Der Rückzug eines Alpha-Tiers

Linkspartei Oskar Lafontaine wollte den Vorsitz der Linkspartei – aber nur zu seinen Bedingungen. An dieser Haltung ist er gescheitert

Das war aber ein kurzes Comeback. Die dritte Wiederkehr von Oskar Lafontaine auf die große Bühne der Politik dauerte kaum mehr als eine Woche. Acht Tage genau. Nach dem Ausscheiden seiner Partei bei der Landtagswahl in NRW hatte er angekündigt, noch einmal für den Parteivorsitz der Linkspartei zu kandidieren.

Aber er wollte die Macht nicht nur zu seinen Bedingungen an sich reißen, er wollte dazu auch noch gebeten werden. Lafontaine als Retter, gar als Messias. Große Teile der Partei haben das offenbar anders gesehen. Nachdem gestern Fraktionschef Gregor Gysi, als der beinahe einzige noch verbliebene ostdeutsche Gefolgsmann, seine Sympathie für die Kandidatur von Dietmar Bartsch bekundete, brodelte die Gerüchteküche und die Zeitungen von heute spekulierten bereits über Lafontaines Abgang.
Vor knapp einer Stunde meldeten dann die Agenturen, dass Lafontaine darauf verzichtet, die angeschlagene Partei aus der Krise zu führen: „Ich habe allerdings zur Kenntnis nehmen müssen, dass meine Bereitschaft nicht zu einer Befriedung der innerparteilichen Auseinandersetzung geführt hat, sondern dass die Konflikte weiter eskaliert sind“, begründete der Saarländer seinen Schritt.

Lafontaine ist sicher einer der bedeutendsten Politiker Deutschlands, er tritt nun als einer der letzten seiner Generation – der Enkel Willy Brandts – den Rückzug an. Und auch wenn viel über interne Personalquerelen und Flügelkämpfe in der Linkspartei geschrieben und geredet worden ist – im Kern war es ein Generationenkonflikt, der den Auseinandersetzungen zugrunde lag. Denn zwischen dem 69-Jährigen Lafontaine und einer hauptsächlich in Ostdeutschland sozialisierten Partei, die viele jüngere Talente hervorgebracht hat, liegen Welten.
Diese Kluft beschrieb die stellvertretende Parteivorsitzende Halina Wawzyniak vor einigen Tagen so: „In der West-SPD und den Gewerkschaften hat man das von oben nach unten autoritär durchgesetzt. In der PDS haben wir, aufbauend auf den schlechten Erfahrungen aus der SED, gelernt, Politik von unten nach oben zu machen. Ich will keinen Rückschritt.“
So tief waren also bereits die Gräben zwischen der jüngeren Führungsmannschaft der Linken und dem Mann aus dem Westen: Man sprach über ihn wie einen Fremden, der SPD-Mann, der aus der Kälte kam und in seinem Politikstil an die SED erinnert.
Immerhin: Es ist Lafontaine hoch anzurechnen, dass er das Feld nach solchen klaren und äußerst kritischen Äußerungen, von denen es in den letzten Tagen viele gegeben hatte, räumt. Auf den Mann und die Frau, die nun kommen, warten große Aufgaben. Lafontaine wird sich gewiss noch manches Mal darüber freuen, dass deren Lösung nun andere übernehmen müssen.

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