Seit 1919 sind Werke von Rembrandt und Rubens, die die einst den Ruhm der Großherzoglichen Gemäldegalerie Oldenburg begründeten, wieder in Oldenburg zu sehen. Damals verkaufte der ehemalige Großherzog einen Teil der Sammlung infolge seiner Abdankung.
Arbeiten von Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Emma Ritter und Aenne Biermann erinnern zudem an den Aufbruch Oldenburgs in das Zeitalter der Avantgarden. Seit seiner Eröffnung im Februar 1923 bekannte sich das Landesmuseum im Oldenburger Schloss zur zeitgenössischen Moderne. Bedeutende Werke von Rudolf Schlichter, Carl Grossberg, Franz Radziwill und George Grosz rufen diese fortschrittliche Zeit des Museums während der Weimarer Republik ins Gedächtnis. Außerdem kehren erstmals seit ihrer Beschlagnahmung durch die Aktion „Entartete Kunst“ der Nationalsozialisten 1937 zwei Gemälde von Paula Modersohn-Becker und Otto Mueller nach Oldenburg zurück. Ihre Werke wurden in den 1920er Jahren für den Aufbau des Landesmuseums erworben.
Leihgaben aus dem Rijksmuseum Amsterdam, dem Museum Folkwang Essen, dem Von der Heydt-Museum Wuppertal und aus weiteren renommierten Museen und Privatsammlungen machen die vielfältigen Sammlungsbestände von damals und heute erlebbar. Gleichzeitig verweisen sie auf die wechselvolle und teilweise dramatische Geschichte des Landesmuseums.
Von der Silberkammer bis zum Landesmuseum
Seit 1592 gab es im Oldenburger Schloss eine Silberkammer, die den Ausgangspunkt der höfischen Sammlungen in Oldenburg darstellte. Da Graf Anton Günther keinen legitimen Nachfolger hatte, fielen die Grafschaft Oldenburg-Delmenhorst und zahlreiche Kostbarkeiten 1667 an die dänische Krone. 1773 wurde das Herzogtum Oldenburg wiederhergestellt, und die Ankäufe aus den Sammlungen Georg von Hendorffs und Johann Heinrich Wilhelm Tischbeins legten den Grundstein für die Großherzogliche Gemäldegalerie. Nachdem sich im 19. Jahrhundert das Naturhistorische Museum gründete, das ab 1867 auch das Naturalien-Cabinett beherbergte, entstand 1887 das Kunstgewerbemuseum. 1921 wurden dessen Bestände, Werke der Großherzoglichen Gemäldegalerie und der Staatlichen Galerie Neuerer Meister zu einem Museum vereint: dem Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte.
Verlorene Meisterwerke
Die Sammlung Alter Meister wurde seit 1867 im Augusteum ausgestellt und war als Großherzogliche Gemäldegalerie bis 1918 öffentlich zugänglich. Ein Großteil der Gemälde aus dem 19. Jahrhundert, die als Ausstattungsgegenstände im Schloss und Prinzenpalais dienten, gehörte jedoch zum ‚Fideikommiss‘ und war von der großherzoglichen Familie treuhänderisch verwalteter Staatsbesitz. Bereits 1919 brachte der abgesetzte Monarch hochkarätige Gemälde außer Landes. So wurden verschiedene Werke des ehemaligen Fideikommiss auf Auktionen verkauft. Nur zwei Drittel des Bestands blieben in Oldenburg und gingen in den Besitz des Landesmuseums über. Ein Drittel wurde im Ausland veräußert und in Museen sowie Privatsammlungen in aller Welt verstreut. Der Verlust bedeutender Bestände aus der Gemäldegalerie Oldenburg war für die junge Weimarer Republik der Anlass zur Schaffung der ersten Fassung des bis heute bestehenden Kulturgutschutzgesetzes.
Erste Neu- und Zurückerwerbungen
Im Laufe der 1920er Jahre fanden einige Werke, etwa das Porträt der Helene von Racowitza von Hans Makart, ihren Weg zurück in die Sammlung des Landesmuseums. Zum Gründungsbestand gehörten außerdem Werke von Max Liebermann, Otto Modersohn und Heinrich Vogeler. Sie waren vom Oldenburgischen Galerieverein angekauft worden – in Abgrenzung zum höfischen Kunstgeschmack. Die Sammlung der „Staatlichen Galerie Neuerer Malerei“ bildet daher die Verbindung zwischen den historischen Sammlungen und den Neuerwerbungen des Gründungsdirektors des Landesmuseums, Walter Müller-Wulckow. Dem aus Frankfurt am Main stammenden Kunsthistoriker gelang es, im Oldenburger Schloss eine Galerie moderner Kunst aufzubauen. An Erich Heckel berichtete er über seine ersten Ankäufe stolz: „Das ist die erste Bresche für die frische Luft in Oldenburg.“
Avantgarde in Oldenburg: Die Vereinigung für junge Kunst
Die von dem Justizrat und Sammler Ernst Beyersdorff 1922 gegründete Vereinigung für junge Kunst war die treibende Kraft für den Aufbruch des Landesmuseums in die Moderne. Sie unterstützte das Haus durch Ankäufe moderner Kunstwerke und veranstaltete wegweisende Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, die im Augusteum gezeigt wurden. Kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 löste sich die Vereinigung für junge Kunst auf. Die wesentlichen Ankäufe, die durch die Vereinigung realisiert werden konnten, wurden 1937 als „entartet“ beschlagnahmt. Walter Müller-Wulckows Versuche, einige der beschlagnahmten Werke zurückzuerlangen, blieben erfolglos. Aufgrund der großen Verluste aus der Sammlung empfand er es nach 1945 als „Ehrenpflicht“, die Galerie moderner Kunst weiter auszubauen. Seine Entdeckung galt dem Maler und Grafiker Ernst Wilhelm Nay, in dessen Arbeiten er eine Brücke vom Expressionismus zur ungegenständlichen Kunst der 1950er Jahre sah.
Katalog
Zur Ausstellung erscheint im Michael Imhof Verlag ein umfangreiches Begleitbuch, das an den Museumskassen erhältlich ist. Mit Beiträgen von Zoe Marie Achtsoglou, Tonia Carlotta Eskuche, Malve Anna Falk, Anna Heinze, Ivonne Kaiser, Marcus Kenzler, Katja Kleinert, Christian E. Loeben, Kathleen Löwe, Eike Lossin, Juliane Peil, Stefanie Rehm, Karin Schick, Rainer Stamm, Jennifer Tadge, Ursula Warnke und Franca Ruth Zeisler.