Das Herz ist ein schwindender Muskel

Albert Ostermaiers Replikantenstadl "Letzter Aufruf" und "99 Grad" führen uns die globale Kernschmelze von Gefühl und Ehre undeutlich vor Augen
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Bei vier Uraufführungen innerhalb eines Jahres bietet Albert Ostermaier der Kritik eine Menge Angriffsfläche. Und Gnade dem Künstler, wenn er auf dem Markt Erfolg hat. Mit seinen beiden jüngsten Dramen gibt Ostermaier den Zweiflern Futter. Die einen wollen dabei gewesen sein, wie sich ein streberhafter Epigone kreativ wieder selbst untertrifft. "neulich ... in Afghanistan" - die abgeschriebene Welt. Viel zappen, schnell verdauen, und nix wie rauf auf die Bretter. Andere glauben, der Lyriker habe sich nur ins Theater verlaufen. Verhungertes, selbstgefälliges Weltschmerzgesample, höhnen die einen, Gott ist tot, kontern die anderen. Ostermaier habe Recht, seinen Kummer über das Verschwinden der Eigentlichkeit mit dem Zitatkasten der B-Movies zu erschlagen.
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