Amerikas Schande

Menschenrechte Obama gewährt den CIA Folterknechten Straffreiheit. Das US-System hat versagt, wenn es nur vom Willen des Präsidenten abhängt, ob die USA ein zivilisiertes Land sind

Es gibt einen Film, der lange nicht mehr im deutschen Fernsehen gelaufen ist. Ausnahmezustand. Er handelt vom Kampf zwischen einem FBI-Agenten und einem Obersten der Armee, Denzel Washington und Bruce Willis spielen die Rollen. Ein islamistischer Anschlag hat New York in Schrecken versetzt. Das Militär übernimt die Kontrolle. Lager werden eingerichtet. Es wird gefoltert. Aber das FBI schützt das Recht und Denzel Washington verhaftet am Ende den Oberst mit vorgehaltener Waffe. Der Film wurde 1998 gedreht, im Amerika Bill Clintons.

Nach allem, was man von ihm weiß, hätte Clinton nicht gefoltert. Und nach allem was man von ihm weiß, hätte George Bush weitergefoltert, wenn er an der Macht hätte bleiben dürfen. Und weil das echte Leben kein Film ist, hängt der Grad der amerikanischen Zivilisierung offenbar nur ab von der Zivilisierung seines Präsidenten. Es gibt keine Kontrolle außerhalb des Präsidenten. Ein Mann entscheidet. Alle folgen. Das politische System, die Medien, die Gerichte - sie spielen alle keine Rolle. Ein Mann entscheidet, wann das Foltern anfängt und wann es aufhört. Und das ganze Land gehorcht, die Geheimdienste, die Armee, die Polizei. Bis zur Folter.

Wir wissen das eigentlich. Aus der deutschen Geschichte und aus der Geschichte der anderen ebenso. Der Gehorsam ist der Feind der Zivilität. Es ist nur erschreckend, daran erinnert zu werden.

Obama hätte die Folterknechte bestrafen müssen. Er hätte ihnen bedeuten müssen, dass es Befehle gibt, denen man nicht folgen darf. Dass es eine Pflicht zur Befehlsverweigerung gibt. Dass die Moral die Grenze setzt. Straffreiheit für Folterknechte verletzt und schwächt die Moral. Die Grenzen verwischen. Und es wird ein nächstes Mal geben.

Lesen Sie dazu auch den wirklich guten Essay des Freitag-Autoren Rudolf Walther, den er nach der Veröffentlichung der ersten US-Folterskandale aus dem irakischen Militärgefängnis Abu Ghraib geschrieben hat.


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Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

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