Bad Bank auf Staatskosten

SoFFin II Die Bundesregierung reanimiert den nationalen Bankenrettungsfonds von 2008 und hilft damit Geldhäusern wie der Commerzbank nicht in Bankrottnähe zu geraten

Der EU-Gipfel am 8./9. Dezember konnte den Euro nicht retten. Weder vorläufig noch endgültig. Mit dieser Gewissheit im Nacken treffen sich heute Nicolas Sarkozy und Angela Merkel in Berlin und werden sich nicht allein dem nächsten EU-Krisentreffen Ende Januar oder der Idee des Gastes widmen können, notfalls im Alleingang, die Finanztransaktionssteuer einzuführen – ohne die übrige EU-Community, vor allem ohne Deutschland.

Längst werfen die nächsten Turbulenzen in der gemeinsamen Währungszone ihre Schatten voraus. Besser gesagt, sie sind schon da. Die im Oktober vereinbarte Umschuldung Griechenlands kommt nicht wirklich voran, offenbar weil die Verhandlungen mit der geballten Gläubigermacht von Banken und Investoren stagnieren. Die stemmen sich um ihrer selbst allzu großen Abschreibungen – sprich: Verlusten – entgegen. Da kann der griechische Premier Papademos noch so oft die baldige Zahlungsunfähigkeit seines Landes beschwören, am hinhaltenden Widerstand der Kreditgeber gegen einen Schuldenschnitt wird sich wenig ändern.

Ein starkes Signal

Wenn nun die Bundesregierung auf ein Opfer der Gläubiger von 50 Prozent oder mehr drängt, tut sie das auch in dem Bewusstsein für die eigenen Geldhäuser Vorsorge getroffen zu haben, wenigstens für 2012. Kurz vor dem Jahreswechsel fiel im Kabinett eine Entscheidung, die es verdient, stärker wahrgenommen und gewürdigt zu werden, als das bisher geschehen ist. Die Regierung ist entschlossen, den Bankenrettungsfonds SoFFin zu reaktivieren. Mit anderen Worten, auf SoFFin I von 2008/09 folgt SoFFin II in diesem Jahr, sofern der Bundestag die Gesetzesnovelle spätestens im Februar durchwinkt. Die Zeit drängt, nicht zuletzt weil ein möglicher Zahlungsausfall Griechenlands Gegenmaßnahmen verlangt und das rechtzeitig. Auch der Stresstest der europäischen Bankenaufsicht EBA lässt es geraten erscheinen, sich wieder auf den SoFFin zu besinnen. Der EBA-Belastungscheck hatte Ende 2011 offenbart, dass bei sechs deutschen Instituten eine Kapitallücke von 13,1 Milliarden Euro klafft (gemessen an der Forderung bis Mitte 2012 eine Eigenkapitalquote von neun Prozent vorzuhalten). Bei den von der EBA reklamierten Defiziten entfallen allein auf die Commerzbank 5,3 Milliarden. Der Rest verteilt sich auf die Deutsche Bank, die DZ Bank sowie die Landesbanken NordLB, Helaba und WestLB.

Was ihnen helfen könnte, wäre auch jetzt – wie schon vor gut drei Jahren – ein nicht im Staatshaushalt veranlagtes Sondervermögen des Bundes, das den Vorteil verschafft, damit die staatliche Verschuldungsquote nicht nach oben zu treiben. Die Bundesregierung belobigt sich im Gesetzentwurf, sie setze mit der Reanimation des SoFFin ein „ein starkes Signal“, das die „Finanzmarktstabilität sicherstellen“ werde. Sie könnte getrost hinzufügen, die Konstruktion des SoFFin II sei dazu angetan, die eigene Bonität an den internationalen Finanzmärkten möglichst nicht zu gefährden.

Wertlose Wertpapiere

Allein die mit SoFFin II ins Auge gefassten Kapitalmengen sprechen Bände: 400 Milliarden Euro für Garantien und 80 Milliarden für Kredite, also exakt der Kapitalstock, der bereits im Herbst 2008 zur Verfügung stand, um eine Generalbürgschaft für die deutsche Bankenwelt zu übernehmen, nachdem sich die US-Investmentbank Lehman Brothers in die Insolvenz verabschiedet hatte. In dieser Situationen drohte manchem privaten Finanzinstitut die Kraft auszugehen, sich dem davon ausgehenden Sog zu entziehen.

Von daher ist es nicht nur ein „starkes“ Signal, dass die Auflage eines SoFFin II aussendet, sondern auch ein „beruhigendes“ für die Banken. Die wissen, ihnen wird bei einer Erhöhung der Eigenkapitalquote auf neun Prozent auf jeden Fall geholfen. Und es wird ihnen darüber hinaus weiterhin erlaubt sein, Wertpapiere, die sich nicht refinanzieren lassen und genau genommen wertlos sind, in so genannte Bad Banks auszulagern. Was dabei an Verlusten entsteht, kann durch Mittel aus SoFFin II ausgeglichen werden. Das heißt, dieser reaktivierte Rettungsfonds funktioniert letzten Endes selbst wie eine Bad Bank.

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Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

Lutz Herden

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