Intensives Schauspielerkino

Biografie Kore-eda vereint mit Juliette Binoche und Catherine Deneuve zwei der bedeutendsten französischen Filmschauspielerinnen unserer Zeit erstmals gemeinsam vor der Kamera. Eine berührende Mutter-Tochter-Geschichte über große und kleine Lebenslügen
Juliette Binoche als Lumir in Hirokazu Kore-edas Film „La Vérité“
Juliette Binoche als Lumir in Hirokazu Kore-edas Film „La Vérité“

Foto: 2019 PROKINO Filmverleih GmbH / Laurent Champoussin

Hirokazu Kore-eda

Drehbuch, Regie, Schnitt

Hirokazu Kore-eda wurde 1962 in Tokio geboren. Nach seinem Abschluss an der Waseda Universität 1987 trat Kore-eda der TV Man Union bei, wo er mehrere preisgekrönte Dokumentarfilme inszenierte. Im Jahr 2014 gründete er seine Produktionsfirma Bun-buku. Sein Regiedebüt „Maboroshi – Das Licht der Illusion“ wurde 1995 mit der Goldenen Osella der Filmfestspiele Venedig ausgezeichnet. Drei Jahre später gelang Kore-eda mit „After Life“ (1998) der internationale Durchbruch. 2001 wurde er mit „Distance“ in den Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele von Cannes eingeladen. 2004 gewann Yagira Yuya, der junge Hauptdarsteller aus „Nobody Knows“ in Cannes den Preis als bester Schauspieler. 2006 präsentierte Kore-eda „Hana“ auf den Festivals in San Sebastián und Toronto. Mit dem Familiendrama „Still Walking“ (2008) verarbeitete Kore-eda persönliche Erfahrungen und wurde für den Film weltweit gefeiert. „Air Doll“ lief 2009 in der Reihe Un Certain Regard auf dem Festival in Cannes. 2011 gewann Kore-eda mit „I Wish“ den Drehbuchpreis der Internationalen Filmfestspiele San Sebastián. Mit „Going Home“ inszenierte er 2012 erstmals eine Fernsehserie. „Like Father, Like Son“ gewann u.a. den Jurypreis der Filmfestspiele Cannes 2013 und wurde in zahlreichen Ländern Kore-edas bis dahin erfolgreichster Film. Im Jahr 2015 wurde „Unsere kleine Schwester“ im Wettbewerb von Cannes uraufgeführt, lief auf zahlreichen weiteren Festivals und wurde mit vier Preisen der Japanischen Filmakademie ausgezeichnet - darunter als bester Film und für die beste Regie. 2016 lief „After the Storm“ in der Sektion Un Certain Regard in Cannes. Im Jahr danach wurde „The Third Murder“ (2017) in den Wettbewerb von Venedig eingeladen und später mit sechs Preisen der Japanischen Filmakademie ausgezeichnet. Kore-edas bislang größter Triumph folgte 2018, als er mit dem Familiendrama „Shoplifters“ die Goldene Palme der 71. Internationalen Filmfestspiele von Cannes gewann und die Zuschauerrekorde seiner bisherigen Filme brach. Mit „La Vérité – Leben und lügen lassen“, seinem ersten Spielfilm, den er außerhalb seiner japanischen Heimat und in einer fremden Sprache drehte, eröffnete Kore-eda im August 2019 die 76. Internationalen Filmfestspiele von Venedig.

Catherine Deneuve

Fabienne

Die französische Leinwandikone Catherine Deneuve wurde 1943 in Paris geboren. Seit den 1950er Jahren begeistert sie das Publikum in zahlreichen Kinorollen unter der Regie bedeutender Filmemacher*innen. Bereits 1957 stand sie erstmals vor einer Kamera und drehte noch als Gymnasiastin mehrere Filme. Mit 19 Jahren besetzte sie ihr damaliger Lebensgefährte, Regisseur Roger Vadim, im Kinofilm „Laster und Tugend“ (1963). Ein Jahr darauf feierte Catherine Deneuve ihren Durchbruch mit dem erfolgreichen Musical „Die Regenschirme von Cherbourg“ von Jacques Demy, der in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde. Im Anschluss daran überzeugte sie in Meisterwerken wie Roman Polanskis „Ekel“ (1965), Luis Buñuels internationalem Erfolg „Belle de Jour – Schöne des Tages“ (1967) oder François Truffauts Kinofilm „Die letzte Metro“ (1981). Für ihre Rolle einer Plantagenbesitzerin in „Indochina“ erhielt sie 1993 eine Oscar®-Nominierung als Beste Hauptdarstellerin. 2000 war sie an der Seite von Björk in Lars von Triers „Dancer in the Dark“ zu sehen, kurz darauf folgte „8 Frauen“ unter der Regie von François Ozon. Für ihre herausragende Schauspielkunst wird sie seit Jahrzehnten mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet und als Grande Dame des französischen Kinos gefeiert. 2013 erhielt sie den Europäischen Filmpreis für ihr Lebenswerk.

Juliette Binoche

Lumir

Juliette Binoche wurde 1964 in Paris als Tochter der Regisseurin und Schauspielerin Monique Yvette Stalens und des Bildhauers, Regisseurs und Schauspielers Jean-Marie Binoche geboren. Bereits als Jugendliche spielte sie auf Amateurbühnen. Sie besuchte kurz das Conservatoire National Supérieur d‘Art Dramatique und tourte mit einer Theatertruppe durch Frankreich, Belgien und die Schweiz.

Mitte der 1980er Jahre begann Binoche, sich durch kleinere Rollen einen Namen als Schauspielerin in Frankreich zu machen. Sie spielte in Jean-Luc Godards „Maria und Joseph“ (1983) und André Téchinés Erotikdrama „Rendez-vous“ (1985), der seine Premiere bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes feiert und mit dem Regiepreis ausgezeichnet wurde. Binoche erhielt für ihre Darstellung ihre erste César-Nominierung als beste Hauptdarstellerin und den Romy-Schneider-Preis. Im gleichen Jahr folgte eine weitere César-Nominierung für ihre Rolle an der Seite von Michel Piccoli in Leos Caraxs „Die Nacht ist jung“. Ebenfalls im Jahre 1986 übernahm Binoche ihre erste englischsprachige Hauptrolle an der Seite von Daniel Day-Lewis in Philip Kaufmans „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“. Obwohl der Film ein weltweiter Erfolg war, entschied sich Binoche, zunächst keine weiteren internationalen Rollen anzunehmen und spielte in kleineren französischen Produktionen und am Théâtre de l‘Odéon in Paris. 1991 war sie in Leos Carax in „Die Liebenden von Pont-Neuf“ zu sehen, gewann den European Film Award und erhielt ihre dritte von bisher zehn César-Nominierungen.

Juliette Binoche ist die erste Schauspielerin, die bei den drei wichtigsten europäischen Filmfestivals den Preis als beste Schauspielerin erhielt: 1993 in Venedig für ihre Rolle in Krzysztof Kieslowskis „Drei Farben – Blau“, 1997 bei der Berlinale für Anthony Minghellas „Der englische Patient“ und 2010 in Cannes für Abbas Kiarostamis „Die Liebesfälscher“. Für ihre überzeugende Darstellung in „Der englische Patient“ wurde Binoche mit dem Oscar als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet. Im Dezember 2019 ehrte die Europäisch Filmakademie Juliette Binoche mit dem Ehrenpreis für ihre Leistungen im Weltkino.

Ethan Hawke

Hank

Ethan Hawke steht seit drei Jahrzehnten vor der Kamera, hat in mehr als 50 Filmen mitgewirkt und sich auch als Autor einen Namen gemacht. Bekannt wurde der Schauspieler durch seine Rolle in Peter Weirs Klassiker „Der Club der toten Dichter“ (1989). Die Romanze „Before Sunrise“ (1995) machte Hawke zum Kultstar. Für die Drehbücher zu den Fortsetzungen „Before Sunset“ (2004) sowie „Before Midnight“ (2013), die er gemeinsam mit Richard Linklater und Filmpartnerin Julie Delpy verfasste, wurde Hawke zweimal Oscar-nominiert. Mit Linklater arbeitete er über die Jahre regelmäßig zusammen und spielte in ambitionierten Projekten wie dem Animationsfilm „Waking Life“ (2001) oder „Fast Food Nation“ (2006).

Für seine Rollen in „Training Day“ (2001) und in Linklaters hochgelobter Familienchronik „Boyhood“ (2014), die über zwölf Jahre hinweg entstand, wurde Hawke als bester Nebendarsteller für den Oscar und zahlreiche weitere Auszeichnungen nominiert. In „Die glorreichen Sieben“ (2016) war er erneut neben seinem „Training Day“-Kollegen Denzel Washington zu sehen. 2016 veröffentlichte der Schauspieler die Graphic Novel „Indeh: A Story of the Apache Wars“, die sich sofort an die Spitze der New York Times-Bestsellerliste setzte. Ein Jahr später trat er in Luc Bessons Comicverfilmung „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“ (2017) auf. Nach Paul Schraders Thriller „First Reformed“ (2017) mit Amanda Seyfried und der Bestsellerverfilmung „Juliet, Naked“ (2018) wechselte Ethan Hawke hinter die Kamera und inszenierte das Biopic „Blaze“ über den Musiker Blaze Foley, das 2018 auf dem Sundance Filmfestival Weltpremiere feierte.

17.02.2020, 16:14

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