„Eine nahezu spirituelle Erfahrung“

Kommentar Es gibt Orte auf der Welt, wo man morgens in die Seilbahn steigt. Ein solcher Ort hat Veit Helmer zu seinem Film inspiriert: Einer Geschichte über zwei Seilbahnschaffnerinnen, die sich immer treffen, wenn sie auf halbem Weg aneinander vorbeifahren
Veit Helmers Film „Gondola“ schafft es – ganz ohne Worte – eine ergreifende Liebesgeschichte zu erzählen
Veit Helmers Film „Gondola“ schafft es – ganz ohne Worte – eine ergreifende Liebesgeschichte zu erzählen

Foto: jip film & verleih

Gondola hat eine besondere, universelle Handschrift: Der Film wird ohne Dialoge erzählt. Ich glaube nicht, dass Dialog und Kino unbedingt Hand in Hand gehen müssen. Dialoge werden am besten im Theater oder im Hörspiel eingesetzt. Aus künstlerischer Sicht waren die Filme gegen Ende der Stummfilmzeit in der Art, ihre Geschichten zu erzählen, sogar anspruchsvoller als heute. Aber auch in der Stummfilmzeit waren Dialoge/Texte manchmal erforderlich, die das Publikum auf Titelkarten lesen mussten, um der Erzählung folgen zu können. Aber diese Karten und das Kino passen eigentlich nicht zusammen, sie braucht es auch nicht, wenn die Bilder sich selbst erklären. Diesen Schritt wollte ich mit Gondolagehen. Das Ergebnis ist ein Film, der keiner Übersetzung bedarf! Der Ton soll den ganzen Raum einnehmen, der ihm zusteht und der normalerweise von den Dialogen eingenommen wird.

Es gibt nur wenige Geschichten, die erzählt werden können, ohne dass die Schauspieler*innen dabei sprechen. Es ist eine große Herausforderung, unter Berücksichtigung dieser Einschränkung zu schreiben und Regie zu führen. Aber es ist äußerst beglückend, wenn die Mission erfolgreich abgeschlossen ist.

„Wir alle verfolgten dieselbe Vision: Die Grenzen des Kinos zu erweitern.“

Einen Film ohne Worte zu sehen, ist anspruchsvoller, denn die Zuschauer*innen müssen genau hinsehen, um die Erzählung zu erfassen. Das Publikum muss sich mehr engagieren als bei einem konventionellen Film, bei dem man die Augen schließen kann und trotzdem die Geschichte durch die Dialoge versteht. Aber im Gegenzug, oder als Belohnung, habe ich festgestellt, dass der visuelle Film eine nahezu spirituelle Erfahrung bietet, die jeder Dialog sofort zerstören würde. Der Verzicht auf Dialoge gibt mir als Regisseur die Freiheit, mit Schauspieler*innen aus verschiedenen Ländern zu arbeiten, die nicht auf eine Sprachregion beschränkt sind. Mit Mathilde Irrmann (Frankreich) und Nino Soselia (Georgien) habe ich für Gondolazwei starke, aber auch verletzliche Schauspielerinnen gefunden, die das Publikum rund um den Globus bewegen werden.

Damit kehre ich zu meinem 25ten Filmjubiläum mit Gondolabewusst zu den Ursprüngen des Kinos zurück und verneige mich vor dem französischen Filmpionier Georges Méliès, der mit „Die Reise zum Mond“ (Originaltitel: Le Voyage dans la Lune) einen der ersten Science-Fiction-Filme 1902 geschaffen hat, vor Fritz Langs „Metropolis“ und natürlich Charles Chaplin’s „The Tramp“.

Die Dreharbeiten in Georgien waren eine großartige Erfahrung, meine Mitarbeiter*innen sind begnadete Künstler*innen. Wir alle verfolgten dieselbe Vision: Die Grenzen des Kinos zu erweitern.

05.03.2024, 15:37

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