„Das zentrale Thema meiner Filme sind Außenseiter der Gesellschaft. Mich faszinieren Charaktere, die in der Gesellschaft oder in ihren Familien als Verlierer gelten; die einen großen Verlust erleiden und es am Ende schaffen, sich zu befreien und ihre soziale oder persönliche Krise hinter sich zu lassen. So entstand auch die Geschichte von Der Hochzeitsschneider von Athen: die Geschichte eines 50-jährigen Mannes, der gegen die wirtschaftliche Sackgasse in seinem Leben kämpft, um sich eine Zukunft zu schaffen. Es ist in dem Sinne eine coming-of-old-age story: wir folgen Nikos – einem einsamen und emotional besiegten Mann, der in Schulden ertrinkt und durch die drohende Insolvenz in seiner Existenz bedroht ist. Er ist im Geschäft seines Vaters gefangen, das ihm sowohl Schutzraum als auch Gefängnis ist. Nikos verwandelt sich in seiner Not in einen Straßenschneider, einen Nomaden in der Stadt, der es schafft, sich neu zu erfinden und sich der Welt wieder anzuschließen. Nikos weigert sich, aufzugeben. Mit Schneiderei als seiner einzigen Fähigkeit und seinem merkwürdig zusammengebastelten, fahrbaren Marktstand als einziger Geschäftsidee, gelingt es Nikos schließlich, erfolgreich zu sein – den Umständen zum Trotz. Indem er auf eine Tradition der Vergangenheit, den Tauschhandel, zurückgreift, schafft er Zukunft. Er hält sein Handwerk am Leben und findet seinen Platz in der Welt. Der Hochzeitsschneider von Athen ist eine zeitgenössische Allegorie des „kleinen Mannes“, der gegen scheinbar unüberwindliche Hindernisse kämpfen muss.
Im Wesentlichen ist Der Hochzeitsschneider von Athen eine Reisegeschichte: eine intime, persönliche Geschichte vor einem politischen Hintergrund – ein lyrisches Abbild eines Mannes und einer Stadt. Während Nikos beginnend vom Stadtzentrum aus durch verschiedene, vernachlässigte, aber lebhafte Viertel von Athen mit seinem mobilen Marktstand zieht, sehen wir ein Kaleidoskop verschiedener sozialer und wirtschaftlicher Klassen. Wir erleben die Veränderungen im heutigen Athen durch die Perspektive der Menschen, die dort leben. Nikos ist ein Humanist: Er identifiziert sich mit den Menschen in den ärmeren Gemeinden und findet eine Lösung für seine eigenen Kämpfe. Als Mann, der gerade im Begriff ist alles zu verlieren, findet sich Nikos inmitten derer wieder, die nichts haben.
Ich wollte diese Geschichte erzählen, weil ich wirklich glaube, dass jeder von uns innere Stärke besitzt und sein Schicksal selbst in die Hand nehmen und das Recht auf ein würdiges Leben beanspruchen kann. Trotz des wirtschaftlichen und politischen Systems, das das Leben der Griechen so herausfordernd macht, kann jeder von uns das Leben für sich erschaffen, das er verdient.“
– Sonia Liza Kenterman, Regisseurin von Der Hochzeitsschneider von Athen