Bühne frei den Selbstermächtigten

Programm Performances, Konzerte, Lesungen, Talks: Mit einem facettenreichen Programm lädt das Festival VOLUME UP seine Besucher*innen ein, Perspektiven abseits der vorherrschenden, mitteleuropäischen Narrative Raum zu geben
Die Rapperin Ebow.
Die Rapperin Ebow.

Foto: Diara Sow

Bahar Gökten & Daniela Rodriguez Romero

[resi]stance | take a stance!

Termine | Eintritt frei

„Stance“ ist ein Begriff aus der Breaking Kultur und beschreibt eine persönliche Gegenhaltung. Im Kontext des Festivals VOLUME UP, begeben sich Bahar Gökten und Daniela Rodriguez Romero gemeinsam mit sechs urbanen Tänzer*innen auf dem Gelände des tanzhaus nrw auf die Suche nach ihrer eigenen Protesthaltung. Gemeinsam tauchen sie ein in kreative Prozesse, reflektieren ihre eigene Haltung und suchen nach deren körperlichen Ausdrucksweisen. Interessiert sind sie dabei am Ungehörten, am Subkulturellen, an dem was selten sichtbar wird. [resi]stance | take a stance! ist eine künstlerische Recherche aus der Forschungsreihe [resi]stance, eine Auseinandersetzung mit verkörperlichtem Widerstand mittels szenischer Forschung. Die beiden Künstlerinnen entwickelten diese im Rahmen der Ausstellung Resist! Die Kunst des Widerstands im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum gemeinsam mit den urbanen Tänzer*innen. [resi]stance | take a stance! verortet diese Forschung nun erstmals im tanzhaus nrw und gibt ihr in vier Interventionsperformances einen künstlerisch-aktivistischen Ausdruck.

Bahar Gökten und Daniela Rodriguez Romero sind urbane Choreografinnen, Tänzerinnen und Gründungsmitglieder des Tanzkollektivs nutrospektif, das zurzeit Factory Artist am tanzhaus nrw ist. In ihren künstlerischen und pädagogischen Arbeiten führen sie eine weitreichende und tiefgehende Auseinandersetzung mit urbanen Tanzkulturen in Bühnen- und Stadträumen. Sowohl auf den Bühnen internationaler Produktionshäuser, als auch im urbanen Raum sind urbane Tanzkulturen Praktiken mit einem widerständigen Potential, das Bahar Gökten und Daniela Rodriguez Romero in ihrer Arbeit reflektieren, bearbeiten und erweitern.

AHH (Golschan Ahmad Haschemi / Banafshe Hourmazdi)

OK BOOMER

04. Juni/ 21:00 | Tickets

OK BOOMER ist eine musikalische Revue, die sich an feministischen Diskursen reibt, ein Tanzabend, eine Karaoke-Veranstaltung, eine generationsübergreifende Chartshow, eine (in-) offizielle Hitliste. AHH nehmen uns mit auf eine Zeitreise que(e)r durch die letzten Jahrzehnte des Pop-Diskurses: Von Softpop hin zu immer noch nicht oder unterrepräsentierten Künstler*innen of Color. Auf der Suche nach ihnen taucht OK BOOMER in ein Archiv ein, in dem wir – neben bestehenden Songs – auch all das finden, was wir vermissen: Wir schreiben um, reinterpretieren, komponieren und ermächtigen uns all jener Songs, die wir uns gewünscht hätten. Gleichzeitig fragt der Abend nach unserem Standing auf der Generationenleiter. Können wir überholte feministische Diskurse einfach überschreiben und trotzdem wertschätzen? Welche Erwartungen dürfen wir wiederum an die jüngere Generation richten? AHH schließen die Leerstellen der Jahrzehnte, lassen die Grenzen zwischen realem und fiktivem Archiv verschwimmen und liefern euch eine verqueerte Gala der Superlative!

Vina Yun & Patu

Homestories – Koreanische Diaspora in Wien

05. Juni/ 15:00 | Tickets

Wien in den 1970er-Jahren. Lange vor Hi-Tech made in Korea, Kimchi-Hype und „Gangnam Style“ kamen die ersten koreanischen Krankenschwestern als „Gastarbeiterinnen“ nach Österreich. Sie wurden geholt, um den akuten Pflegenotstand zu lindern, wie er schon damals in vielen Ländern Europas herrschte. Der semidokumentarische, autofiktionale Comic Homestories folgt den Spuren dieser wenig beachteten Migrationsgeschichte. Ebenso erzählt er vom Aufwachsen der Kinder der Einwanderinnen von damals, der sogenannten Zweiten Generation: ein Alltag in der verzopften Alpenrepublik zwischen Bruno Kreisky und Teenie-Zeitschriften, Acid House und Waldheim-Affäre, Alltagsrassismus und Whitney Houston. In der multimedialen Comiclesung Homestories bringen Vina Yun und Patu Erfahrungen der (Post-)Migration, Generationenverhältnisse und Familienbeziehungen in der Diaspora auf die Bühne.

Vina Yun ist freie Journalistin und Autorin in Wien. Patu ist Illustratorin und Comiczeichnerin, sie lebt und arbeitet in Berlin.

Feministische Kämpfe: I can’t believe I am still protesting against this shit

05. Juni/ 17:00 | Eintritt frei

Feminismus war schon immer Teil der Geschichte und auch in Deutschland haben sich migrantisierte Frauen politisch selbstorganisiert, um für ihre Rechte wie z.B. Arbeits- und Bleiberecht zu kämpfen. Trotz dieser Errungenschaften tauchen diese Kämpfe kaum in Erzählungen auf. Anhand von Zeitzeug*innen wollen wir ihre Kämpfe beleuchten und gemeinsam darüber nachdenken, wie wir generationsübergreifende Solidarität praktizieren können.

Liz Rosenfeld & Rodrigo Garcia Alves

THANK YOU FOR YOUR EFFORT, EVEN IF THESE REQUESTS CANNOT BE FULFILLED

09. Juni/ 20:00 + 10. Juni/ 19:00 | Tickets

In Rodrigo Garcia Alves' und Liz Rosenfelds erstem Duett für die Bühne entsteht das Konzept für ein zeitgemäßes gemeinschaftliches Hospiz. Dafür verweben sie Objekte, Geschichten, Projektionen und Fantasien und schaffen durch experimentelle Tanz-, Text- und Videopraktiken zukünftige Welten füreinander. Rodrigo Garcia Alves und Liz Rosenfeld, die aus Brasilien und den USA stammen, trafen sich vor fast einem Jahrzehnt in Berlin und begannen einen künstlerischen Austausch über die eigenen Wünsche, Erfahrungen und Geschichten aus einer queeren Position zu Tod, Sterben und Sterbebegleitung. Welche Möglichkeiten der Pflege gibt es während dieser Lebensphase für queere Communities und Familien, die nicht verwandt sind? Wie möchten wir in dieser verletzlichen Phase des Lebens gesehen und wahrgenommen werden?

Das Stück ist die Weiterentwicklung des Projekts HOSPICE, das die Künstler*innen in Kooperation mit dem tanzhaus nrw und der Diakonie Düsseldorf durchführten. In ihrer Recherche trafen sie sich mit Menschen, die sowohl auf pragmatische als auch auf kreative Weise mit dem Tod arbeiten, darunter ein Palliativmediziner, eine Sterbedoula, ein Chorleiter, eine Bondage-Expertin und ein Tattoo-Heiler. Inspiriert von diesen Gesprächen ist dieses Duett für die Gegenwart entstanden.

Liz Rosenfeld ist eine Künstlerin, die in den Bereichen Film/Video, Performance und persönlicher diskursiver Schreibpraxis arbeitet. Liz erforscht die Nachhaltigkeit emotionaler und politischer Ökologien, Cruising-Methoden und sowohl vergangene als auch zukünftige Geschichten. Rodrigo Garcia Alves ist Choreograf und Performancekünstler. Er arbeitet mit dem Konzept der künstlerischen Collage zwischen autobiografischem Material, Theater, Tanz, Performancekunst und verschiedenen Arten von unsichtbarem Wissen aus dem globalen Süden.

caner teker

trans–

10. Juni/ 21:00 + 11. Juni/ 20:00 | Tickets

„trans—“ bedeutet hindurch, quer durch, hinüber, jenseits, über … hinaus. Die Performance trans— vereinigt Szenarien aus autobiographischen Referenzen der persönlichen Erfahrung caner tekers als Deutsch-Türkin. Hierzu zählen das Ritual des Barbierens in Istanbul, die Bewegungsforschung zu Zeybek und Horn, zwei Formen des türkischen Tanzes und dem Spielen des Dudelsacks „Gaida“. Im orangenem Licht der Natriumdampflampen findet caner teker einen Weg quer durch Rituale und somato-politischer Selbstzerstörung.

caner teker befasst sich in trans— und weiteren performativen Arbeiten aus postmigrantischer Perspektive mit Körperfragen im Kontext von Queerness und Homosexualität. Der Körper steht als Mittel und Medium im Zentrum tekers künstlerischer Auseinandersetzung, um heteronormative Blickregime und institutionelle Machtdynamiken zu hinterfragen.

„Autobiografisches wird hier als toxisch-semantisches Gefüge aufgerufen und muss durchgearbeitet werden, um sich als neues Material reartikulieren zu können. Im Choreographieren der Kluften von Identitäts-, Körper- und Selbstzuschreibungen gelingt es caner teker, sich gegen ein post-identitär zelebriertes Verfallen in gebrandete Teilnahmslosigkeit zu verwehren.“ – Kat Mayer

Jee-Ae Lim

Mountain, Tree, Cloud and Tiger ver.0

11. Juni/ 19:00 + 12. Juni/ 15:00 | Tickets

Im Austausch mit koreanischen Migrant*innen der 60er und 70er Jahre untersucht Jee-Ae Lim, wie Tanz über verschiedene Zeiten und Orte hinweg weitergegeben wird. Dabei konzentriert sie sich auf die Körper und Identitäten der Tänzer*innen, die jenseits biografischer Informationen ein persönliches Vokabular des Tanzes vermitteln. Für das Stück arbeitete Lim eng mit der koreanischen Tanzgruppe Kaya Ensemble zusammen und beschäftigt sich insbesondere mit den Begriffen Diaspora und Tradition. Gemeinsam mit zwei koreanischen Laien- und Profitänzer*innen erforscht Lim in Mountain, Tree, Cloud and Tiger mit traditionellen und zeitgenössischen Tanzsprachen, wie sich diese Gegensätze in unsere Körper einschreiben: Gemeinsam kämpfen sie für eine universelle Körpersprache der Einheit in Vielfalt.

Jee-Ae Lim absolvierte ihren Master in Solo/Dance/Authorship am HZT Berlin. Im Jahrbuch Tanz wurde sie 2014 zur „Hoffnungsträgerin“ und vom Gaeksuk Magazin zur „Young Leading Artist 2015“ gewählt. In ihrer Arbeit verbindet sie traditionellen koreanischen Tanz mit zeitgenössischen Elementen. Dabei beschäftigt sie sich mit dem Körper als Bewegungsarchiv. Außerdem erforscht sie Konventionen und Stereotype, die aus der Wechselwirkung zwischen kultureller Tradition und etablierter Tanzgeschichte entstanden sind.

Ebow

Konzert

11. Juni/ 21:00 | Tickets

Die Welt steht still, zerbricht in zwei Teile: Canê heißt das vierte Studioalbum der Rapperin Ebow, ein kurdisches Wort für „Liebling“, oder auch „Seele“. Damit geht Ebow nicht nur zu ihren eigenen Wurzeln zurück, representing München-Giesing und Free Kurdistan. Sie geht den widersprüchlichen Sehnsüchten auf den Grund, die unsere Zeit in sich birgt: Schnelle Autos und politischer Kampf, schüchterne Flirts und die ewige Suche nach Trouble, Prada Bags und Protest. Ebow muss sich kein Alter Ego zulegen, um Ambivalenzen zu verbergen. Sie hält sie aus. Die Rapperin muss sich nicht ausgeben für etwas, das sie nicht ist. Ebow ist beides: Widerständig und hyped, Straße und Softie, hochpoetisch und not giving a fuck. VOLUME UP für Ebow.

Zum vollständigen Bühnenprogramm

27.05.2022, 10:51

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