Gas, Diamanten und Atom

Russland-Afrika Russland steigt ins Afrika-Geschäft ein, um China Paroli zu bieten. Auf seiner viertägigen Reise unterschreibt Präsident Medwedjew hochkarätige Verträge

Es ist ein ambitioniertes Projekt, für das Kreml-Chef Dmitri Medwedjew in der Nigerias Hauptstadt Abuja die ersten Verträge unterschrieben hat. Russland assistiert beim Bau einer 4.000 Kilometer lange Gas-Trasse, die das Niger-Delta mit Europa verbinden soll. Bereits 2010 will Moskau im Rahmen eines russisch-nigerianischen Gemeinschaftsunternehmens mit den ersten 360 Kilometern dieser Transsahara-Gaspipeline beginnen. Ein Vorhaben, mit dem Russland offenkundig der EU zuvorkommen will, die selbst an einem Pipeline-Projekt feilt, um Nigeria an das algerische Gas-Netz und damit an Europa anzuschließen. Das Rennen um die Kontrolle über die Pipelines aus dem Osten und Süden, die das energiehungrige Europa in Zukunft versorgen sollen, ist mit dem russischen Afrika-Vorstoß um eine Facette reicher.

Dass es gelungen ist, den Vertrag über das russisch-nigerianische Vorhaben abzuschließen, hängt nach Meinung des Moskauer Kolumnisten Andrej Fedjaschin damit zusammen, dass die Russische Föderation im Gegensatz zu westlichen Staaten und Firmen keine Forderungen stellt, Nigerias ausufernde Korruption zu bekämpfen und das Abfackeln von Gas zu beenden. Ob sich das russisch-nigerianische Pipeline-Projekt jedoch realisieren lässt, ist angesichts von Sicherheitsrisiken nicht ganz klar. Im Niger-Delta sind seit Jahren bewaffnete Gruppen aktiv, die sich gegen die Ausplünderung des Landes zur Wehr setzen und kurz vor dem Medwedjew-Besuch eine Pipeline der Royal Dutch Shell in die Luft sprengten.

Zweite Entdeckung Afrikas

Am Wochenende verabschiedete sich Medwedjew, den seine Reise zuvor nach Ägypten, Namibia und Nigeria geführt hatte, in der angolanischen Hauptstadt Luanda wieder von dem Kontinent. Im Überschwang nannten Moskauer Kommentatoren den viertägigen Besuch eine "zweite Entdeckung Afrikas". Etwas wehmütig erinnerten sie an sowjetische Zeiten, als Moskau den Befreiungsbewegungen Afrikas beistand und Tausende Afrikaner, die jetzt Politiker und Militärs sind, sowjetische Universitäten besuchten. Bei Medwedjews Afrika-Trip ging es freilich weniger um Nostalgie als um die Wiederbelebung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Insgesamt wurden während der Reise des Kreml-Chefs Gas-Verträge in einem Gesamtwert von drei Milliarden Dollar unterzeichnet.

Medwedjew startete seine Tour am Nil, wo sich der Professoren-Sohn im T-Shirt vor den Pyramiden von Gizeh ablichten ließ und damit bewusst einen anderen Akzent setzte als Wladimir Putin, der sich einst mit nacktem Oberkörper und Flinte fotografieren ließ. Medwedjew betonte, Russland sei "nie eine Kolonialmacht gewesen" und habe deshalb gute Chancen, wenn es sein Engagement auf dem afrikanischen Kontinent wieder verstärke. "Fast wären wir zu spät gekommen", gestand der Präsident und spielte damit offenbar auf China an. Das Volumen des Handels, den die Volksrepublik mit Afrika im Vorjahr betrieb, erreichte rund 100 Milliarden Dollar, während Russland mit den gleichen Partner 2007 gerade einmal auf einen Umfang von sechs Milliarden US-Dollar kam.

Neben der Kooperation im Gas-Sektor will Nigeria mit russischer Hilfe einen atomaren Forschungsreaktor bauen. Auch Ägypten und Namibia haben ihr Interesse bekundet, sich auf diesem Gebiet näherzukommen. In Namibia unterzeichnete denn auch die Gasprom-Bank mit der nationalen Ölgesellschaft Namcor einen Vertrag über den Bau eines gasgetriebenen Elektrizätswerkes. Die 800-Megawatt-Anlage soll Strom nach Südafrika exportieren. In Angola will das russische Staatsunternehmen Alrosa seine Beteiligung bei der Erschließung von Diamanten-Lagerstätten ausbauen, außerdem gibt es einen Kredit des russischen Staates für einen angolanischen Telekommunikations-Satelliten.

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