Sie töten unsere Kreativindustrie. "Downloaden kostet Milliarden", titelte kürzlich die Sun. "Forscher im Auftrag der Regierung fanden heraus, dass über eine Millionen Menschen in Großbritannien täglich illegale Download-Seiten besuchen, und schätzen, dass auf diese Weise in einem Jahr Material im Wert von 120 Milliarden Pfund zusammenkommt."
Das entspricht ungefähr einem Zehntel des britischen Bruttosozialproduktes. Kein Wunder, dass auch die Daily Mail sich sorgt: "1,3 Millionen Briten nutzten das Internet in der Mittagspause zum illegalen File-Sharing. Wenn jeder von diesen nur eine Datei am Tag herunterladen würde, würden jedes Jahr insgesamt 4,73 Milliarden Werke umsonst konsumiert werden." Ich bezweifle, dass jeder Download einen Verlust von Einkünften bedeutet, da beispielsweise Menschen, die mehr downloaden, auch mehr Musik kaufen. Hierzu einmal genaue Zahlen zu bekommen, würde mich interessieren.
Aber woher haben die Zeitungen ihre Zahlen? Ich habe den Original-Bericht recherchiert. Er wurde von ein paar Akademikern verfasst, die man bei einer Abteilung des University College of London anheuern kann. Die nennt sich Ciber – Centre for Information Behaviour and the Evaluation of Research und hat sich auf die Fahnen geschrieben, "unbelegten Spekulationen und uninformierten Meinungen Fakten gegenüberzustellen." In Auftrag gegeben wurde der Bericht von einer Regierungsbehörde: dem Sabip – Strategic Advisory Board for Intellectual Property. Dort liest man: "Die Gesamtsumme der entgangenen Einnahmen, ... beläuft sich nach vorsichtiger Schätzung auf bis zu 10 Milliarden Pfund."
Und woher kommen diese "vorsichtig" geschätzten Zahlen? Ich durchstöberte das gesamte Ciber-Dokument, fand das Quellenverzeichnis und folgte einem Weblink, der zu einer Pressemitteilung aus dem Jahr 2004 führte, herausgegeben von einem privaten, auf Urheberrecht spezialisierten Anwaltskanzlei namens Rouse. Dort steht ganz am Rande das Zitat "Rechteinhaber haben geschätzt, dass Fälschungen und Piraterie die Wirtschaft des Vereinigten Königreiches allein im vergangenen Jahr 10 Milliarden Pfund und 4.000 Arbeitsplätze gekostet haben." Eine Schätzung der Industrie, als Nebeninfo in einer Pressemitteilung. Genial.
Anschließend habe ich nachgefragt, welche Schritte unternommen wurden, um den Fehler zu korrigieren, dass ihr eigener Zahlenwert um das Zehnfache übertrieben weltweit verbreitet worden war. Bei Sabip verweigerte man Auskünfte per E-Mail und bestand auf einem Telefonat. Bei diesem erzählte man mir, es seien Schritte unternommen worden, wollte aber nicht sagen, welche, und meinte etwas von wegen, man könne nicht für die Faulheit der Journalisten verantwortlich gemacht werden.
Der Guardian-Kolumnist Ben Goldacre geht in seiner Serie wöchentlich gegen die Feinde der Wissenschaftlichkeit vor.