Julian Assanges Rechtsanwalt Johannes Eisenberg hat einen Brief an Openleaks-Mitgründer Daniel Domscheit-Berg geschrieben. So meldete heute morgen die Deutsche Presseagentur dpa, der das Dokument zugeschickt worden war und die es inzwischen auch im Originaltext verbreitet. Obwohl von einem Anwalt verfasst, enthält das Dokument keine konkrete juristische Drohung, wirft Domscheit-Berg aber ein "gesteigertes Maß an Niedertracht" vor: "Mit ihrem Tun gefährden Sie möglicherweise das Leben und die rechtlichen Interessen Dritter."
Gemeint ist damit der Vorwurf, Domscheit-Berg habe "operationale Details" an mehrere Journalisten weitergegeben, die zur Entdeckung einer leicht entschlüsselbaren, im Internet kursierenden Datei mit unredigierten Botschaftsdepeschen geführt haben. Über das Leck bei Wikileaks hatte zunächst der Freitag berichtet, dann der Spiegel - und schließlich Medien weltweit (z.B. New York Times, Washington Post, Wired, Jerusalem Post).
Kurz nach Erscheinen hatte Wikileaks den Bericht über Twitter noch als "weitgehend falsch" bezeichnet und Domscheit-Berg als Quelle verdächtigt. Eisenberg wirft in dem Brief Domscheit-Berg dagegen nun vor, er verbreite "Informationen, um damit die Reputation von Wikileaks zu schädigen" und seine "Behauptung 'belegen' zu können, Wikileaks sei nicht zum Quellen- und Betroffenenschutz bereit oder in der Lage". Die Folgen für die in den Kabelnachrichten genannten Personen nehme Domscheit-Berg "sehenden Auges in Kauf".
Der Freitag begleitet die Testphase von Openleaks offen als Partner. Der dpa bestätigte Domscheit-Berg, dass er mit einem Journalisten seines Vertrauens über das Problem der öffentlich verfügbaren Originaltexte gesprochen habe. Zum Brief Eisenbergs schrieb er: "Aus meiner Sicht ist das Schreiben ein klassisches Ablenkungsmanöver". Im Umgang mit den Botschaftsdepeschen habe Wikileaks nun mehrfach Fehler gemacht, zum Teil wegen "des fahrlässigen Handelns von Herrn Assange".