Ihre Reden gleichen Manifesten, ihr Ton ist salbungsvoll und gebieterisch und ihre Sprache die einer strengen Richterin auf der Kanzel des Pfarrers. Sie selbst beschreibt sich als unbeugsam. Ihre Gegner hassen sie. Wenn Zoi Konstantopoulou, griechische Parlamentspräsidentin und führende Politikerin Syrizas, das Wort ergreift, dann naht Tumult. Erst kürzlich griff sie persönlich ein in die Parlamentsdebatte. Konstantopoulou, groß gewachsen und von kräftiger Statur, stieg vom Sitz der Parlamentspräsidentin hinab zum Rednerpult und griff die Opposition an. Danach begab sie sich zurück auf ihren Stuhl. Ein Regelverstoß. Greift die Parlamentspräsidentin in die Debatte ein, muss sie sich bis zur nächsten Sitzung mit einem Abgeordnetensitz be
begnügen. Nicht so Konstantopoulou.Der mittlerweile zurückgetretene Andonis Samaras von der konservativen Nea Dimokratia beschwerte sich und forderte die Regierung auf, die Regeln des Parlaments einzuhalten. Als nichts geschah, verließen Samaras und seine Fraktion empört den Raum. Nachdem sie zurückgekehrt waren, erklärte Konstantopoulou, ernst und bar jeder Ironie, den Regelbruch damit, dass sie Samaras mit ihrer Präsenz ehren wollte.Verärgerte OppositionSo ist die Stimmung im Athener Parlament. Statt ernsthaft und sachlich zu debattieren, verlieren sich die Abgeordneten in Grabenkämpfen. Daran hat auch Zoi Konstantopoulou ihren Anteil. Immer wieder gießt sie mit ihren Kommentaren Öl ins Feuer. Binnen kürzester Zeit hat es Konstantopoulou geschafft, die gesamte Opposition gegen sich aufzubringen, obgleich sie von allen Parteien zur Parlamentspräsidentin gewählt wurde. Auch innerhalb von Syriza sorgt sie für Diskussionen. Sie gehört zum linken Flügel, versuchte eine Abstimmung zu verzögern, mit der Tsipras das Mandat für Verhandlungen in Brüssel erhielt. Nun droht ihr sogar die Absetzung.In den Medien sorgte sie für Schlagzeilen, als sie von einem Tankstellenwärter verlangte, den Reifen ihres Autos zu wechseln. Als der Mann darauf verwies, dass dies keine Autowerkstatt sei, drohte sie: „Sie wissen nicht, wer ich bin!“ Bei den Menschen im Volk, in deren Namen sie unermüdlich spricht, ist sie längst zur Karikatur verkommen. Wer ist diese Frau, die ständig auf Konfrontationskurs geht?Geerbte Machtstellung?Zoi Konstantopoulou, 1976 in Athen geboren, Juristin, spezialisiert auf internationales Strafrecht und Menschenrechte und seit 2012 Parlamentsabgeordnete für Syriza, wandelt auf den Spuren ihres Vaters. Nikos Konstantopoulos, ebenfalls Jurist, war Mitglied im Zentralkomitee der sozialistischen Pasok. 1975 rief er eine eigene Partei ins Leben, 1989 wurde er Innenminister einer Regierungskoalition aus Nea Dimokratia und einem linken Wahlbündnis, das die Skandale der Pasok aufzurollen versprach. Von 1993 bis 2004 war Nikos Konstantopoulos dann Vorsitzender von Synaspismos, dem Vorläufer von Syriza. Zur gleichen Zeit arbeitete er als Berater einer Mediengruppe, zu der die Tageszeitung Kathimerini und der private TV-Sender Skai gehören. Darüber hinaus ist Nikos Konstantopoulos ein Freund der Öltycoon-Familie Vardinogiannis. Kurz: Nikos Konstantopoulos ist ein Mann, der viele Fäden in den Händen hält.Genau das werfen die Gegner nun Zoi Konstantopoulou vor. Sie habe ihre Machtstellung in Syriza geerbt und von den politischen und wirtschaftlichen Verbindungen ihres Vaters profitiert. Der Vorwurf lässt sich nicht belegen. Nur: Nichts in Griechenland ist stärker als familiäre Beziehungen. Sie öffnen alle Tore. Wer den Vater wählt, wählt auch die Tochter. Netzwerke sind das Fundament griechischer Politik, egal welcher Partei man angehört. Karrieren werden gemacht, indem man den Gegner attackiert und zugleich sein Freund ist. Nikos Konstantopoulos hat die mafiöse Verflechtung aus Medien, Politik und Wirtschaft immer harsch kritisiert. Zugleich hat er für Presse, Politik und Wirtschaft gearbeitet und ist dabei reich geworden.Was für den Vater gilt, muss aber nicht für die Tochter gelten. Zoi Konstantopoulou hat der Oligarchie den Kampf angesagt. Zudem rief sie eine sogenannte Wahrheitskommission ins Leben, um ans Licht zu bringen, wie Griechenlands Staatsverschuldung zustande kam und wer für die Sparpolitik verantwortlich ist. Ihr Handeln erweckt oft den Eindruck, sie sei ihre eigene Partei innerhalb Syrizas. Konstantopoulou versteht sich als Apologetin der Wahrheit und Gerechtigkeit.Manipulative Medien?Nun sind die Medien in ihr Blickfeld gerückt. Einem Journalisten vom TV-Sender Skai sagte Zoi Konstantopoulou: „Die Massenmedien sind die neuen Panzerketten, die das Volk unterdrücken.“ Ihre Beweisführung: Banken werben in den Medien, die Medien sind von Werbung abhängig, also beherrschen die Banken die Medien und somit das Volk. An anderer Stelle sagte sie, die Berichterstattung der privaten Medien sei manipulativ und gegen Syriza gerichtet. Die Privaten schürten Angst in der Bevölkerung und hätten sich offen gegen das Nein im Referendum ausgesprochen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, weil in Griechenland vor einer Volksabstimmung eine einseitige Berichterstattung verboten ist.ERT, den neulich wiedereröffneten staatlichen Rundfunksender, nahm Konstantopoulou von ihrer Kritik aus. Als Syriza in der Opposition war, nannte sie ERT noch die Propagandamaschine der Regierung. Der Sender berichtet traditionell regierungsnah – relativ unabhängig von der jeweiligen politischen Richtung. Nun diskutiert das Parlament, wie die Verflechtung aus Medien, Politik und Wirtschaft aufgebrochen werden kann.Neun Journalisten müssen sich vor einer Ethikkommission des Journalistenverbands verantworten und sollen sich zu ihrem angeblichen Anti-Syriza-Kurs äußern. Vorsitzende der Kommission ist die Journalistin Lina Alexiou. Die Mutter von Zoi Konstantopoulou.Placeholder link-2Placeholder link-1Placeholder link-3Placeholder link-4