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Sie sieht aus wie eine echte Fluppe und Nikotin ist auch drin: Warum die E-Zigarette uns lehrt, das Plagiat zu lieben

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Plagiate sind jüngst sehr in Verruf gekommen. Zu Unrecht, muss man sagen, denn manch Kopie dient doch guten Zwecken und manch Zweck heiligt gewiss auch das fragliche Mittel. Dennoch fordert die Kunst der Kopie immer wieder Opfer. Ein kommendes könnte etwa Edmund Stoibers Sohn Dominic werden: Auch seine Doktorarbeit steht (wie einst die seiner Schwester) unter dem Verdacht des Plagiats. Dabei soll der Spross des Ober-Nichtraucherschützers Edmund über den Nichtraucherschutz (ab-)geschrieben haben. Was einen allerhöchsten Zweck impliziert, der des Mittels wegen aber unbeachtet bleibt.

Das Thema Plagiat verspricht im Fegefeuer der Nikotinabhängigkeit aber auch sonst ein heißer Stängel zu werden: Weil echte Zigaretten eine gesundheitliche Zumutung für aktive und passive Raucher sind, wurde vor neun Jahren die E-Zigarette erfunden. Sie sieht aus wie eine echte Fluppe, glüht vorn, als habe man sie angezündet, und Nikotin ist auch drin. Nur alles andere, was Zigaretten krebserregend, gefäßschädigend und stinkig macht oder als Zusatz den Suchtfaktor noch erhöht – Teer, Formaldehyd, radio­aktives Polonium, Benzol, Toluol, Styrol – das alles fehlt dem elektrisch be­triebenen Zigarettenplagiat. Man kann es nicht einmal rauchen. Man dampft sich vielmehr eine: Das Nikotin wird zusammen mit einem mutmaßlich unschädlichen zweiwertigen Alkohol namens Propylenglykol bei 65 Grad Celsius zu einem inhalierbaren Gedünst vernebelt.

Man könnte dieses kleine, in vielen Ausführungen erhältliche Gerät nun als großen Fortschritt betrachten: Die wichtigsten Betroffenen (die Raucher) nehmen zweifellos viel weniger Schadstoffe über die E-Zigarette auf als über echten Tabak. Zumal Nikotin zwar der schnell und nachhaltig abhängig machende Stoff in Zigaretten ist, nur eben nicht der für den Körper schädlichste, und schon gar nicht jener, der für die schweren Folgen des Rauchens verantwortlich ist. Nikotin ist nicht als krebserregend gelistet. Aber auch indirekt Betroffene, also die Nichtraucher, könnten dankbar sein für das Rauchwarenplagiat, weil sie jetzt keinen Abgasmix aus Tausenden Stoffen mehr ins Gesicht gepustet bekommen, sondern ein laues Aerosol, das sich nur durch das Nikotin von den Schwaden einer Disko-Nebelmaschine unterscheidet. Jeder Autoauspuff erzeugt mehr Dreck, jeder kleine oder große Radfahrer im Stadtverkehr atmet auf dem Weg zur Schule oder zum Arbeitsplatz weit mehr schädliche Substanzen ein.

Aber wie man es auch dreht und wendet: Die E-Zigarette ist ein Plagiat und bleibt Nikotin eine Droge. Zudem eine, auf die in dieser Form bisher keine Tabaksteuer erhoben wird. Hasserfüllte Anti-Raucher-Grüppchen und missionierende Gesundheitsexperten kämpfen unermüdlich dafür, dass die E-Zigarette für illegal erklärt und ins Abseits der Apotheken befördert wird: Die Produkte seien nicht ge­testet, man wisse nichts über die längerfristigen Folgen, das Propylenglykol reize die Atem­­wege, Verunreinigungen könnten noch schädlicher sein, die „echte“ Anmutung der E-Zigaretten gebe Kindern Anreize und überhaupt seien die Geschmackspaletten der Nikotinflüssigkeiten (von Frucht bis Schoko) bereits auf das Anfixen des Nachwuchses zu­geschnitten. Das mag zwar sein. Aber welches erdbeerverliebte Mädchen wird, wie es heißt, auf Ziga­retten mit Teergeschmack umsteigen?

Es wäre doch schön, wenn man das Plagiat hier ausnahmsweise mal schätzen würde. Mit ein paar Steuern, Qualitätsstandards und Langzeitbeobachtungen nebst Altersbegrenzung wäre der Kritik dabei genüge getan. Und gesünder ist das E-Kraut allemal.

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