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Ein halbes Jahr nach dem schweren Erdbeben versuchen die Bewohner der Karibikinsel in so etwas wie Alltag zurückzukehren. Eine Fotoreportage

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Im Zentrum der Hauptstadt Port-au-Prince, drei Wochen nach dem schweren Erdbeben. Das Leben kehrt langsam auf die Straßen zurück. Viele Menschen wirken orientierungslos, laufen traumatisiert umher. Im Schutt wird immer noch nach Leichen gesucht. Ich treffe Leute, die dafür von der Kirche mit Essensmarken bezahlt werden. Auch nach fast einem Monat finden sie noch Tote. Leichengeruch ist vielerorts noch deutlich zu vernehmen.

Vereinzelt beginnen Leute mit Aufräumarbeiten. Meist mit bloßen Händen und Schubkarren, Transportlaster sind eine Ausnahme. Risse in Wänden von Häusern, die nicht ganz eingestürzt sind, werden einfach mit Zement geflickt. Die Menschen waschen sich an gebrochenen Wasserleitungen. Müll wird überall in der Stadt auf offener Straße verbrannt. Es stinkt höllisch. In den Trümmern wird nach Brauchbarem gesucht, in manchen Gegenden toleriert das die Polizei.

Es entstehen riesige Zeltstädte, in denen tausende Haitianer unter Planen und Tüchern unter katastrophalen hygienischen Bedingungen leben. Trinkwasser ist vielerorts ein ernstes Problem. Gekocht wird mit Holzkohle. Überall verkaufen Menschen getrocknete Bananenchips, Erdnusssnacks und Zuckerrohrstreifen. Auf kleineren Märkten gibt es Gemüse, Obst und Hühner zu kaufen. Allerdings zu horrenden Preisen. Kommunikation findet überwiegend über Mobiltelefone statt.

Auf den Straßen fahren schrottreife Wagen, vollbeladen mit Menschen. Immer wieder kommt es zu schweren Autounfällen. Rettungswagen gibt es nicht. Krankenhäuser haben kaum mehr Kapazitäten. Überall in der Stadt haben Menschen Schilder aufgestellt: „We need help, food, water“. Mein Fahrer hat sich aus Autobatterien eine improvisierte Stromversorgung für Fernseher und Radio gebaut. Kinder basteln sich selbst Spielzeug, vor allem Drachen sind häufig zu sehen. Immer wieder komme ich an Beerdigungszeremonien vorbei. Erstaunlich, wie gepflegt die Menschen sonntags zur Kirche erscheinen, ich frage mich, woher sie die Anzüge und weißen Kleider haben. Ihr äußeres Erscheinungsbild ist den Menschen trotz der katastrophalen Lage extrem wichtig.

Viele helfen sich gegenseitig, vor allem in den starken Kirchengemeinden. Die Menschen versuchen in einen Alltag zu finden. Aber alle wissen, dass es in der Regenzeit schwieriger wird. Und die Angst vor Nachbeben ist groß.

Kevin Mertens studiert Fotografie an der Ostkreuzschule in Berlin. Von Mitte Februar bis Mitte März begleitete er in Haiti ein medizinisches Team der Hilfsorganisation Landsaid und dokumentierte dessen Arbeit. Dieses Bild ist auf einer Fahrt durch Port-au-Prince entstanden

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