Schalke 04 – Schuldenverein von öffentlicher Hand getragen

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Der derzeit effektivste Stürmer der Bundesliga, Kevin Kuranyi (Schalke 04), soll ein Jahresgehalt von 3,8 Millionen Euro bekommen. Das sind pro Woche mehr als 70.000, mithin das Jahresgehalt von zwei Arbeitnehmern, deren Monatseinkommen bei je rund 3.000 Euro liegt.

Angesichts solcher Spielergehälter könnte man meinen, im Fußballgeschäft sei Geld zu verdienen. Das stimmt – für wenige. Für die Vereine und die öffentlichen Hände geht die Rechnung selten auf. Schalke ist das Beispiel schlechthin, das zeigt, welche eklatanten Differenzen zwischen der Bühne des Fußballs unter der Wärmedecke der Deutschen Fußball-Liga, dem Interessenverband der Profi-Vereine im Haus des Deutschen Fußballbundes (DFB), und dem Milieu, das nach dem Abpfiff der Spiele im Dunkeln agiert.

Schalke 04 versteckt seine Schulden von 235,1 Millionen Euro (Welt am Sonntag) hinter einem Geflecht von Firmen, die der Verein für seine unterschiedlichen Aktivitäten gegründet hat. Unter dem Dach der Holding KG agieren diverse Töchter wie die Rechterverwertungs-GmbH, die Parkstadion KG, die Arena KG, die Catering KG und andere. Die einzige bedeutendere Tochter, die Gewinn abwirft, ist die letztgenannte. 800.000 Euro sollen es pro Jahr sein. Doch die Catering KG sei weiterverpfändet, um als Sicherheit für eine Anleihe zu dienen. Anleihen werden für die Beschaffung von Bargeld gebraucht. Und diese werden zur Verschönerung der Bilanzen benötigt, wenn die Deutsche Fußball-Liga die Lizenz für die neue Saison erteilen soll. In der Lizenzierungsnachschau, die im Herbst eines jeden Jahres für die finanziellen Wackelkandidaten für die laufende Saison erfolgt, musste die Schalke-Gang eine finanzielle Basis nachweisen. Sonst hätte das eintreten können, was dem Zweitliga-Verein Arminia Bielefeld jetzt widerfahren ist. Da die Vereinsbosse die finanziellen DFL-Auflagen nicht erfüllen konnten, wurde die Arminia mit einer Geldstrafe von 50.000 Euro und einem Abzug von vier Punkten für die laufende Saison belegt. Eine vorhandene Liquiditätslücke von 2,5 Millionen Euro war nicht mehr zu schließen.

Die Schalker waren schlauer, oder auch nicht. Sie zockten. Nach Erkenntnissen von Welt-Online sollen so über einen Londoner Finanzmakler 88 Millionen Euro geflossen sein. Dafür hatte Schalke die längerfristigen Sponsoring-Verträge von Gazprom und Adidas abzutreten.

Parallel dazu machte die städtische Gesellschaft für Energie und Wirtschaft (GEW) Gelsenkirchens insgesamt 20 Millionen Euro locker. Mit der Hälfte wurde der Besitzanteil an der Arena KG auf mehr als 50 Prozent vergrößert, der andere Teil wurde als Kredit mit einer zehnjährigen Laufzeit eingebracht.Gelsenkirchens Wirtschaftsdezernent Joachim Hampe (SPD) behauptete: „Da wird kein Cent an Steuergeldern ausgegeben und kein Geld verschenkt und kein Kindergarten nicht gebaut.” Formalrechtlich mag das stimmen, da die GEW eine städtische Tochter Gelsenkirchens mit einer eigenen Bilanz ist. Doch etwaige Gewinne müssen an die Stadt abgeliefert werden. Diese Position vertrat auch der Grüne Landtagsabgeordnete Horst Becker: "Das ist ein verheerendes Signal, wenn eine so extrem hochverschuldete Stadt wie Gelsenkirchen auf eine Gewinnabführung in Millionenhöhe verzichtet, um einen Verein wie Schalke 04 zu retten. Wenn die GEW tatsächlich Geld übrig hat, dann muss es in die Kommunen fließen.“

Die Kritiker von Schalkes Finanzgebaren werden am Ende der Saison den Kopf einziehen müssen, falls nach nunmehr 52 Jahren die Nullvierer Deutscher Fußballmeister werden sollten. Jede noch so leichtfertige Geldausgabe wird dann nicht mehr hinterfragt werden, auch nicht von den Familienvätern, die als Normalverdiener in zwei Jahren das bekommen, was Kevin Kuranyi in einer Woche einstreicht.

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Geschrieben von

Achtermann

Ich lass' mich belehren. Jedoch: Oft wehre ich mich dagegen.

Achtermann

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