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Re-Spams sind eine netzspezifische Form der Kommunikationsverschmutzung. Trotzdem fühlen wir uns von ihnen angesprochen

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So lange Briefe auf Papier stattfanden, waren offizielle und private Schreiben auf den ersten Blick zu unterscheiden. Erstere hatten eine Betreffzeile, Letztere nicht. Eine Überschrift im Schlagwort- oder gar Aktenzeichen-Stil hatte in der postalisch-intimen Schriftlichkeit wahrlich nichts zu suchen; wo sich ein Mensch dem anderen als Subjekt präsentieren will, zerstört eine darüber stehende Zusammenfassung nur die Romantik des scheinbar unmittelbaren Dialogs.

Die E-Mail will diesen Unterschied nicht kennen. Lässt man die Betreffzeile leer, fordert das Programm so höflich wie unmissverständlich zu einer Eingabe auf. Niemand schreibt in die Zeile allerdings „privat“ oder „offiziell“, weil E-Mails sich dieser Gegeneinandersetzung meist entziehen. Wenigstens beim Antworten muss man nicht nachdenken, das Programm setzt einfach ein „Re:“ vor den Betreff, damit der Adressat sofort erkennt, dass es sich hier um eine Antwort handelt, die Mail also eine Ursache hat, und diese Ursache er selbst beziehungsweise seine E-Mail ist. Praktische Sache. Das weiß sogar das Mailprogramm und sortiert die Antworten in der alphabetischen Liste nicht unter R wie „Re:“ ein, sondern unter dem Anfangsbuchstaben des ursprünglichen Betreffs.

Das wiederum wissen auch die Spammer, deren vordringlichste Aufgabe ohnehin die Kreativität in Sachen Betreff ist, da der Junkfilter die digitale Post, die besondere Potenzmittel, allerlei Billiges und Casino-Gewinne ankündigt, automatisch aussortiert. So darf der „Re:“-Spam mittlerweile als eines der edelsten Exemplare dieser Gattung der Kommunikationsverschmutzung betrachtet werden; die Antworten auf Fragen, die ich nie gestellt habe, werden folglich immer zahlreicher. Reihenweise werden mir – freilich nur laut Betreff – Bestellungen bestätigt, die ich nie getätigt habe; regelmäßig bekomme ich Bescheide über Anfragen (meine Anfragen, so behauptet das „Re:“) an Shopping-Portale und Unternehmen wie Pfizer (Viagra) oder Microsoft.

Wie Horoskope, von denen man sich irgendwie getroffen fühlt

Dass die Post aus dem Nirgendwo des World Wide Web als Reaktion auf eine angebliche Aktion meinerseits, als Erfüllung meiner angeblichen Wünsche vorgestellt wird, ist nicht allein dem Versuch der strukturellen Unkenntlichmachung geschuldet. In ihrer buchstäblichen Grundlosigkeit und zugleich Referenz auf meine Sehnsüchte gleichen die „Re:“-Spams vielmehr den Horoskopen, von denen ich mich immer irgendwie getroffen fühle, weil sie so vermeintlich wunderbar zu mir und meiner aktuellen Lebenssituation passen. Und die mir mit ihrer Einteilung in Beruf, Liebe, Geld, Gesundheit ein paar konkrete Werte vorgeben, an denen ich mich besser orientieren sollte, weil alle anderen ihr Leben offenbar auch unter diesen Kategorien abheften.

In gleicher Weise wie das Horoskop in irgendeinem Blättchen individualisiert das „Re:“ der Spams die Massenkommunikation – und dürfte deswegen womöglich einigen Erfolg haben. Weil wir uns insgeheim wahrscheinlich nichts sehnlicher wünschen als das Ende der medialen Obdachlosigkeit: dass wir also tatsächlich Antworten auf unsere Fragen bekommen. Oder anders herum: dass wir tatsächlich gemeint sind, wenn alle durcheinander quatschen. An die Produktion unserer Sehnsüchte haben wir uns schließlich längst gewöhnt.

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