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Martin Scorseses Film "Shutter Island" ist die Erfüllung eines Jugendtraums: Eine Schauergeschichte mit verlassenem Leuchtturm, Dauerregen und Schattenspielen

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Auf Blitz folgt meist Donner. Der klassische Horrorfilm nimmt sich mitunter die Freiheit, diese Konvention aufzuheben, wenn es ihm ästhetisch nicht ins Konzept passt. Die atmosphärische Störung wird auf einen atmosphärischen Effekt reduziert. Martin Scorseses neuer Film Shutter Island ist eine Ansammlung solcher Effekte. Nebenbei bricht er auch mit einer Reihe von Gewissheiten, die man inzwischen als höhere Wahrheiten akzeptiert hat. Etwa dass Scorsese sich nicht für Genres interessiert, allenfalls als erzählerisches Mittel oder um sie komplett umzukrempeln. Shutter Island, eine Adaption von Dennis Lehanes gleichnamigem Bestseller, muss in dieser Hinsicht nicht nur Scorsese-Fans enttäuschen.

Dabei fängt es vielversprechend an, mit Leonardo DiCaprios Kopf in der Kloschüssel. Wie schreiben das Jahr 1954. US-Marshall Teddy Daniels (DiCaprio) und sein Partner (der sträflich unterschätzte Mark Ruffalo) befinden sich auf dem Weg auf die titelgebende Gefängnisinsel für psychisch gestörte Kriminelle, um im Fall einer verschwundenen Insassin zu ermitteln. Die See ist rau, aber Daniels hat auch mit Erinnerungen an seine Frau (Michelle Williams) zu kämpfen, die kürzlich bei einem Brand ums Leben kam. Die Insel selbst nimmt sich zunächst pittoresk aus, hübsche Backstein-Architektur mit einem Hauch von Bürgerkriegsflair. Auf Shutter Island wurden einst die Errungenschaften der Neuen Welt verteidigt und genauso vehement propagiert Chefarzt Dr. Cawley (Ben Kingsley) seine progressiven Behandlungsmethoden: Erziehen statt Wegsperren. Daniels Weltsicht ist entschieden zweidimensionaler. Er war bei der Befreiung von Dachau dabei; mit den Gräueltaten krimineller Irrer ist er bestens vertraut. Doch etwas scheint auf Shutter Island nicht mit rechten Dingen zuzugehen, das suggeriert schon der dramatische Musikeinsatz: Pendereckis unheilschwangere Dritte Symphonie bereitet Scorseses Helden den Weg. Der Filmemacher versteht es, die modernen Klassiker effektvoll zu collagieren.

Scorsese hat sich mit Shutter Island einen Jugendtraum erfüllt, dem Lieblingsgenre seiner frühen Kinosozialisation, dem Noir-Horrorfilm, Reverenz zu erweisen. Der Film ist vollgestellt mit Kino-Erinnerungen an Dr. Caligari, Jacques Tourneurs Die Katzenmenschen und Sam Fullers Psychiatrie-Thriller Shock Corridor. Auch bei Motiven des Gothic-Pulp bedient sich Scorsese: der verlassene Leuchtturm, klamme Kellergewölbe, expressionistische Schattenspiele, verrückte Nazi-Wissenschaftler (Max von Sydow in einer Paraderolle) und selbst der beeindruckende Dauerregen sind Requisiten einer längst vergessenen Ära.

Die konventionelle Ästhetik hat insofern Methode, doch während sich Lehanes Vorlage stilistisch über die formalen Limitierungen seines Sujets erhebt, bleibt Scorseses Verfilmung seltsam unentschlossen zwischen ungebrochener Hommage und selbstironischem Camp. Daniels innere Erzählstimme hätte eine originellere Umsetzung verdient als ständige Rückblenden und Traumsequenzen. Den schleichenden Realitätsverlust von DiCaprios Figur untermalt Scorsese mit Bildern von frappierender Eindeutigkeit. Unterhaltsam an Shutter Island ist lediglich, mit welcher Humorlosigkeit die Darsteller ihre Rollen ausfüllen. Max von Sydow scheint sich als einziger auf Scorseses Maßlosigkeit einzulassen. Der hat mit Shutter Island eine goldene Regel des B-Films beherzigt: Die Fallhöhe des Scheiterns bestimmt der Regisseur selbst.

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