Umzüge sind Teamsache. Je nach Vorbereitung und Kreis der Beteiligten können sie zu unvergesslichen Happenings oder zu magengeschwür fördernden und rückenschädigenden Ärgernissen werden.
"Ich bin es nicht gewohnt, Befehle entgegen zu nehmen!" wehrt sich Hans-Georg, als ihn Barbara mit bestimmter Tonlage bittet, doch jetzt endlich die Schläuche des Geschirrspülers abzuschrauben. Die Möbelpacker seien schließlich für zehn Uhr angekündigt.
Das verspricht, heiter zu werden. Barbara ist bei Hans-Georg an die Kategorie A in der Typologie der Umzugshelfer geraten. A steht dabei für "Alles selbst entscheiden! Möglichst wenig selbst anfassen."
Die Professionellen vom Umzugsunternehmen haben den vierten Stock erklommen und orien
tock erklommen und orientieren sich und die Herumstehenden spontan über den Fortgang: "Zuerst sollte wohl der Flur freigemacht werden ..." Das ist also die Essenz aus dem Erfahrungsschatz der Umzugsinnung - klingt aber trotzdem plausibel.Das Fußvolk stürmt los, die ersten Regalbretter und Plakatrollen werden einzeln die Treppen runtergetragen, Brigadeführerin Barbara sucht immer noch jemanden für die Geschirrspülschläuche. Offenkundig vergeblich, solange die Rohrzange nicht wieder auftaucht."Also, wir nehmen jetzt den Schreibtisch", sagt Profi-Heinz mit dem breiten Kreuz. Über seine Hakenkreuz-Tätowierung am Unterarm könnte man unter anderen Umständen ins Grübeln kommen. Sein Kollege Arnold - Assoziationen an den Namensvetter in Hollywood sind schwer zu unterdrücken - stellt sich bereitwillig neben das Arbeitsmöbel. "Ich würde es hochkant durch den Türrahmen heben", kommentiert Grundschullehrer Kai-Uwe und macht damit die Kategorie B der Umzugshelfer auf: B wie Besserwisser, Big Boss oder akademisch ausgedrückt: bull shiter sind besonders anstrengende Zeitgenossen, nicht nur unter Umzugsbedingungen.Mittlerweile ist tatsächlich die Parole "Wir können doch eine Kette bilden!" ausgegeben worden. Diese funktioniert jedoch bekanntlich nur dann, wenn alle ihren Sinn verstanden haben: Jeder Gegenstand wird jeweils einen Treppenabsatz getragen und dort - egal was passiert - an das nächste Kettenglied weitergegeben. Dieses Prinzip ist Christine, dem Charakter-Chamäleon der Kategorie C, nicht so ganz eingängig. Sie wetzt behende an allen ausgestreckten Händen vorbei und ist stolz, die Kaffeemaschine als erste in den Umzugs-LKW getragen zu haben. Auf dem Rückweg reklamiert sie dann aber energisch, die Kette würde doch gar nicht richtig funktionieren. Vielleicht sollte man sie direkt mit Kategorie-A-Hans-Georg bekannt machen.Barbaras Metallequipement im Schuhkarton gibt zwischenzeitlich Anlass zu bemüht heiteren Kommentaren, zum Beispiel über die Widerstandskraft der Schraubenzieher: "Für welches Zeitschriftenabo hast du denn diese Prachtexemplare gekriegt?" Die mit Hilfe der Abo-Prämie abgenabelte Waschmaschine hat zwischenzeitlich das Badezimmer unter Wasser gesetzt und identifiziert den beherzten Herbert als Umzugshelfer der Kategorie D, die eine Bandbreite von Dussel bis Dusel umfasst. Als er sich anschließend nämlich um die Demontage der Ballonlampen aus den siebziger Jahren kümmert, weist ihn Barbara gerade rechtzeitig darauf hin, dass sie die Sicherungen noch nicht rausgedreht habe.Hakenkreuz-Heinz (Kategorie E wie extraterrestische Elite) schultert unterdessen alleine den Elektroherd und trägt ihn federnden Schrittes die gut achtzig Stufen herunter. "Achtung, da kommt unser Herkules!" und andere bewundernde Kommentare genießt er mit schüchtern gesenktem Blick. Frederike gibt sich derweil als Inkarnation der F-Kategorie zu erkennen: Flexibel, fit und freundlich, der Sonnenschein trotz Schmuddelwetter! Schwer nachvollziehbar, dass sie mit Grundschullehrer Kai-Uwe verheiratet ist. Die Kategorien-Kombination ergibt bekanntlich BF - wie "Böse Falle!"Die Kette hat sich stabilisiert und die Nachzügler ("Hatte Stress mit Claudia!") dankbar integriert, die Wohnung leert sich dank des "Siegfried-Paares" Heinz-Arnold. Die abgenommenen Gardinen kaschieren nun nicht mehr historisch gewachsene Schimmelpilze, und Barbara stöhnt schließlich: "Bloß raus hier! Und geht alle noch mal aufs Klo. In der Neubauwohnung ist noch kein Wasseranschluss!" Der dort nach vollbrachtem Einzugschaos kredenzte Kartoffelsalat spaltet die Umzugshelfer der Kategorie K in Kalauer-Karl ("So´n Umzug mach ich doch sonst immer vor´m Frühstück!") und Querulanten-Kurt ("Würstchen ohne Kühne-Senf - was soll das denn?"). Unabhängig von ihren Kommentaren müssen beide bald jedoch aufs Klo ...