Furaha, eine 40-jährige Mutter, arbeitet gerade auf dem Feld, als sie von einer Gruppe bewaffneter Männer gefangenen genommen und vergewaltigt wird. Die folgenden sechs Monate muss sie ihnen als Sexsklavin dienen und täglich mit mindestens sechs von ihnen schlafen. „Einer schlug mich so stark, dass ich dachte, ich sterbe. Dann ließen sie mich einfach liegen. Ich weiß nicht, wie lange ich bewusstlos war. Das erste, woran ich mich wieder erinnern kann, das ist der Anblick von UN-Soldaten, die mich gerettet haben.“ – Furahas Geschichte zeigt, warum die mittlerweile bereits zehn Jahre andauernde und besser unter ihrem französischen Akronym MONUC bekannte UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo heute so notwenig ist wie eh und je. Furaha verdankt ihr buchstäblich das Leben.
Immer wieder Vergewaltigungen
Aber die Vereinten Nationen verfolgen einen falschen Ansatz, und oft hat MONUC die Menschen im Stich gelassen, denen sie eigentlich helfen wollte. 2009 nun wurde eine von der kongolesischen Regierung ausgearbeitete und von der UNO unterstützte Militärstrategie umgesetzt, die durch aggressives Vorgehen gegenüber Rebellengruppen eine Befriedung herbeiführen sollte – doch die Strategie ist gescheitert. Seit Januar 2009 mussten 900.000 Menschen ihr Zuhause verlassen und fliehen, mehr als tausend Zivilisten wurden getötet, Häuser abgebrannt, Frauen und Mädchen brutal vergewaltigt.
Diese Gewalt ist eine direkte Folge der Offensive kongolesischer Truppen gegen die Rebellen der Demokratischen Kräfte für die Befreiung Ruandas (FDLR) – einer Gruppe, die sich aus Verantwortlichen für den ruandischen Genozid von 1994 rekrutiert und seither im Exilland Kongo lebt. Die Vereinten Nationen haben dieser Operation ihren Segen erteilt, so dass die UN-Friedenstruppen die Kongolesen mit Lebensmitteln, Treibstoff, Logistik und gelegentlich auch mit Feuerkraft unterstützt haben. Auf den ersten Blick erscheint dieser Beistand bei der Bekämpfung der Hutu-Marodeure aus dem Nachbarland angebracht, andererseits steht das mit der Offensive verbundene Leiden in keinem Verhältnis zu ihrem Erfolg: Bis Oktober kamen nach Angaben von kongolesischen und internationalen NGOs auf jeden entwaffneten Rebellen ein getöteter Zivilist, schätzungsweise sieben vergewaltigte Frauen, sechs niedergebrannte Häuser und 900 Vertriebene.
Nicht zerschlagen
Die UN hätten die hohe Wahrscheinlichkeit eines solchen Ausgangs vorhersehen müssen. Die Soldaten sind schlecht bezahlt und undiszipliniert. Zudem ist es bekannt, dass es kongolesische Offiziere gibt, die gegen Menschenrechte verstoßen haben und dies auch weiterhin tun. Manche behandeln Zivilisten wie Feinde, andere haben gebrandschatzt, geplündert und vergewaltigt, wo immer sie hinkamen. Auch die FDLR hat schrecklich gewütet und auf die Offensive mit üblen Vergeltungsaktionen an Zivilisten reagiert. Die Menschen im Osten des Kongos sagen aus, die Offensive habe „einen schlafenden Teufel geweckt“, die FDLR verhalte sich nun noch aggressiver. Selbst die von der UNO eingesetzte unabhängige Expertengruppe sei – gemessen an ihren Ansprüchen – gescheitert: Man habe es nicht geschafft, die FDLR zu zerschlagen. Nach wie vor stelle sie eine Bedrohung für die Zivilbevölkerung dar.
Laut Mandat genießt der Schutz der Zivilbevölkerung höchste Priorität für das Peace keeping der UN. Doch laufen die militärischen Unternehmungen dieses Jahres dem komplett zuwider. Nachdem die humanitären Folgen monatelang heruntergespielt wurden, erklärt Alan Doss, der Chef der UN-Friedenstruppe im Kongo nun plötzlich, man werde die Operation am 31. Dezember beenden, um ihr eine gemeinsame Aktion zwischen UN und kongolesischer Armee folgen zu lassen. Diesmal wolle man besser für die Sicherheit der Zivilbevölkerung sorgen. Die Menschen im Ostkongo dürften gespannt sein, was geschieht. Nicht, dass es keine anderen Möglichkeiten gäbe, die FDLR zu schwächen, ohne Zivilisten zu gefährden. Ihre Reihen zu lichten, indem man eine Umsiedlung anbietet, ist eine davon. Eine andere würde darin bestehen, der Gruppe die finanzielle und strategische Hilfe aus dem Ausland abzuschneiden. Gegen den in Deutschland lebenden FDLR-Präsidenten wird bereits ermittelt, doch andere Mitglieder der Organisation verfolgen in Übersee weiter ungehindert deren Interessen.
Übersetzung: Holger Hutt
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