Eine unterdrückte Nachricht

Berlusconi Silvio Berlusconi könnte sich durch den G8-Gipfel mächtig hofiert fühlen, wären da nicht Anzeigen des legendären Staatsanwalts Antonio Di Pierto in zwei US-Zeitungen

In Aquila tagten drei Tage lang die Mächtigen dieser Welt mit Gastgeber Berlusconi. In allen Zeitungen die gleichen Fotos, die gleichen Geschichten. Die lachenden Gesichter, das bisschen Annäherung in Klimafragen, das außer Acht lassen so gut wie aller anderen anstehenden Themen. Und der italienische Ministerpräsident mit nichts infrage gestellt. Was infrage zu stellen wäre, das beschreibt ausgerechnet eine Anzeige mit der Schlagzeile „Appell an die Internationale Gemeinschaft – die Demokratie ist in Gefahr in Italien“.

Die Anzeige macht die gesamte Seite der New York Herald Tribune vom 9. Juli aus und auch der Global Edition der New York Times und stammt von Antonio Di Pietro, dem legendären Staatsanwalt, der die Ermittlungen gegen Berlusconi wegen seiner vielfachen Betrügereien und Bestechungen geführt hat und heute Abgeordneter und Vorsitzender einer kleinen Partei namens Italien der Werte ist.

In der Anzeige wird Folgendes beschrieben. Erstens: Das Gesetz 128 von der Berlusconi-Mehrheit geschaffen, welches vier Personen im italienischen Staat totale Immunität einräumt: Dem Premier, dem Präsidenten der Republik und den beiden Präsidenten der Abgeordnetenkammern – und das obwohl auch die italienische Verfassung verkündet, „dass alle Bürger gleich sind vor dem Gesetz“. Zweitens: Das Urteil vom 17. Februar 2009, in dem der Anwalt David Mills zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil er nachweislich von Berlusconi bestochen wurde, um in zwei Prozessen Falschaussagen zu machen. Drittens: Die Verfassungsklage gegen Gesetz 128, die beim italienischen Verfassungsgericht anhängig ist und am 6. Oktober 2009 verkündet werden soll – und viertens: ein geheimes Abendessen von Berlusconi und dem Justizminister im Haus eines der Verfassungsrichter und im Beisein eines zweiten Verfassungsrichters, welches die vier Personen inzwischen zugegeben haben.
Schlussfolgerung von Antonio Di Pietro: Da es absolut nicht hinnehmbar ist, dass zwei Verfassungsrichter sich außerhalb der Öffentlichkeit privat mit einem Betroffenen der bevorstehenden verfassungsrechtlichen Entscheidung treffen, appelliere ich an die internationale Gemeinschaft, diese Informationen überall bekannt zu geben, um sicher zu stellen, dass die demokratische Freiheit und die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts in Italien aufrechterhalten wird – und das Land nicht den Weg in eine de facto Diktatur gehen wird.

Das ist die schlechte Nachricht von unserem europäischen Nachbarn Italien. Und das ist eine unterdrückte Nachricht, denn wo und wie kann ich sie in unseren Zeitungen finden? Deshalb also lesen und weitersagen.

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