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Politik : Das Kriterium der Wahrheit

Der Spätherbst der programmatischen Positionierungen ist abgeschlossen. Die Frage, welche Partei in diesen Zeiten links ist, wird von Beschlüssen allein aber nicht beantwortet

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Mit den Parteitagen von SPD und Piraten geht ein Spätherbst der programmatischen Positionierungen zu Ende. Eigentlich sollte so etwas die Orientierung im politischen Koordinatensystem erleichtern. Doch sich widersprechende Schlagzeilen künden von einer Verwirrung: Ist das nun der große Linksruck gewesen, eine Verschiebung der Parteien-Tektonik in die, sagen wir mal, richtige Richtung?

Man kann die Geschichte durchaus so erzählen: Da gibt sich die Linkspartei ein neues, antikapitalistisches Grundsatzprogramm. Da antichambriert die Union mit Mindestlohn und gemeinsamem Lernen. Da beschließen die Grünen eine Vermögensabgabe und höhere Steuern für Besserverdiener. Da machen sich die Piraten eine allgemeine Lohnuntergrenze zum Ziel – als Brücke gar zu einem bedingungslosen Grundeinkommen. Und nun auch die SPD, die den Spitzensteuersatz erhöhen will und ihren Vorsitzenden sagen lässt, „die Mitte“ sei „wieder Mitte links“.

Es gibt freilich noch eine andere Erzählung von der parteipolitischen Gesamtlage. Die Union ist mitnichten auf dem Wege der Sozialdemokratisierung. Sie muss die Fliehkräfte am rechten Rand bändigen. CDU-Chefin Angela Merkel hält sich an der Heimatfront alles offen und geht in Europa weiter auf ein autoritäres Austeritätsregime zu. Die Grünen beglücken mit der Plastiktüten-Abgabe ihre Kernklientel, bleiben aber in Umverteilungsfragen weit hinter den Möglichkeiten zurück. Die SPD hat, heißt es, einen „Linksruck durch zu drastische Steuerpläne verhindert“. Die sozialdemokratischen Linken sind weder mit ihrer Forderung nach Revision der Rentenpolitik noch mit einer vergleichsweise bescheidenen Steuerforderung durchgekommen. Und auch die Beschlüsse der Piraten erweisen sich bei näherer Betrachtung als lasche Prüfaufträge für eine ferne Zukunft – ohnehin sieht sich die Partei weder links noch rechts, sondern vorn.

Diese Widersprüchlichkeit des Programm-Herbstes ist die eigentliche Botschaft. Mit dem Abstieg der FDP in die Liga der Sonstigen und angesichts des Aufkommens der Piraten gruppiert sich das Parteienfeld neu. Einerseits wiederholt sich dabei jener Effekt, der schon beim Aufstieg der Linken zu beobachten war: Die Konkurrenz reagiert mit dem Versuch, politisches Terrain links der Mitte zurückzuerobern. Dadurch wird es dort nun enger, weshalb die Parteien paradoxerweise zugleich stärker in die Mitte und darüber hinaus drängen.

Man sei, sagt der Piratenkapitän Nerz, die „liberale Kraft in Deutschland“. Da können die Verweser der FDP noch so klagen. Auch die Sozialdemokraten reklamieren Anspruch auf den von den dümpelnden Liberalen freigegebenen Platz – und bleiben zugleich bei der antiliberalen Vorratsdatenspeicherung.

Wohin also? 2013 ist eine Große Koalition des diffusen Weiter-so-Managments wahrscheinlicher als alles andere. Wer die Frage, welche Partei in diesen Zeiten links ist, beantworten will, darf sich von den Parteitagsbeschlüssen ohnehin nicht leiten lassen. In Sachsen-Anhalt hat die Mindestlohn-Partei SPD gerade ihr Wahlversprechen einer Lohnuntergrenze bei öffentlichen Aufträgen fallen gelassen, weil die Mindestlohn-Partei CDU das verlangt hat. Es bleibt dabei: Die Praxis ist das Kriterium der Wahrheit.

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