Die Ethnologin Margaret Mead beschrieb im vergangenen Jahrhundert so etwas wie eine anthropologische Konstante:
»Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann – tatsächlich ist dies die einzige Art und Weise, in der die Welt jemals verändert wurde.«
Was Dekaden später, just im Jahr des Fukushima-GAU, Stéphane Hessel bekräftigte, als der Resistance-Kämpfer konstatierte, dass »sich höchstens zehn bis zwanzig Prozent der Menschen wirklich bewegen, um etwas Neues zustande zu bringen, und die anderen laufen dann eben mit«. Damit haben beide Denker keineswegs das wohl einflussreichste bürgerschaftliche Engagement im Nachkriegsdeutschland beschrieben – und es doch so treffend skizziert: Deutschlands außerparlamentarischer Anti-Atom-Bewegung ist es mit ihrem vielfältigen, konsequenten und kreativen Protest und Widerstand über mehr als ein halbes Jahrhundert gelungen, weite Teile der Gesellschaft hinter dem Slogan »Atomkraft? Nein danke« zu versammeln und die Atom-Lobby aus Regierenden, Militärs, Industriellen, Parteien und Medien zu zwingen, ihren Irrweg der Atomkraftnutzung weitgehend aufzugeben. Gesetzlich festzuschreiben, 2023 alle Atommeiler abzuschalten. Das Aus.
Kennzeichnend für die Anti-Atom-Bewegung über all die Jahrzehnte ist, dass sie sich weise von allen Parteien fernhält. Überdies ist charakteristisch, dass die vielen Aktivist*innen höchst unterschiedlicher Herkunft Respekt für nahezu alle Protestformen aufbringen, sich nie spalten ließen. Entsanden ist so eine beeindruckende Kultur des Widerstands. Ganz im Sinne Stéphane Hessels: »Neues schaffen heißt Widerstand leisten. Widerstand leisten heißt Neues schaffen.«