vertrag rechtswidrig beendet. Es sprach ihm 24 Millionen Dollar Schadensersatz für seine Einnahmeausfälle zu.Einspruch gegen Richterin McDonald’s legte vor dem Obersten Gerichtshof El Salvadors Berufung ein. Justiziarin Maria Legett war jedoch nicht allzu optimistisch, dass es zu einer unvoreingenommenen Anhörung kommen würde. „Sie wies darauf hin, dass eine faire Entscheidung angesichts der aktuellen Zusammensetzung der Zivilkammer sehr unwahrscheinlich sei“, heißt es in der von Wikileaks publizierten Depesche. „Zwei neutrale Richter haben sich wegen Befangenheit zurückgezogen, da sie bereits zuvor an dem Fall beteiligt waren. Ihrer Prozessakte nach zu urteilen, wird die dritte Richterin, eine Anhängerin der Nationalen Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN), gegen McDonald’s urteilen, unabhängig von der Sachlage. McDonald’s ersucht deshalb darum, dass diese Richterin entfernt und drei Ersatz-Richter benannt werden. Es soll ein Wiederaufnahmeverfahren geben, damit die FMLN-nahe Richterin mit dem Argument – ihr gut dokumentierter Anti-Amerikanismus werde sie davon abhalten, den Fall unparteiisch anzuhören – wegen Befangenheit abgelehnt wird.“ – Die Anwälte des Fast-Food-Konzerns erklärten, sie würden jedes rechtliche Mittel ausschöpfen um einen fairen Prozess zu erreichen. Sie machten ihren Einfluss bei Geschäftsmännern und Regierungsbeamten geltend, um El Salvadors Obersten Richter August Calderon zu drängen, drei unparteiische Richter in die Zivilkammer zu berufen, die den Fall verhandeln sollten.Der US-Botschafter sagte gegenüber Vertretern von McDonald’s, er habe das Thema bereits vor dem (damaligen) Präsident Saca zur Sprache gebracht, und dabei „betont, was für seine Regierung auf dem Spiel steht, die dringend auf Auslandsinvestitionen angewiesen ist“. El Salvadors Regierung müsse daran gelegen sein, den Rechtsstreit fair beizulegen.McDonald’s streitet den Vorwurf ab, es habe die Implementierung des Freihandelsabkommen verzögern wollen. „Unser Ziel war es, Aufmerksamkeit für unsere Bedenken gegenüber der Rechtsstaatlichkeit in El Salvador im Allgemeinen und unseren Fall im Besonderen zu erreichen“, so ein Sprecher des Unternehmens. „Wir hatten keinerlei Interesse daran, das CAFTA aufzuhalten … Es ist uns wichtig, zu betonen, dass wir uns in dieser Angelegenheit in jedem Fall an die US-Botschaft gewandt hätten.“