Hetze zum Mitmachen

Zeitgeschichte Der antisemitische „Stürmer“ war während der NS-Diktatur Zentralorgan des öffentlichen Denunziantentums. Tausende von „Leserreportern“ legten sich dafür ins Zeug
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Der Mann sieht in die Kamera. Soeben hat er bei einem Herrenausstatter eingekauft. Beim Verlassen des Geschäftes, das einen jüdischen Eigentümer hat, klickt die Kamera. Der Knipser ist ein Möchtegern-Leserreporter, heißt Hans Käbel, arbeitet als Buchhalter und streift im Juni 1935 durch die Straßen seiner Heimatstadt Dinslaken am Niederrhein, um die Kunden jüdischer Geschäfte zu fotografieren. Die Ablichtungen versieht er mit gehässigen Kommentaren und schickt sie in der Hoffnung an das antisemitische Hetzblatt Der Stürmer, dass sie wie andere Zuschriften des gleichen Kalibers veröffentlicht werden. „Dieser Mann kaufte beim Kramjuden Salmon, Dinslaken, Schlageterstraße. Er trägt sogar ein SA-Koppel, wir kriegen ihn