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Kultur : Bin ich ein Berliner?

Liam Neeson kommt als Forscher nach Berlin und sucht wenig später nach seiner Identität, die ein anderer beansprucht: "Unknown Identity" von Jaume Collet-Serra überrascht

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Weniger, dass wir uns selbst kennen, sondern mehr, dass wir gekannt werden, bestimmt in der modernen Gesellschaft unsere Identität. Einer der schlimmsten Alpträume ist folglich die Vorstellung, eines Tages aufzuwachen – und niemand wüsste mehr, wer man ist.

In diese Lage sieht sich Liam Neeson als Dr. Martin Harris in dem Thriller Unknown Identity gebracht. Die Eröffnungssequenz zeigt ihn, wie er an der Seite seiner schönen Gattin (January Jones aus der Serie Mad Men) am Flughafen Tegel in Berlin ankommt. Stolz erzählt er dem Grenzbeamten, dass er auf einem hochkarätig besetzten Biotech-Kongress einen Vortrag halten wird. Seine Frau zieht ihn für sein Angeben auf. Und man hält das für das liebevolle Geplänkel eines vertrauten Paares – vom Ende her jedoch wird man sich an diese Szene auf ganz neue Weise erinnern. Womit auch schon das Sehenswerte an diesem Film beschrieben wäre: Trotz aller Unwahrscheinlichkeiten, die eine Thrillerhandlung eben mit sich bringt, erweist sich die Plotkonstruktion als raffinierter, als es zunächst den Anschein hat.

Es beginnt mit einem Aktenkoffer

So unterspielt die Eingangssequenz erscheint, so plakativ gerät gleich darauf ein Aktenkoffer ins Visier der Großaufnahme. Er gehört zum Gepäck der Harris’ und wird am Flughafen vergessen, wir wissen nicht, ob mit Absicht oder aus Versehen. Das verlorene Gepäckstück löst daraufhin eine Kette von Handlungen aus, an deren Ende eben steht, dass Harris einige Tage später in der Berliner Charité aus einem Koma erwacht, keine Papiere bei sich trägt und niemand mehr weiß, wer er ist. Seine Frau erkennt ihn nicht wieder. Auch seine eigenen Erinnerungen sind lückenhaft.


Das wirklich Unheimliche aber ist, dass es da einen Anderen (Aidan Quinn) gibt, der behauptet, Dr. Martin Harris zu sein. Woraus sich eine weitere unheimliche Frage ergibt: Selbst wenn der andere recht hätte und er der „richtige“ Martin Harris wäre, warum wüsste er, Neeson, dann so viel über ihn? Bis hin zu Hochzeits- und Jugenderinnerungen? In dieser desolaten Lage wirkt es fast ermutigend, dass ihm irgendwelche Finstermänner nach dem Leben trachten, liefern sie damit doch den impliziten Beweis, dass es sich hier um ein Komplott und nicht um seinen Nervenzusammenbruch handelt. Aufmunterung erfährt Neeson-Harris auch durch die Unterstützung einer taffen Taxifahrerin (Diane Kruger), die, sozusagen aus Unknown Identity-Paritätsgründen, als illegale Einwanderin vorgestellt wird.

Dem spanischen Regisseur Jaume Collet-Serra (Orphan – das Waisenkind, 2009) gelingt mit Unknown Identity ein in seiner Schnörkellosigkeit erfrischender Paranoia-Thriller, der in ungewohnt effektiver Weise Berlin als Kulisse nutzt. Die zahlreichen Verfolgungsjagden durch bekannte Straßen und Tunnels, per Taxi, PKW und Straßenbahn entwickeln besonders für Ortskundige einen abenteuerlichen Reiz. Wobei auch der zum Genre gehörenden Zerstörungslust ausreichend gefrönt wird.

Liebevoller als sonst üblich setzt der Film dabei die einheimische Bevölkerung in Szene. Nicht alle Deutschen, selbst wenn sie Gretchen heißen, sind humorlose Bürokraten, und natürlich sind nicht alle Berliner im engen Sinne deutsch. Diese Multikulturalität wird prägnant von einer Reihe namhafter deutschsprachiger Schauspieler vertreten. Der schillerndste unter ihnen ist Bruno Ganz als stolzer Ex-Stasi-Offzier, der ganz hinten im Geschirrschrank noch für alle Fälle eine Dose Cyanid versteckt hält.

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