Die müden Empörer

Herbst 89 Vom revolutionären Schwung zum restaurativen Schwank: Wie der Wandel ­immer wieder verhindert wird
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So wie wir heute demonstrieren, werden wir morgen leben. Eine weitsichtige Reaktion auf den schwarz-gelben Koalitionsvertrag? Weit gefehlt. Derart souveräne Einsichten bedürfen einer Gesellschaft in Bewegung, eines politisierten Volkes, das seine Ohnmacht abgeschüttelt hat. Dieses Glücksgefühl war im Herbst ’89 nicht vom Himmel gefallen, sondern hatte sich vorbereitet, in den Jahren der anschwellenden Unzufriedenheit darüber, wie Glasnost und Perestroika verhindert und Freiheitsrechte mit Füßen getreten wurden. Der unangepasste Teil der DDR-Kunst hatte das Individuum gestärkt, und wie eine Graswurzel bildeten sich in den achtziger Jahren halbprivate Gesprächskreise, oft unter dem Dach der Kirche. Es waren nicht gänzlich Unvorbere