Die Versuche auch des afghanischen Präsidenten, einen Paradigmenwechsel in der eigenen nationalen Politik zu vollziehen, sind seit längerem Im Gange. Bereits zur Pariser Afghanistan-Konferenz im Juni 2008 hatte Hamid Karzai zwei Dokumente präsentiert, die im weitesten Sinne als Hinwendung zu Good Governance gedeutet werden können: die Afghanistan National Development Strategy (ANDS) und den Five Year Strategic Workplan des Independent Directorate of Local Governance(IDLG).
Der zentrale Gedanke beider Konzeptionen bestand darin, dass Demokratie und freie Marktwirtschaft zu mehr innerem Frieden verhelfen. Die Reaktion darauf in Afghanistan war eher enttäuschend – die von Hamid Karzai unter Umständen erhoffte Verhandlungsbereitschaft der Taliban wurde dadurch nicht erreicht. Im Gegenteil, die intensivierten ihre militärische Strategie und gingen mehr und mehr zum Aufbau von Parallelstrukturen in rechtlicher und administrativer Hinsicht über.
Die neue US-Regierung wird mit ihrer Bereitschaft zur Modifizierung der Afghanistan-Strategie, wie sie Vizepräsident Joe Biden in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang des Monats zum Ausdruck gebracht hat, an diesen gravierenden Einbrüchen im ohnehin labilen Machtgefüge der Regierung Karzai nicht vorbei gehen können. Dies gilt um so mehr, als in diesem Jahr Präsidentschaftswahlen anstehen, deren Verlauf Aufschluss darüber geben dürfte, inwieweit die Amerikaner und die ISAF Herr der Lage sind.
In eine regionale Konfliktlösung will auf jeden Fall auch die Shanghai Cooperation Organisation (SCO) einbezogen werden, die sich mehr und mehr als supranationaler Anwalt der Nachbarschaft Afghanistans artikuliert.