Empfehlung der Woche

101 Gründe, Cannabis zu lieben

101 Gründe, Cannabis zu lieben

Michael Carus und Dr. med. Franjo Grotenhermen

Softcover (farbig illustriert)

240 Seiten

24,80 €

Zur Empfehlung
Copa 71

Copa 71

Rachel Ramsay und James Erskin

Großbritannien 2023

Dokumentarfilm

91 Minuten

Ab 26. Juni im Kino!

Zur Empfehlung
Screen Time. Videokunst in Leipzig seit 1990

Screen Time. Videokunst in Leipzig seit 1990

Museum der Bildenden Künste


vom 12. Juni bis zum 31. August

Zur Empfehlung

Politik : Hohn für den Mindestlohn

Hauptsache, der "Wettbewerb" ist gerettet: Dass die Mindestlöhne für Briefzusteller vom Bundesverwaltungsgericht gekippt wurden, kann nicht überraschen

Zum Kommentar-Bereich

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Share Icon
Jetzt kostenlos testen

Es ist das alte Lied in der ewigen Widerspruchsbearbeitung zwischen Lohnarbeit und Kapital: Auch nur den Wert der Arbeitskraft zu bezahlen, wird als Untergang des Abendlands ausgemalt. Die Deutsche Post hatte bekanntlich mit der Gewerkschaft Verdi Mindestlöhne zwischen 8 und 9,80 Euro pro Stunde ausgehandelt. Als diese Regelung vom damaligen Arbeitsminister Scholz durch eine Rechtsverordnung für das Postgewerbe allgemeinverbindlich gemacht worden war, liefen die privaten Postdienstleister Sturm gegen dieses „Diktat“.

Damit werde der „ersehnte Wettbewerb“ zugunsten eines Monopolisten ausgehebelt. Womit glücklich bewiesen war, dass die Konkurrenz unter privaten Infrastruktur-Unternehmen nur auf der Basis von Hungerlöhnen möglich ist. Jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht die Verordnung kassiert. Es sei ein Verfahrensfehler gewesen, die Post-Wettbewerber nicht zu beteiligen. Kunststück, hatten diese doch den konkurrierenden Arbeitgeberverband Neue Post- und Zustelldienste (NBZ) gegründet. Dessen Präsident Florian Gerster, pikanterweise der ehemalige Chef der Arbeitsverwaltung, hat sich einen Namen als Trendsetter des Billiglohns in der BRD gemacht.

Freitspruch erster Klasse

Schon bisher durften die privaten Zusteller wie TNT oder PIN (ein Tochterunternehmen der Holtzbrinck-Gruppe) jene Regelung souverän ignorieren. Dafür haben sie jetzt einen Freispruch erster Klasse bekommen. Was ist schon eine Rechtsverordnung gegen die „Naturgesetze“ der Konkurrenz? Das Urteil passt in die politische Großwetterlage seit Beginn der schwarz-gelben Regierungskoalititon. Um die Lage auf dem Arbeitsmarkt unter Krisenbedingungen zu kaschieren, soll die schon von allen Vorgänger-Regierungen auf den Weg gebrachte Entwertung der Arbeitskraft noch einmal forciert werden. Als Stoßtrupp eignen sich besonders die privatisierten Infrastruktur-Unternehmen. Die Bahn hat es mit Subunternehmen vorgemacht, deren Stundenlöhne von 3 Euro für osteuropäische Gleisbauarbeiter selbst von CDU-Chargen als „sittenwidrig“ bezeichnet wurden. Jetzt sind Tür und Tor geöffnet für die schleichende Verallgemeinerung solcher Zustände, zumal die schwarz-gelbe Koalitionsvereinbarung erschwerte Verfahrensregeln für neue Mindestlohn-Anträge vorsieht.


Ganz nebenbei wird bekannt, dass die privaten Zustelldienste in einer Hinsicht eher weniger konkurrieren wollen, nämlich bei Investitionen in zusätzliche Postnetze. Privat muss es auch ohne flächendeckende Infrastrukturen gehen. In diesem Punkt ist die Deutsche Post wieder „vorbildlich“, indem sie die Zustellgebiete für die Beschäftigten hemmungslos ausgedehnt hat. Weniger Personal für größere Bereiche, so lautet das erste Gebot der Verbetriebswirtschaftlichung. Das kapitalistische Ideal einer Kombination von Leistungshetze und Billiglohn strebt in einem weiteren Unternehmenssektor seiner Verwirklichung entgegen. Was macht es schon aus, wenn die Post nur noch selten oder lückenhaft kommt und es keine Postämter mehr gibt, sondern nur noch subunternehmerische dubiose Klitschen? Hauptsache, der „Wettbewerb“ ist gerettet; Gott und dem Bundesverwaltungsgericht sei es gedankt.

Themen

sticky banner image

Lesen, was wirklich zählt

4 Wochen für nur € 4