Der Preis der Freiheit

Zum Film Suzie taucht ein in die schillernde Subkultur des Ostberliner Undergrounds, wo Rudi (Sabin Tambrea) und seine Freunde mit leidenschaftlicher Fantasie ihre eigene Mode erfinden. Sie verliebt sich und erlebt die Freiheit, von der sie immer geträumt hat
Rudi (Sabin Tambrea) nimmt Suzie (Marlene Burow) mit in eine völlig neue Welt
Rudi (Sabin Tambrea) nimmt Suzie (Marlene Burow) mit in eine völlig neue Welt

Foto: Ziegler Film/TOBIS/ Peter Hartwig

Ostberlin, 1989: Bei einer Polizeikontrolle wird die 18-jährige Suzie (Marlene Burow) mit einem verbotenen Buch in der Tasche erwischt. Eigentlich wollte sie Literatur studieren, doch jetzt fliegt sie kurz vor dem Abi von der Schule und muss sich als Zerspanungsfacharbeiterin im Kabelwerk Oberspree bewähren.

Mit ihrer kleinen Schwester Kerstin (Zoé Höche) und ihrem Vater Klaus (Peter Schneider) lebt sie in einer grünen Idylle am Rand der Stadt. „Nur wenn wir träumen, sind wir frei“, hatte Suzies Mutter ihrer Tochter geschrieben. Seit einem Jahr ist sie tot. Suzie weiß, wie es sich anfühlt, wenn Träume platzen.

Doch dann geschieht etwas, das sich Suzie selbst in ihren kühnsten Fantasien nicht hätte ausmalen können: ein Schnappschuss früh um halb fünf in der Straßenbahn öffnet ihr die Tür in die glamouröse Welt der Mode. Und während die gut gelaunte Brigadeleiterin Gisela (Jördis Triebel) im Kabelwerk schützend ihre Hand über „die Kleene“ hält, landet Suzie auf dem Cover des Modejournals Sibylle der „VOGUE des Ostens“. Dort regiert die Chefredakteurin Elsa Wilbrodt (Claudia Michelsen) in der strengen Eleganz eines Jil Sander Models und eröffnet Suzie die Chance, dem sozialistischen Fabrikalltag doch noch zu entkommen. Suzie taucht ein in die schillernde Subkultur des Ostberliner Undergrounds, wo der extravagante Rudi (Sabin Tambrea) ihr den „aufrechten Gang“ beibringt. Gemeinsam mit seinen Freunden feiert er das Leben und erfindet mit Leidenschaft seine eigene Mode aus Duschvorhängen und Kerzenwachs. Der sinnlichen Uta (Sira Topic) ist Suzies Auftauchen ein Dorn im Auge. Uta misstraut „der Neuen“ und setzt alles daran, sie wieder loszuwerden, sieht sie in Suzie doch eine Konkurrentin – auf dem Laufsteg und bei den Männern. Und tatsächlich verliebt Suzie sich in den rebellischen Fotografen Coyote (David Schütter), dessen Bilder die Menschen verzaubern, aber trotzdem nicht gedruckt werden dürfen. In seiner Ladenwohnung schraubt er an seiner „Indian“, das Bad ist die Dunkelkammer und auf seiner „Maschine“ fliegen Coyote und Suzie durch den Tag. Endlich erlebt Suzie die Freiheit, von der sie immer geträumt hat. Doch während sie zum ostdeutschen Supermodel aufsteigt, fordert das System seinen Tribut und Suzie muss sich entscheiden: Was ist es ihr wert, ihren Traum zu leben?

In einem Land, das es nicht mehr gibt ist ein Film, in dem die Extreme aufeinanderprallen: Sehnsucht und Enge – Sozialismus und Eleganz – Freiheit und die Frage, welchen Preis wir bereit sind, dafür zu zahlen.

27.09.2022, 18:53

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