Es ist nicht optimal gelaufen, aber von Fehlverhalten kann keine Rede sein: So lautet das Ergebnis eines Untersuchungsausschusses zum Skandal um gehackte Forscher-Emails
Die Klimaforscher, die im Zentrum des Medienrummels um die im Internet veröffentlichten E-Mails standen, haben teilweise schlampig gearbeitet, ihre Ergebnisse aber nicht gefälscht, wie eine unabhängige Prüfung der Vorgänge jetzt ergab.
Die zweite von drei eingeleiteten Untersuchungen im Fall habe nach Aussage von Kommisssionsleiter Lord Oxburgh, „absolut keinen Beweis für einen wie auch immer gearteten Betrug“ entdecken können. Viele der Vorwürfe und Behauptungen seien von Leuten vorgebracht worden, „denen die Konsequenzen nicht passen, die aus Teilen der Ergebnisse zu ziehen sind“, zu denen die Klimaforscher gelangten. „Was auch immer in den E-Mails geschrieben wurde, die grundlegende wissenschaftliche Arbeit ist offensi
st offensichtlich redlich und sorgfältig gemacht worden “, sagt Oxburgh.Wären die Vorwürfe dagegen bestätigt worden, sie hätten schwer genug gewogen, um die Karrieren der Wissenschaftler der Abteilung für Klimaforschung (Climate Research Unit, CRU) an der Universität von East Anglia zu beenden.Lückenhafte DokumentationDer vorliegende Bericht stellt der Abteilung für Klimaforschung jetzt einen „Persilschein“ aus, nicht jedoch, ohne einige Bedenken zu äußern. Die Arbeit der Forscher sei lückenhaft dokumentiert, außerdem habe man für die Analyse der Daten nicht die besten der verfügbaren Methoden benutzt. David Hand, Statistiker am Imperial College in London und Mitglied der Untersuchungskommission, sagte, es sei naiv mit Statistiken umgegangen worden. Dennoch gebe es keinen Grund zu der Annahme, dass andere, bessere Analyseverfahren zu deutlich abweichenden Ergebnissen geführt hätten. Schlechte Dokumentation sei unter Wissenschaftlern weit verbreitet, und die East Anglianer hätten schließlich nicht ahnen können, dass dieses im Verlauf ihrer Karriere immer als „unzeitgemäß“ geltende Arbeitsgebiet eines Tages ein solches Medieninteresse auf sich ziehen würde, erklärt Oxburgh.Gegenstand der Untersuchung waren elf wissenschaftliche Paper, die die CRU innerhalb der vergangenen 20 Jahre veröffentlicht hatte und die als wegweisend für das Forschungsfeld gelten. Sie enthalten grundlegende Erkenntnisse über die Erderwärmung und nahmen Einfluss auf mehrere Berichte des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Oxburgh zufolge enthalten diese wissenschaftlichen Dokumente alle notwendigen Vorbehalte und Formeln, in denen die Unsicherheit der aufgestellten Thesen zum Ausdruck kommt. Medien, Regierungsstellen oder das IPCC allerdings hätten diese Unsicherheiten in der Darstellung der Ergebnisse oft ausgeklammert.Streit um den HockeyschlägerAls Beispiel für die „unglückliche Präsentation eines äußerst komplexen Forschungsgegenstandes“ griff Oxburgh eine Graphik über den weltweiten Temperaturanstieg aus dem Jahr 1999 für die World Meteorological Association heraus, in die drei verschiedene Datensätze eingeflossen waren. Diese von Experten der CRU angefertigte Grafik war Gegenstand der berüchtigten E-Mail von CRU-Leiter Phil Jones, in der er von seinem „Trick“ sprach, den „Temperaturrückgang zu verschleiern“. Nach Aussage von Jones enthielt das Dokument der WMO die nötigen Angaben bezüglich der Standardabweichungen.Im Rahmen einer Pressekonferenz, auf der die Ergebnisse der Untersuchung vorgestellt wurden, entfachte Hand noch einmal den alten Streit um eine in der Öffentlichkeit viel beachtete Studie, die 1998 von Wissenschaftlern unter der Leitung Michael Manns von der Penn State University veröffentlicht worden war. Das Paper zeigt das zum Symbol gewordene Hockeyschläger-Diagramm, das den beispiellosen Temperaturanstieg des 20. Jahrhunderts illustriert. Hand sagte, er habe ein „ungutes Gefühl“ was die Studie betreffe, da sie „unangemessene statistische Instrumentarien“ verwende. Zwar sei der sprunghafte Temperaturanstieg korrekt, er werde in dem Paper jedoch übertrieben dargestellt. Für die Darlegung dieses Problems lobte er den kanadischen Klima-Blogger Steve McIntyre, der zu den lautesten Kritikern der CRU-Wissenschaftler zählt,.Mann hingegen erklärte gegenüber dem Guardian, die Studie sei von der amerikanischen National Academy of Science anerkannt worden. Hand habe eine „Einzelmeinung“ abgegeben, der nicht „allzuviel Aufmerksam oder Glauben geschenkt werden sollte“.Behinderter DatenaustauschOxburgh meint, die Forderungen nach Daten und Computer-Codes, mit denen McIntyre und andere die CRU-Wissenschaftler bombardierten, hätten sich zu einem Schikanefeldzug auswachsen können. Die ganze Angelegenheit lasse Fragen darüber offen, wie das Informationsfreiheitsgesetz in einem akademischen Kontext sinnvoll angewandt werden kann.Der Bericht bezeichnet es des Weiteren als „unglücklich“, dass die britische Regierung Richtlinien eingeführt hat, die den Umgang mit Klimadatensätzen regeln. Betroffen sind davon auch die Datensätze, mit denen die CRU arbeitet, und die von Kritikern angefordert wurden. Die Maßnahme behindere den Datenaustausch zwischen Wissenschaftlern, kritisiert der Bericht.Der Oxburgh-Bericht kommt zu demselben Ergebnis wie ein vergangene Woche erschienener Bericht des Common Science and Technology Select Committees, der die Wissenschaftler ebenfalls von dem Vorwurf falschen Vorgehens freisprach. Eine dritte Untersuchung unter Sir Muir Russell soll nächsten Monat ihren Abschlussbericht vorstellen.