In der Wüste rund um den Lake Turkana im Norden Kenias ist der Bau von 365 gigantischen Windturbinen und damit des größten Windparks des Kontinents vorgesehen. Nach seiner Fertigstellung im Jahr 2012 wird das 617-Millionen-Euro-Projekt über eine Leistungskapazität von 300 Megawatt verfügen. Dies entspricht einem Viertel der derzeit in Kenia installierten Leistung und würde das Land zu einem der Staaten mit dem höchsten Anteil von Windenergie im nationalen Energieversorgungsnetz machen.
Bislang haben nur nordafrikanische Länder wie Marokko oder Ägypten die Windenergie in nennenswertem Umfang zu kommerziellen Zwecken genutzt. Doch nun beginnt auch südlich der Sahara eine Blüte der Projekte. Die Regierungen erkennen, dass durch die Nu
t auch südlich der Sahara eine Blüte der Projekte. Die Regierungen erkennen, dass durch die Nutzung des enormen Windpotentiales effektiv der steigenden Nachfrage nach Elektrizität begegnet und die Stromausfälle bekämpft werden können.Äthiopien hat bereits für rund 220 Millionen Euro einen 120 Megawatt-Park (das entspricht 15 Prozent der derzeitigen Elektrizitätsleistung) in der nördlichen Landesprovinz Tigray in Auftrag gegeben und beabsichtigt, weitere Anlagen zu errichten. Tansania hat Pläne angekündigt, mit zwei Projekten in der zentralen Singida-Region mindestens 100 MW Leistung, also mehr als 10 Prozent der derzeitigen Gesamtzufuhr generieren zu wollen. Und im vergangenen März verkündete mit Südafrika – dem aufgrund seiner starken Kohleabhängigkeit zweitgrößten Treibhausgas-Produzenten der Welt – das erste afrikanische Land einen Einspeisetarif für Windenergie. Wer künftig Strom aus Wind erzeugt, erhält eine Vergütung für die Einspeisung dieses Stroms in das nationale Stromnetz.Die Schönheit der MaschinenIn Kenia versucht man, bei der Entwicklung eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Neben dem von der Afrikanischen Entwicklungsbank geförderten Turkana-Projekt haben Privatinvestoren die Errichtung eines zweiten Windparks nahe der bekannten Touristenstadt Naivasha vorgeschlagen. Und in den Ngong-Hügeln bei Nairobi haben die Massai-Hirten und Elite-Langstreckenläufer, die es gewohnt sind, den heftigen Winden an den steilen Klippen zu trotzen, hoch aufragende Gesellschaft erhalten: Vergangenen Monat wurden sechs 50 Meter-Turbinen vom dänischen Unternehmen Vesta aufgestellt. Sie werden ab August 5,1 Megawatt in das nationale Netz einspeisen. In den nächsten Jahren wird ein weiteres Dutzend Turbinen hinzukommen.Der Ingenieur Christopher Maende von Kenias staatlichem Energieversorgungsunternehmen KenGen, welches den Ngong-Park betreibt und mehr als 14 weitere Stätten im ganzen Land testet, berichtet, anfangs seien die Anwohner und Hirten besorgt gewesen, der Lärm der Turbinen würde die Tiere verängstigen. Nun aber kämen sie herbei, „um die Schönheit der Maschinen zu bewundern“.An globalen Standards gemessen, ist die kenianische Energiewirtschaft bereits ausgesprochen grün. Beinahe drei Viertel der von KenGen installierten Leistung werden aus Wasserkraft gewonnen, weitere elf Prozent stammen aus geothermischen Erdwärme- Anlagen, die die heißen Gesteinschichten unterhalb des ostafrikanischen Grabenbruchs Rift Valley anzapfen und Dampf an Antriebsturbinen abgeben.Wasserenergie ist auf dem RückzugDerzeit hat nicht einmal einer von fünf Kenianern Zugang zu Elektrizität. Doch besonders in ländlichen Gebieten und von Unternehmensseite steigt die Nachfrage rasch an. Gleichzeitig haben zunehmend unregelmäßige Niederschlagsmuster und die Zerstörung wichtiger Wassereinzugsgebiete dazu geführt, dass die Gewinnung hydroelektrischer Energie immer schwieriger wird. Wegen der niedrigen Wasserstände musste der größte Wasserkraftdamm im vergangenen Monat außer Betrieb genommen werden.Kurzfristig ist KenGen nun auf importierte fossile Brennstoffe wie Kohle oder Diesel umgestiegen. Innerhalb der nächsten fünf Jahre will die Regierung die Wasserabhängigkeit durch die Mehrgewinnung von 500 Megawatt geothermischer Energie und 800 Megawatt Windenergie allerdings drastisch reduzieren. Dies sind nicht nur weitaus grünere Optionen als Kohle oder Diesel, sondern langfristig aufgrund der günstigen geologischen und meteorologischen Vorraussetzungen des Landes auch günstigere Alternativen. Ein weiterer finanzieller Vorteil ist die Möglichkeit, Unternehmen der Industrieländer CO2-Kredite zu verkaufen.„Kenias natürlicher Treibstoff sollte aus Wind, heißem unterirdischen Gestein und der Sonne gewonnen werden. Deren Potential ist bislang kaum berücksichtigt worden“, sagt der Sprecher des UN-Umweltprogramms Nick Nuttal. „Nach den anfänglichen Investitionskosten ist diese Energie kostenlos.“Ein niederländisches KonsortiumDas niederländische Konsortium hinter dem Lake Turkana Wind Power Projekt (LTWP) hat 66.000 Hektar Land am östlichen Ufer des größten permanenten Wüstensees der Welt gepachtet. Über den vulkanischen Boden des Kanals zwischen dem kenianischen und äthiopischen Hochland fegen das ganze Jahr hindurch heiße Winde hinweg. Angaben des Konsortiums, dass ein Abkommen über den Verkauf seiner Elektrizität an die Kenya Power Lighting Company hat, zufolge beträgt die durchschnittliche Windgeschwindigkeit 11 Meter pro Sekunde. Dieser Umstand entspreche „nachgewiesenen Reserven“ im Ölgeschäft, erläutert der Vorsitzende der Firma Carlo Van Wageningen: „Wir glauben, dass dieser Ort für Wind der beste in der Welt ist.“ Man gehe davon aus, dass die Anlage bei Erfolg über das Potential verfüge, weitere 2.700 Megawatt Energie zu generieren, die zum Teil exportiert werden könnten.Zuerst jedoch müssen große logistische Hürden genommen werden. Die abgelegene Stätte Loiyangalani befindet sich 300 Meilen nördlich von Nairobi. Für den Transport der Turbinen werden mehrere tausend LKW-Fahrten, sowie Verbesserungsarbeiten an auf der Strecke gelegenen Brücken und Straßen nötig sein. Auch die Sicherheit stellt in der als Banditen-Land bekannten Region, in der viele Einheimische ein AK-47-Sturmgewehr mit sich tragen, ein Problem dar. Zudem müssen eine 428 Kilometer lange Fernleitung, sowie mehrere Unterstationen gebaut werden, um die Windanlage an das nationale Netz anzuschließen. Indes hat LTWP versprochen, die umliegenden Städte mit Elektrizität zu versorgen. Die erhalten ihren Strom derzeit aus Generatoren.