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Kultur : Rolling stoned

Unser Kolumnist sah bei Youtube "Cocksucker Blues", den legendären Film über die Rolling Stones während der Tournee 1972: auf der Bühne, hinter der Bühne, neben der Spur

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Was habe ich gesehen?

Cocksucker Blues (1972), Laufzeit: 72 min. Regie: Robert Frank.

Worum geht es?

Die "Exile On Main Street"-Tournee 1972 war der erste Auftritt der Stones nach dem verheerenden Altamont-Gig 1969, als vier Menschen bei einem Gratiskonzert starben. Alles sollte diesmal anders werden; vieles wurde schlimmer. Die Tournee wurde von einem Kamerateam begleitet, das eine sogenannte Cinéma vérité-Dokumentartechnik benutzte, die, wenn ich es richtig verstanden habe, darauf hinausläuft, dass überall Kameras herum liegen und jeder jederzeit zugreift und filmt, was ihm auffällt. Das führt zu schlechten, aber interessanten Aufnahmen. Da fast ausschließlich Backstage gefilmt wurde, kann man sich ausmalen, was den Leuten auffiel: Mick Jagger beim Umziehen, Mick Jagger beim Koksen, Keith Richard im Heroinrausch, Groupies beim Heroin-Schießen, Groupies, die anhand der Spermareste auf ihrem Bauch die Bandmitglieder identifizieren ("Keith!"). Und ständig und überall: Alkohol, Zigaretten und jede Menge Menschen, die die Nähe zu den Stones suchen.

Warum habe ich es gesehen?

Der Film ist eine kleine Legende. Wegen der pikanten Inhalte wurde er nach einer Klage der Band nie veröffentlicht. 1987 tauchte der Regisseur Robert Frank dann in einem kleinen Kopier-Studio in der New Yorker Lower East Side auf, um die Super-8-Aufnahme zu überspielen. Die Angestellten hatten die strikte Anweisung, keine weiteren Kopien zu ziehen. Fast alle hielten sich dran. Eine Kopie aber landete bei Richard Metzger, der sie wiederum an den legendären VHS-Dealer Dan the Record Man weitertauschte (nach eigenen Angaben gegen Aufnahmen von David Bowies "Heroes"-Tour). 24 Jahre später ist jetzt ein Bootleg des Films auf Youtube zu sehen (in 9 Teilen). Vermutlich nicht sehr lange. Wer sich durch die teilweise etwas mühsamen 72 Minuten gekämpft hat, weiß warum.

Was bleibt?

Es gibt keine richtige Handlung, man sieht nur ständig verwackelte Bilder, meistens aus Hotelräumen, überall Drogen, Groupies, Musikinstrumente. Die Musiker reden vernuschelt wie Udo Lindenberg und spielen sich selber. Exemplarisch ist die zutiefst lächerliche Szene, als Keith Richard einen Fernseher vom Balkon wirft. Hier und da rennen Promis durchs Bild (Andy Warhol, Truman Capote). Man ahnt etwas von der Aufregung, die es bedeutet haben muss, 1972 in einem Hotelzimmer mit den Stones gewesen zu sein. Und man ahnt viel von der unendlichen Ödnis des Alkohol- und Drogenmissbrauchs.

Speaking of which (Drogen meine ich), zwei Szenen haben es in sich wie ein teuflischer Kick: der elektrisierende gemeinsame Auftritt mit Stevie Wonder (im Teil 6), bei dem die Stones an ihre musikalischen Grenzen stoßen, und Mick Jaggers wirklich heftige Darbietung von "Street Fighting Man" (im Teil 9), die ein für alle mal klärt, wer der beste Entertainer aller Zeiten war. Allein wegen dieser beider Passagen lohnt sich der Film.

Diese Person wäre ich gern: Stevie Wonder am Klavier.

Was sehe ich als nächstes?

Handball-WM-Finale.

Unser Kolumnist Mikael Krogerus sieht sich jede Woche einen Film an. Vergangene Woche sah er

I will survive Auschwitz

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