Es hat etwas von Politikverweigerung, mehr noch von einem Offenbarungseid, wenn der deutsche Außenminister den Gaza-Streifen besucht und jeden Kontakt mit der regierenden Hamas meidet. Im Januar gehörte Westerwelle zum diplomatischen Dekors einer Internationalen Afghanistan-Konferenz in London, die sich nicht zu schade war, den Taliban einen roten Teppich auszurollen. Den dürften sie jederzeit betreten, wurde ihnen bedeutet, falls sie Lust auf Verhandlungen hätten. Keine Kontaktverbot, keine Ächtung. Seither können sich die Gotteskrieger vor Gesprächsangeboten kaum retten. Und die kommen nicht nur von Hamid Karzai. Die Lobbyisten eines Burgfriedens am Hindukusch – mit Fundamentalisten wohlgemerkt, denen ansonsten eine Mitverantwortung oder Mitschuld für die mehr als 3.000 Tote vom 11. September 2001 in New York und Washington angelastet wird – residieren in Riad und Teheran, aber ebenso in Washington und Berlin. Minister Westerwelle kann sein Abzugsversprechen gegenüber Bundestag und Bundeswehr als Steckbrief wegen arglistiger Täuschung aushängen, wenn es kein Agreement mit den Taliban gibt.
Warum also die als Partner beachten und Hamas als Paria ächten? Was qualifiziert die einen, was disqualifiziert die anderen? Hamas verfügt seit dem 25. Januar 2006 über ein demokratisches Mandat, weil seinerzeit eine Parlamentswahl mit absoluter Mehrheit gewonnen wurde. Nicht nur im Gaza-Streifen, auch in der Westbank. Die Taliban könnten davon nur träumen, wenn sie solcherart Legitimation denn wollten. Da sie westlicher Demokratie nichts abgewinnen wollen, greifen sie als Kombattanten und Kriegspartei nach der Macht. Und scheinen damit erfolgreich. Erfolgreicher jedenfalls als Hamas, der Westerwelle mit seinem Gesprächsboykott doch wohl keine Talibanisierung empfehlen wollte. Des Außenministers Appell an Israel, die Gaza-Blockade aufzuheben, ist durchaus beachtlich, bleibt aber rhetorisches Geklingel, wenn nichts gegen die Hamas-Blockade unternommen wird. Gewiss ist niemand zum Blockadebrecher geboren, aber Realpolitik kann man lernen. Beim Thema Afghanistan ging es doch auch.