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Die Ernährungsgerade

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Karin Michel

Hardcover, gebunden

208 Seiten, mit 10 Abbildungen und 12 Tabellen

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Im Kino: 07. bis 18. Mai 2025

@home: 12. bis 25. Mai 2025

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Neue Dauerausstellung ab 29. März 2025

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Kultur : Todeskampf hautnah: Albert Serras „Nachmittage der Einsamkeit“ zeigt einen Stierkämpfer

In seinem Dokumentarfilm „Nachmittage der Einsamkeit“ begleitet der spanische Regisseur Albert Serra einen Stierkämpfer bei der Arbeit. Eine blutige Parabel über Männlichkeit, Spektakel und autoritäre Macht

Männlichkeit, Machismo, Überlegenheit: Torero
Männlichkeit, Machismo, Überlegenheit: Torero

Foto: Filmgalerie 541

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Wieder so eine Männerfigur, die man zwischen Abscheu und Faszination verfolgt. Albert Serras Schaffen ist voll von solchen Gestalten. Nach dem postkolonialen Fiebertraum Pacifiction (2022) entführt einen der spanische Regisseur in die Stierkampfarenen seines Heimatlandes, wo der populäre Matador Andrés Roca Rey an seinem Star-Image feilt. Immer wieder dokumentiert Serra das Proben der Posen, das rituelle An- und Ausziehen der prunkvollen und später blutverschmierten Kostüme. In der Arena dann: rasende, triumphierende, furchterregende Gesichtszüge, die dem gequälten Tier im Todestanz begegnen.

Dieser meisterhafte, provokante Dokumentarfilm ist ganz nah dran an den verschiedenen Inszenierungen, die es in der Stierkampfarena gibt: dem Bluten und Sterben und den Kippmomenten, wenn Degradierung plötzlich in Dominanz umgekehrt, Dominanz in Degradierung umschlägt. Serras Engführung, seine Taktik der Wiederholung von Bildern, lassen schließlich die Theater- und Machismostudie zur Parabel über eine vulgäre Macht werden.

Der Herrscher vernichtet Schwächere – weil er es kann

Nachmittage der Einsamkeit entblößt eine ganze Kultur der Selbstbestätigung und -überhöhung in aller Abgründigkeit. Der Film stellt den Stierkampf als Teil einer Kultur heraus, die das Recht des Stärkeren in Spektakel verwandelt, um die eigene Dominanz und (a)soziale Hierarchie zu feiern. Nicht nur das Tier, auch das Publikum gilt es dabei zu zähmen. Der Einzelne präsentiert sich vor ihm als Beherrscher aus Willkür und Größenwahn, indem er Schwächere vernichtet – weil er es kann. Der Kampf in der Arena wird damit ebenso zum Spiegel autoritärer Marginalisierungen.

Mit jeder Wiederholung entleert sich die Gewalt weiter. Serra zeigt den Torero im archaischen, irrationalen Kampf mit seinem Feindbild, ganz bei sich und in der grausamen Intimität mit dem Opfertier. Isoliert vom Rest der Welt, den die klug gewählten und streng gerahmten Bildausschnitte meist ausblenden. Unterschwellige Furcht, das Spiel mit dem Unerwarteten lässt sich nie gänzlich aus den Ausdrücken des Blutrausches tilgen. Ein ewiges Stechen, Stürzen und Drehen – und am nächsten Tag wiederholt sich das sinnlose Schauspiel. Allein und zurückgeworfen, trotz allen Jubels. Nachmittage der Einsamkeit eben, wie der Titel so treffend verspricht.

Nachmittage der Einsamkeit Albert Serra. Spanien 2024. 125 Minuten

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