Der Niedergang einer Familie

Rollenwechsel Toni Morrisons Roman "Liebe" ist ganz einfach gute Literatur
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Liebe ist kein Roman über die Liebe, sondern über ihre Zerstörung. Wenn zwei Kinder zum ersten Mal in ihrem Leben so etwas wie Freundschaft erfinden, noch ehe sie Geschlechts-, Rassen- oder Klassenunterschiede kennen, wenn diese erste selbst gewählte Liebe zerschlagen wird, wird auch die Seele zerstört. Der das sagt, ist "L", der allwissende gute Geist, mit dessen Monologen das letzte Buch von Toni Morrison beginnt und endet. "L" war die Köchin, die ein halbes Jahrhundert lang in dem Hotel in Sooker Bay für die Coseys gearbeitet hat. Sie geistert durch die Geschichte, obwohl sie schon längst tot ist, wie auch Bill Cosey, der Patriarch. Er ist der Bezugspunkt, das Zentralgestirn, um das alle Frauen des Romans kreisen.

Er ist der Freund, der Fremde, der