Zwei sind vorerst gerettet – einer bleibt am Boden. Da wäre zunächst die Europäische Währungsunion, die durch das Votum der Euro-Finanzminister mitteilt, dass sie sich den Partner Griechenland weiter leisten will, weil sie ihn sich weiter leisten muss. Alles andere würde die Eurozone einer akuten Vertrauenskrise aussetzen, die an den Finanzmärkten sofort die schwächsten und kreditbedürftigsten Euroländer zu spüren bekämen.
Gerettet fühlen dürfen sich auch die Gläubiger, weil Griechenland eine minimale, durch die EU garantierte und mit Krediten gestützte Zahlungsfähigkeit erhalten wird, über die seine Exekutive freilich nicht mehr selbst entscheiden darf. Es soll bekanntlich ein Sonderkonto für f
für fällige Zinszahlungen und Tilgungen eingerichtet werden, über dessen Gebrauch von der Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) bestellte Inspektoren entscheiden. Ein solcher Eingriff in die administrative Souveränität war noch nicht einmal für den Fall vorgesehen, dass Deutschland nach 1919 mit seinen im Versailler Vertrag auferlegten Reparationsleistungen in Verzug geriete. Offenbar wird mit solcher Fremdsteuerung Vorsorge getroffen, sollte aus den Neuwahlen im April eine Regierung hervorgehen, die mit dem jetzigen Übergangskabinett aus Nea Dimokratia und Pasok nicht mehr viel zu tun hat. Die Devise lautet – was an den Wahlurnen entschieden wird, hat wenig oder nichts mit der Politik zu tun, die danach von Griechenland erwartet und durch externen Einfluss garantiert wird. Eine außergewöhnliche Nötigung der Demokratie. Diese wird gewissermaßen im Handstreich von den Euro-Finanzministern ins Museale verabschiedet.Doch zurück zu den Gläubigern – was heißt ein Schuldenschnitt von etwas mehr als 50 Prozent der ausstehenden Verbindlichkeiten? Auf keinen Fall totaler Zahlungsausfall. Es wird einen Umtausch gegen neue Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten, längeren Tilgungsfristen und deutlich gesenkten Zinssätzen geben. Sicher führt das zu Abschlägen auf Griechenland-Bonds, aber zu keiner Abschreibung in Gänze. Auch werden besonders bei den im Griechenland-Geschäft exponierten Hedgefonds Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) greifen, mit denen die Forderungen an den Schuldner abgesichert sind.EZB bleibt expansiv Zu guter Letzt sei nicht vergessen, dass die Europäische Zentralbank angekündigt hat, Ende des Monats die europäische Banken-Szene – wie auch die in Griechenland engagierten Institute – noch einmal mit einer Geldschwemme zu fluten, die in etwa die Wucht des Kreditpakets vom 21. Dezember 2011 haben dürfte. Und darin lagen fast eine halbe Billion Euro, von denen man zu einem sagenhaft niedrigen Zinssatz von einem Prozent und einer Laufzeit von drei Jahren etwas abbekommen konnte. Die Angstkasse läuft also weiter voll und über.Was die Griechenland-Gläubiger – Banken, Versicherungen, Investmentfonds und so weiter – zu verkraften haben, sind demnach weniger Kapital- als Rendite-Ausfälle. Und die ergeben sich vornehmlich aus den Griechenland in den vergangenen Jahren aufgezwungenen Zinsen, die das Land in seiner Finanzmisere zwar hinnehmen musste, die aber mit seiner Zahlungsfähigkeit nicht das Geringste zu tun hatten. Wer an der griechischen Not verdienen wollte, wusste, was er tat, und welche Risiken dabei galten.Schließlich durfte beim Thema Zinszahlung und Schuldentilgung das schwindende Leistungsvermögen des Schuldners nicht ausgeblendet werden. Zwischen dem III. Quartal 2010 und dem IV. Quartal 2011 sind die griechischen Schulden von 139 auf 160 Prozent der Wirtschaftsleistung gewachsen. Das heißt, die Ökonomie hat nicht nur jede Fähigkeit verloren, Mittel zu erwirtschaften, mit denen sich Schulden begleichen lassen – sie ist vielmehr die Ursache dafür, dass immer neue Verbindlichkeiten entstehen. Wer da noch investiert, ist selber schuld? Nein, der tut es, weil er einigermaßen (nicht hundertprozentig) sicher sein kann, dass die Euro-Gemeinschaft einen Totalausfall Griechenlands und einen Ausstieg aus der Eurozone nicht wirklich verkraften kann.Viel zu gering Allem Gerede des FDP-Wirtschaftsministers Rösler zum Trotz wäre der Ansehensverlust beträchtlich. Warum hat man sich seit zwei Jahren mit Gipfelkonferenzen in Serie, Rettungsfonds und Hilfspaketen so exponiert? Griechenland abstürzen zu lassen, wäre schon Anfang 2010 möglich gewesen. Doch konnte sich das die EU als Wirtschafts- und die Eurozone als Finanzmacht damals ebenso wenig antun, wie sie es heute kann. Es geht um die Bonität dieses Währungsraumes!Wenn etwa die US-Rating-Agentur Standard Poor's bereits dem Eurorettungsfonds eine über jeden Zweifel erhabene Reputation – sprich: ein AAA-Zertifikat– abspricht, schrillen die Alarmglocken. Ganz zu schweigen von den Gefahren für Portugal, Spanien und Italien, die bei einem Totalausfall Griechenlands niemals ungeschoren davon kämen. Daran würde auch der ab Mitte des Jahres geplante neue Europäische Stabilitätsmechanismus ESM nichts ändern, dessen Kapitalausstattung viel zu gering ist, um einen Angriff – etwa auf Portugal – abwehren zu können.