Finden Sie den Unterschied!

Sequelkater Die Junggesellenkomödie "Hangover" war vor zwei Jahren ein Überraschungserfolg. "Hangover 2" meint, das Geheimnis dieses Erfolgs verstanden zu haben. Irrtum

Vor zwei Jahren im Sommer gab es diese Komödie über vier Freunde auf Junggesellenausflug in Las Vegas, die zum großen Überraschungshit des Jahres wurde. Hangover hieß der Film, der mit seinen Witzen gezielt Geschmacksgrenzen verletzte und durch eine temporeiche und originelle Erzählweise punktete. Die Überraschung bestand darin, dass ein Film, der für geschätzte 35 Millionen Dollar produziert worden war, am Ende weltweit 470 Millionen einspielte. Wir wissen zwar nicht, welche Büro-Software in der zuständigen Firma benutzt wird, können aber davon ausgehen, dass bei diesem Zahlenverhältnis ein Pop-up-Fenster aufgeht: Sequel unvermeidlich! Denn das Kino ist vor allem ein Business.

Und eigentlich ist dagegen nichts zu sagen. Denn der Zuschauer hat etwas davon, dass ihm das Kino die Möglichkeit einräumt, wiederholt Zeit zu verbringen mit einmal gewonnenen Lieblingsfiguren, sei es in Form von Remakes, Prequels oder Sequels. Weshalb es auch keinen Sinn hat, sich darüber zu beklagen, dass Hangover 2 die Trennlinien zwischen diesen Genres verwischt. Die Drehbuchautoren haben sich die Freiheit genommen, den Handlungsverlauf des ersten Teils einfach zu übernehmen und ihn mit neuen Versatzstücken aufzufüllen. Fast fühlt man sich wie in einem formalen Experiment, das mit dem Zuschauer in elaborierter Weise das beliebte „Finden Sie den Unterschied!“ durchspielt.

„Es ist wieder passiert“, lautet die Tagline von Hangover 2. Erneut wachen die Freunde Phil (Bradley Cooper), Stu (Ed Helms) und Alan (Zach Galifianakis) nach einer Junggesellenparty in einem Hotelzimmer auf und haben keine Ahnung, wie sie dahingekommen sind. Diesmal ist es der Zahnarzt Stu, der am nächsten Tag heiraten soll, und Ort der Handlung ist Bangkok. Wieder deuten gewisse Spuren – Stu hat ein Gesichtstattoo, Alan einen kahlrasierten Schädel – darauf hin, dass Eskapaden stattgefunden haben. Wieder wird einer der Mitfeiernden vermisst, diesmal Teddy, der kleine Bruder der Braut. Dass sich in einem Glas mit geschmolzenem Eis sein abgeschnittener Finger findet, beruhigt die Lage nicht unbedingt.

Erfolgsgeheimnisenträtselung

Das Spiel mit Wiederholung und Abweichung zwischen Hangover und Hangover 2 bereitet den Kennern des ersten Teils ein gewisses Vergnügen; man befindet sich dabei stellenweise wie in Komplizenschaft mit den Figuren. Man erinnere sich etwa an den Schlussgag des Originalfilms, der offenbarte, dass sich der vermisste Bräutigam die ganze Zeit ausgesperrt auf dem Hoteldach befand. Die Freunde tun diesmal also das Naheliegende und schauen auf der Suche nach dem vermissten Brautbruder zuerst dort nach. Einzig der Kenner mag auch die inszenierte Variation des wohl „unanständigsten“ Gags aus dem ersten Film schätzen können.

Damit wären die beiden Stellen aufgezählt, an denen das Ineinandergreifen von Original und Neuauflage bereichernd wirkt. Ansonsten entblößt die große Nähe von Original und Sequel auf fatale Weise, was alles nicht mehr geht. Wo Hangover vor zwei Jahren das Kunststück vollbrachte, trotz dreisten und vulgären Humors Figuren zu zeichnen, die dem Zuschauer ans Herz wuchsen, ist jetzt nur noch die Anstrengung sichtbar, Gags außerhalb der Wohlfühlzone aufzubieten und im Ganzen irgendwie als „gewagte“ Komödie durchzugehen. So kann man an Hangover 2 nur mehr studieren, was die Produzenten für das Erfolgsgeheimnis von Hangover halten. Knapp daneben ist aber auch vorbei.

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Geschrieben von

Barbara Schweizerhof

Redakteurin „Kultur“, Schwerpunkt „Film“ (Freie Mitarbeiterin)

Barbara Schweizerhof studierte Slawistik, osteuropäische Geschichte und Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin und arbeite nach dem Studium als freie Autorin zum Thema Film und Osteuropa. Von 2000-2007 war sie Kulturredakteurin des Freitag, wechselte im Anschluss zur Monatszeitschrift epd Film und verantwortet seit 2018 erneut die Film- und Streamingseiten im Freitag.

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