Welche Rolle spielt der Film „Elternschule“ für dieses Filmprojekt?
Ich verstehe „Good Enough Parents“ auch als eine Antwort auf den Dokumentarfilm „Elternschule“. Und ich bin dem Film sehr dankbar. Denn er hat genau das getan, was ein Dokumentarfilm tun muss: Nämlich einen Diskussionsraum öffnen. Der Film hat mich empört, aber nur soweit, dass mich das Gezeigte empört hat. Der Abend, an dem ich „Elternschule“gesehen habe, war der Abend, an dem ich mich dafür entschied meine Idee eines Films über unser Bild vom Kind in die Tat umzusetzen. Damals wusste ich noch nichts von der Bindungstheorie, der Forschung der Grossmanns oder der Bewegung, die sich um die Begriffe Bedürfnisorientierung und Bindungsorientierung versammelt hat. Aber ich hatte genug eigene Grenzerfahrungen im Umgang mit meinen Kindern gemacht, das ich dort hinschauen wollte: In unseren Umgang mit Kindern. In die Abgründe, die es auch im Alltag gibt, in denen wir Kindern Gewalt antun, weil wir ihnen nicht mit der Würde begegnen, die wir uns selbst als Menschen auch zuschreiben.
Geht es in dem Film um Kindesentwicklung in den ersten Jahren oder in späteren Jahren?
Meine eigenen drei Kinder sind zwischen sieben und knapp einem Jahr alt und da ich im Film meinen eigenen Erfahrungshorizont verhandle, geht es vor allem um diesen Altersbereich. Allerdings versuche ich eine Haltung zu den Bedürfnissen von Kindern zu transportieren und setze mich für eine Begegnung in Gleichwürdigkeit ein, die schon auch über die ersten sieben Jahre hinweg ihre Gültigkeit besitzt.
Wird der Film Eltern Tipps an die Hand geben, wie sie in bestimmten Situationen beispielsweise Zähneputzen mit ihren Kindern umgehen sollen?
Ich bin der Meinung, dass man auf diese Fragen nie pauschal antworten darf. Klar, die Sehnsucht nach Methoden, die den Alltag mit Kindern stressund konfliktfrei gestalten, ist groß. Aber jede Familie hat ihre eigenen Notwendigkeiten und Aufstellungen, die unbedingt mit in die Suche nach Lösungen für Konfliktsituationen einbezogen werden müssen. Da hilft Reflexion und Beratung, aber keine Methode. Im Film versuche ich eine Haltung vorzuschlagen nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wie bist du auf den Titel gekommen?
Ich war als Vater ganz schön überfordert von den vielen Handlungsvorschlägen, denen ich begegnet bin als ich mich in das Thema bindungsund bedürfnisorientierte Erziehung eingelesen habe. „Tu dies, sonst wird dein Kind so!“, „Vermeide diesen Satz, dann wird dein Kind nicht so.“ Diese Ratschläge führen immer zu immens viel Druck vor allem, wenn man sie versucht als Methode zu kopieren, die gar nicht deckungsgleich mit der eigenen Haltung ist. Und Druck ist immer schlecht in einer familiären Konstellation. Vor allem dann, wenn er sich in Frustration wandelt und diese dann auch wieder bei den Kindern landet. In meiner weiteren Recherche auch mit der Historikerin Miriam Gebhardt habe ich dann gemerkt, dass unsere Geschichte der Elternschaft auch eine Geschichte von Normen, Druck und Angst ist. Was nützen dann neue Normen und neuer Druck? Eines Tages dann saß ich mit Dr. Karin Grossmann und Prof. Dr. Klaus Grossmann im Garten und die beiden sagten: „Good enough is good enough. Wenn wir versuchen feinfühlig zu sein und das zumindest meistens klappt, dann ist das gut genug.“ Und ich finde, das ist eine gesunde Einstellung zur eigenen Elternschaft.
Wann und wo kann ich den Film online schauen?
Der Film wird über Vimeo VoD als Stream erhältlich sein. Sowohl zum Kauf als auch zur Ausleihe. Ich versuche die Ausleihzeit von 48 Stunden auf 72 Stunden zu erhöhen. Ich schaffe selbst im Alltag mit meinen Kindern Filme nicht immer an zwei Abenden.