Die Ramadan-Botschaft von Barack Obamas durchzieht der Geist des Respekts für die arabische Welt, findet Blogger Schlesinger. Auch in Berlin hinterlässt das Wirkung
Fünf Dollar sind ein stolzer Preis für ein Kilo Datteln. So viel kostet die Top-Qualität dieser Früchte jetzt während des Fastenmonats Ramadan auf Kairos Obstständen, und an vielen Ständen tragen sie den Namen Obama. Das ist eine große Auszeichnung für den amerikanischen Präsidenten, denn der Überlieferung nach aß der Prophet Mohammed zum Ende eines Fastentages vorzugsweise Datteln. Das hat sie zu einem besonders bedeutsamen Bestandteil zumindest des ägyptischen Speiseplans während der Fastenzeit werden lassen.
Der Gebrauch von Politikernamen für gute oder schlechte Dattel-Qualitäten hat Tradition auf Kairos Märkten. So wurden die minderwertigsten Sorten unter dem Namen Bush oder Livni (der früheren is
Livni (der früheren israelischen Außenministerin) feilgeboten.Hashim, einer der Obstverkäufer Kairos, ist dieser Tage wie viele andere voll des Lobes über Obama: "Wir möchten eine süße Dattel in seinen Mund legen, und eine Botschaft zu seinen Ohren bringen: Bitte helfen Sie, Frieden in die Welt zu bringen. Wir setzen große Hoffnungen in Sie."Amerika hat zugehört Die Botschaft wenigstens ist längst angekommen, war es doch Obama, der sein erstes Interview als Präsident gegenüber einem arabischen Sender gab. War es doch Obama, der nach seinem Amtsantritt sogleich angeboten hatte, den Dialog mit der arabischen Welt auf Basis gegenseitigen Respekts wiederaufzunehmen, und schließlich war er es, der am 4. Juni in Kairo eine in der muslimischen Welt wohlgelittene Rede hielt. Einmal mehr beweist Obama großes Fingerspitzengefühl, indem er den derzeitigen Ramadan zum aktuellen Anlass nimmt, eine weitere Botschaft an die muslimische Welt zu richten. Im Namen des amerikanischen Volkes und der muslimischen Gemeinden in allen 50 US- Bundesstaaten richtete er seine Grüße an die Muslime. Ganz nebenbei erklärt der Präsident seinen eigenen Landsleuten, was es mit den Ramadan auf sich hat. Während dieser Zeit habe Gott seinem Propheten Mohammed den Koran offenbart. Dies zu ehren, sei Zweck der Fastenzeit. Die Gläubigen würden sich auf die Weisheit und die Anleitung besinnen, die der Glaube vermittelt, und ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen und Gott. Die Fastenzeit diene der intensiven Verinnerlichung und der Hingabe, während aus dem Koran rezitiert würde.Diese Rituale - so baut Obama eine Brücke und würdigt zugleich die Muslime - würden uns an gemeinsame Prinzipien erinnern und an die Beiträge des Islam zu Gerechtigkeit, Fortschritt, Toleranz und die Würde aller Menschen. Amerika habe zugehört und verstanden, sagte Obama, es sei sich seiner Verantwortung bewusst, weshalb man sich aus dem Irak zurück ziehe, gegen Extremisten vorgehe und unverrückbar an einer Zwei-Staaten-Lösung in Palästina festhalte, die Palästinensern wie Israelis gleichermaßen Frieden und Sicherheit bieten müsse.Kaum zufällig dürfte der Präsident den Faktor Zeit mit einbezogen haben. Man befände sich in einer Phase der Erneuerung ("this time of renewal"), in der man an eine anhaltende Anstrengung unternehmen müsse, sich gegenseitig zuzuhören, voneinander zu lernen und dem anderen Respekt zu erweisen ("sustained effort to listen to each other...") . Obama weiß, dass trotz seines immensen Tempos vieles nicht von heute auf morgen verändert werden kann, und bittet subtil um Geduld. Wer seine Ramadan-Botschaft liest und weiß, welchen Tonfall die islamische Welt wünscht und welchen sie nur respektieren kann, kommt nicht umhin, Obama zu beglückwünschen, diese Gabe ins Amt mitgebracht zu haben. Ein gewiefter Redenschreiber wäre vielleicht noch in der Lage, die respektvolle Haltung zu imitieren, die dem Auftreten Obamas zugrunde liegt. Doch nie wäre der Schreiber in der Lage, einem in Wirklichkeit anders gesonnenen Präsidenten zu einem glaubwürdigen Ausdruck zu verhelfen. Man stelle sich nur vor, ein Redenschreiber hätte aus taktischen Gründen derartige Texte für George W. Bush oder Ronald Reagan verfasst. Es ist eine absurde Vorstellung, dass irgend jemand solchen Reden Glauben geschenkt hätte. Selbst einem Bill Clinton, dem die Islamfeindlichkeit eines Bush junior oder das Desinteresse eines Reagan an der muslimischen Welt abging, hätte man solche Reden kaum abgenommen, da ihm die größere Perspektive, ja, man kann es ruhig sagen: Die kosmopolitische Perspektive des Barack Obama fehlt.Berlin traut sich wasEs sind nicht zuletzt die klaren Stellungnahmen Obamas gegenüber Israel, die ihm Respekt vor allem der arabischen Nationen einbringt. Sein klares Nein zu einem weiterem Siedlungsbau in der Westbank hat die Atmosphäre zwischen Jerusalem und Washington stark abkühlen lassen. Ermutigt durch die klare Haltung der US-Administration hat sich nun sogar Berlin aus der Deckung gewagt. Kanzlerin Merkel ließ es während des Netanjahu-Besuches in dieser Woche nicht an der Ermahnung fehlen, man sehe mit Sorge, wie der fortgesetzte Siedlungsbau Friedensgespräche mit den Palästinensern und damit die Zwei-Staaten-Lösung behindere. Auch wenn es die oft bekundete deutsch-arabische Freundschaft mehr in der Verklärung als in der historischen Wirklichkeit gibt, werden diese neuen Töne aus Berlin in arabischen Hauptstädten mit Sicherheit aufmerksam wahrgenommen werden.