Marktliberal, ganz auf die Karriere hin orientiert und schon in jungen Jahren der FDP nahestehend – wer ein solches Bild von Studierenden der Wirtschaftswissenschaften hat, sollte es wohl hinterfragen. Zumindest legt das eine jüngst publizierte Studie nahe. Demnach ist dastypische Erstsemester der Volkswirtschaftslehre (VWL) gemäßigt links, idealistisch und altruistisch. Zu diesem Resultat kommen Eva Schweitzer-Krah und Tim Engartner, die beide in Frankfurt am Main Sozialwissenschaften lehren; Engartner schreibt als Autor unter anderem für den Freitag.
Ausgangspunkt ihrer Studie Die Pluralismusdebatte der Ökonomik aus Studierendensicht ist die öffentlich rege diskutierte Legitimationskrise der Volkswirtschaftslehre: Zu mathematisch, zu weltfremd, zu wenig interdisziplinär sei der in der Ökonomie vorherrschende neoklassische Ansatz. Das ist keineswegs nur ein akademisches Problem. Denn die Entscheidungen und Empfehlungen von neoklassisch ausgebildeten Ökonominnen und Ökonomen beeinflussen die Lebensumstände von Millionen Menschen – meist negativ, in Form eines Rückbaus des Sozialstaates oder Steuersenkungen zugunsten einer Umverteilung von unten nach oben und zulasten der arbeitenden Klassen.
Schon 2000 regte sich, ausgehend von Frankreich, der Widerstand gegen diese Monokultur in der Volkswirtschaftslehre. Nach der globalen Finanzkrise von 2008, die viele Mainstream-Ökonomen wie begossene Pudel dastehen ließ, erfuhren studentische Initiativen für mehr Pluralität in der Ökonomie regen Zulauf. Ob ihre Kritik aber auch in der Breite von den Studierenden der VWL in Deutschland zur Kenntnis genommen worden ist – unter anderem das wollten Engartner und Schweitzer-Krah mit einer Umfrage herausfinden.
Sie lernen Konkurrenzdenken
Zu diesem Zweck befragten sie im Sommersemester 2017 schriftlich 351 Studierende der VWL im vierten Semester an den Universitäten Bonn, Frankfurt am Main, Hamburg sowie Heidelberg und Mannheim – ihre Umfrage ist daher zwar nicht repräsentativ, gleichwohl waren die Ergebnisse an den fünf Universitäten relativ ähnlich. Dies legt nahe, dass in den Stichproben allgemeine Wahrnehmungen zum Ausdruck kommen.
Rund 40 Prozent der Befragten gaben an, ihr VWL-Studium aufgenommen zu haben, weil sie selbst einen aktiven Beitrag zu einer besseren Welt leisten wollen. Deutlich nachgeordnet sind strategische, also etwa rein karrieristische Motive, wie etwa die Verbesserung der eigenen Jobchancen. In jedem Fall steht dies im Widerspruch zum Menschenbild, das der heutigen Mainstream-Ökonomik zugrunde liegt – dem vom Homo oeconomicus, der stets nur seinen Eigennutz im Sinn hat.
Dass das Klischee vom VWLer allerdings doch nicht ganz falsch ist, zeigen die Antworten, die Schweitzer-Krah und Engartner erhielten, als sie nach persönlichen Veränderungen im Verlauf des Studiums fragten: Viele Viertsemester stellten fest, dass egoistische Verhaltensweisen wie Karriere-Ambitionen oder Konkurrenzdenken seit Beginn ihres Studiums an Bedeutung gewonnen hätten, während derweil gemeinwohlorientierte Eigenschaften – Einfühlungsvermögen oder Hilfsbereitschaft – in den Hintergrund gerückt seien. Der Grund dafür, aus Sicht der Studierenden: das wettbewerbsorientierte Klima ihres Faches. So würden mehr als die Hälfte aller Befragten der Aussage zustimmen, dass das Studium das Leistungs- und Konkurrenzdenken fördere.
Angesichts der idealistischen Motive zur Aufnahme des VWL-Studiums ist anzunehmen, dass die Studierenden hier deutliche Unzufriedenheit mit der VWL artikulieren. Tatsächlich ist ein Drittel der Befragten teilweise oder überwiegend von der Ökonomik enttäuscht. Voll und ganz zufrieden zeigen sich nur 10,8 Prozent.
Diese Ernüchterung korrespondiert mit der negativen Bewertung der Methoden und Inhalte des Wirtschaftsstudiums. Die Fragen zur Reflexionsfähigkeit der Disziplin ergaben eine hohe Übereinstimmung mit der grassierenden Kritik an der ökonomischen Mainstream-Lehre, und zwar hochschul- wie geschlechterübergreifend. Die Befragten erleben ihr Fach als praxisfern, mathematisch fokussiert, wenig interdisziplinär und abgewandt von gesellschaftlichen Grundlagen. Knapp drei Viertel sind der Meinung, dass Wissen aus anderen Disziplinen wie Soziologie, Politikwissenschaft oder Geschichte notwendig sei, um wirtschaftliche Sachverhalte verstehen zu können. Eine Mehrheit spricht sich dafür aus, dass Verteilungsfragen generell stärker in die Wirtschaftspolitik einbezogen werden sollten, und zwei Dritteln ist die vermeintliche Einigkeit im volkswirtschaftlichen Fachdiskurs suspekt.
Führt dies aber dazu, dass sich enttäuschte Studierende intensiv mit der Kritik der pluralen Ökonomik an den Mainstream-Studieninhalten beschäftigen? Das ist nicht der Fall. Nur etwa jeder Zehnte tut dies, und nur 6,4 Prozent der VWL-Viertsemester in Bonn, Frankfurt, Hamburg, Heidelberg und Mannheim engagieren sich persönlich in den Netzwerken der pluralen Ökonomik. Immerhin aber hat schon knapp die Hälfte der Studierenden von der Pluralismusdebatte in ihrem Fach gehört.
Bemerkenswert ist, dass die Studierenden der Kritik an ihrem Fach, wie sie inzwischen vielfach in Medien thematisiert wird, nur bedingt zustimmen. Lediglich 22 Prozent sehen ihr Fach in einer Legitimationskrise. Im Gegensatz zur öffentlichen Debatte begreifen sie es nicht per se als unpolitisch. „Vielmehr schreiben sie den Wirtschaftswissenschaften durchaus die Rolle eines normativen Gestalters in der Gesellschaft zu, indem ökonomische Fragen aus ihrer Sicht nach objektiven Kriterien und nicht durch politischen Meinungsstreit entschieden werden sollten“, schreiben Engartner und Schweitzer-Krah. Mehr als die Hälfte ist auch nach der Wirtschafts- und Finanzkrise der Meinung, dass das freie Spiel der Märkte zu effizienten Ergebnissen führe. So fällt die Diskursreflexion gespalten aus: Die Studierenden teilen zwar einige Aspekte der öffentlichen Kritik, stellen die Grundannahmen des neoklassischen Mainstreams jedoch nicht zur Disposition.
Die Erklärung für diese „deutliche Diskrepanz zwischen einer eingehenden und teils schonungslosen Selbst- bzw. Fachreflexion und einer eher verhaltenen Diskursreflexion“ hat es in sich: Denn die Zunahme an egoistischen Verhaltensweisen wie Karriere-Ambitionen oder Konkurrenzdenken scheint „die Bereitschaft der Studierenden zu mindern, sich uneigennützig für eine fachliche Erneuerung in der VWL einzusetzen“, heißt es im Resümee zur Studie. Stattdessen würden die Studierenden prüfungsrelevanten Mainstream-Inhalten den Vorrang vor einem aufwendigen und ungewissen Engagement in der Pluralismusdebatte geben – ein „Das bringt doch eh nichts“-Denken, im Sinn von Aussagen wie „Das ist verplemperte Zeit und mindert meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt“.
Monokultur macht dumm
Das klingt durchaus plausibel – und sehr ernüchternd, was die Chancen auf eine Reform der Studieninhalte betrifft. Zumal gerade jüngere Professoren eine Legitimationskrise der VWL stärker verneinen als ältere und mehr jüngere Wissenschaftler sich dem Mainstream zurechnen lassen als ältere. Was aber tun, um die ökonomische Hochschullehre reformieren zu können? Engartner und Schweitzer-Krah schreiben von „externen, von Systemzusammenhängen losgelösten, professionellen Inputs, beispielsweise in Form von hochschulpolitischen Initiativen, alternativen Bildungsangeboten und einer verstehenden sozialwissenschaftlichen Begleitforschung“. Das klingt vage.
Vielleicht wäre es einmal eine Überlegung wert, die durch viele Studien belegte und an den Unis de facto verbindliche Vorgabe des neoklassischen Paradigmas vom Verfassungsgericht beurteilen zu lassen. Denn wie heißt es im 2014 von 70 Studentengruppen aus über 30 Ländern veröffentlichten Aufruf der „International Student Initiative for Pluralism in Economics“? „Pluralismus in der Volkswirtschaftslehre ist für eine gesunde öffentliche Debatte unentbehrlich. Pluralismus ist auch eine Frage der Demokratie.“ Die wenigen empirischen Befunde über pluralistische Kursinhalte scheinen das zu belegen: Diese fördern bei Studierenden das kritische Denken und die Problemlösungskompetenz. Und haben überdies noch positive Effekte auf das Lernverhalten sowie Schreib-, Kommunikations- und Analysefähigkeiten.
Kommentare 28
///Rund 40 Prozent der Befragten gaben an, ihr VWL-Studium aufgenommen zu haben, weil sie selbst einen aktiven Beitrag zu einer besseren Welt leisten wollen. //
Vielleicht ist die Diskrepanz gar nicht so groß, wenn man die Studenten fragen würde, was sie denn konkret unter einer besseren Welt verstehen?
Vielleicht sind diese Vorstellungen ja bereits ökonomistisch beeinflußt?
Während des Studiums erledigt dann das Dogma der Neoklassik den Rest.
Aber sehr erfreulich, dass das Thema "VWL unter dem neoklassischen Dogma=suspekte Lehre an den Universitäten" hier behandelt wird.
>>„Das ist verplemperte Zeit und mindert meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt“.<<
Eine Kernaussage. Unter kapitalistischen Herrschaftsbedingungen ist jede Ausbildung auf das Funktionieren in der Privatprofitwirtschaft ausgerichtet, und wer sich dem individuell entziehen will wird mit schlechten Einkommensaussichten bzw. Dequalifizierung bestraft. Daraus folgt, dass die gültigen Dogmen nicht aus dem System heraus infrage gestellt werden können, sondern wahrscheinlich nur „von unten“, das heisst aus einem nicht von oben honorierten Untergrund heraus.
Volkswirtschadftslehre (VWL) ist bestenfalls eine veraltete Kunstlehre, ganz sicher aber keine Wissenschaft.
Eigentlich ist es eine Ideologie wie der Marxismus, die dazu dient, bestimmten Gesellschaftsgruppen Argumentationshilfe zu leisten.
Dazu basiert sie auf den gleichen abenteuerlich weltfremden Grundannahmen wie die Mikroökonomie, die im Tagesgeschäft möglichst nicht kommuniziert werden.
Dafür eignet sich die VWL sehr gut für den politischen Diskurs, gibt ihm eine wissenschaftlichen Anklang und damit Autorität und ist gleichzeitig flexibel genug, um eine Aussage wie auch ihre Gegenaussage zu "beweisen".
//Daraus folgt, dass die gültigen Dogmen nicht aus dem System heraus infrage gestellt werden können, sondern wahrscheinlich nur „von unten“, das heisst aus einem nicht von oben honorierten Untergrund heraus.//
Es gibt durchaus Initiativen von Studenten und vereinzelt dem akademischen Lehrpersonal organisierte Debatten zu einer VWL, die das Dogma der Neoklassik in Frage stellen. Auf "yout" finden sich Videos solcher Veranstaltungen.
Und natürlich gibt es dissidente Wirtschaftswissenschaftler, die publizistisch tätig sind.
Ein Medium ist: https://makroskop.eu
Ihnen ist entgangen, dass es hier um die Lehre der Neoklassik geht und nicht um VWL als Ganzes?
Die neoklassische Theorie ist tatsächlich eine Ideologie, da sie die ökonomischen Realitäten nicht realistisch abbildet.
Dem Marxismus das Gleiche zu unterstellen, zeugt von wenig Beschäftigung mit dem Thema.
Welchen gesellschaftlichen "Gruppen" gibt denn der Marxismus Argumentationshilfe?
Ja, irgendwie progressive Stellungnahmen kenne ich auch, die gibt es ja auch auf den Nachdenkseiten. Aber man mogelt sich halt immer janz elejant am grundlegenden Widerspruch zwischen Privatprofit und gesellschaftlichen Notwendigkeiten* vorbei. Und ich glaube nicht an Homöopathie.
* um einige Probleme des Komplexes zu benennen: Rohstoffraubbau, Gesundheitsraubbau, ignorierte Energiegrenzen, Wohlbefindensbeschränkungen, kaschiert durch Konsumismus.
fehlt Ihnen da noch ein quäntchen zur konsequenten bilanz?
ist nicht alle menschen-rede/wissen-schaft eine flucht vor der einsicht:
die menschheit ist antiquiert! ?
zum volks-wirtschaftlich/-herrschaftlichen wochen-anfang:
gesellschaftlich-behebbare nöte brauchen,
um not-wendig-keit zu erreichen:
zur klärung kommunikative prozesse,
in denen mögliches von un-möglichem abgesondert,
klagen spezifiziert-adressiert,
damit mangel und bedrohlichkeiten massenhaft
bewußt und massiv, in organisierter form, gefordert
und dringlich werden.
ansonsten geschieht das üblich-amtliche,
von einfluß-reichen interessen gesteuerte
auf märkten und in geschäften.
Die Neoklassik tut so, als existierten die Probleme, die Sie benannt haben, gar nicht. Ökonomischer Blindflug.
Wenn man wegkommen will vom Privatprofit zu den gesellschaftlichen und ökologischen Notwendigkeiten braucht man ökonomische Alternativen und Modelle, die zunächst einmal den Stein des Dogmas beseitigen. Also einen Debattenraum. Auch wenn Sie das als Homöopathie(1) ansehen, also eine Verdünnung der Probleme. Ich begrüsse jeden Schritt.
(1)Im übrigen kann ich Ihnen aus persönlicher Erfahrung durchaus manche homöopathische Arzneimittel empfehlen. Die Kosten sind nicht hoch, keine Nebenwirkungen und bei mir haben die einen messbaren schnellen Erfolg.
Chemische Keulen von Medikamenten funktionieren bei mir nicht zuverlässig.
Jeder Jeck ist natürlich anders, aber wenn es unschädlich ist, dann kann man das mal probieren. Ich dachte früher auch homöopathische Mittel seien eher esoterischer Kram, bis ich sie selbst ausprobiert habe. Ob das nun wissenschaftlich bewiesen werden kann, oder nicht, ist mir latte, ich habe es an mir selbst erfahren, dass es wirkt.
>>Also einen Debattenraum.<<
Ein Debattenraum ist natürlich keine Homöopathie, schon weil er ja nicht als Heilmittel angepriesen werden kann, sondern allenfalls den Weg zur Apotheke erkunden ;-)
Was aber die Ökonomie angeht, so bin ich schon vor längerer Zeit zu der Meinung gelangt, dass wir an einer unfreundlichen Übernahme nicht vorbeikommen, wenn wir uns von einer immer sich immer weiter in den „Wachstums“-Wahn steigernden Privatprofitwirtschaft mit ihrem stetig wachsenden Zerstörungspotential und ihren abenteuerlichen Spekulationen nicht in den Abgrund reissen lassen wollen. Für die Übernahme der Ökononomie zwecks nüchtern vernunftgesteuertem Arbeiten/Konsumieren ist erst mal zu klären, wie wir zu der vernünftigen Denke gelangen können. Ohne Glaube an „richtig“ erscheinende Initiative von Firmengründern oder das Justieren diverser Stellschrauben am bestehenden Herrschaftssystem. Diese Diskussion müsste ergebnisoffen geführt werden, um sich keine Wege durch vorschnell servierte Rezepte zu verbauen. Neokeynsianismus wird es nicht sein, auch nicht das Errichten von Schutzwällen gegen Steuerfluchtfluchtwege, die von hochdotierten kreativen Chaoten immer wieder umgangen werden. Auch nicht der Glaube, dass Windrad- und Akkumulatorprofite die Welt retten werden. Usw. usf.
Ich versuche ja, dort wo Detaildiskussionen stattfinden (aktuelle z. B. über Schadstoffgrenzwerte in der Atemluft, ein bisserl zu den Grundlagen zu führen, nicht nur in diesem Forum. Wir müssen aber Geduld haben, darin stimme ich W. Endemann zu.
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Mit „chemischen Keulen“ oder Placebos kann ich nicht viel anfangen. Ernährung, Bewegung, und vor allem Bereitschaft zur Freude, heute zum Beispiel über den Sonnenschein auf dem über nacht gefallenen Schnee sind mir wichtige Komponenten der Gesunderhaltung. Und Wald & Wiese bieten eine Vielzahl an Heilmitteln wenn’s doch mal irgendwo zwackt. Nunmehr fast 70 Jahre bin ich damit gut gefahren, ohne schwere Erkrankungen.
Öööhmmm, nö. Stimmt so nicht. Es gibt makroökonomische Zusammenhänge, die der wissenschaftlichen Analyse würdig sind.
Hier wird stellvertretend beschrieben, wie ein jedes System das Wasser auf die Mühlen seiner Selbsterhaltung transportiert. Jeder Schritt beim Marsch durch die Institutionen ein Schritt weniger kritische Distanz. Nicht immer; aber genug, um genügend Trägheit zu generieren.
Als das Bestreben, das Maß an Wirklichkeit zu treffen, das als Wahrheit akzeptabel ist, beschreibt Thomas Fischer hier in einem Interview die richterliche Arbeit. Die neoklassisch durchprägte VWL hingegen strebt an ihren Wahrheiten festzuhalten, Wirklichkeit hin oder her. Das ist keine Wissenschaft, das ist Religion.
https://www.zeit.de/2019/06/dennis-snower-wirtschaftswissenschaftler-chef-institut-weltwirtschaft-kiel
noch paywall
immerhin wird jetzt- nicht zuletzt dank seiner frau, auch snower weich: die ambivalenzen des "wertes", den die vwl-klassik als homogen-widerspruchsfreie zentral-angel wie das goldene kalb umtanzt, - ebenso tun das die angeblich "linken" hauptströmungen z. b. im marxismus -, nunmehr anzuerkennen dürfte ein hauptschritt in eine neue, hoffentlich bessere richtung sein, - dies zumal da begleitet von vielen weiteren details der kritik an den (neo-)klassischen methoden u. kennziffern, z. b. der möglichkeit angeblich "blühender wirtschaftskraft", hohen bips usw. bei gleichzeitiger volksverarmung, ggfls. sogar bis zur hungersnot usw.
über diese erweiterungen des sichtfeldes sollte er/man aber die ungelösten inneren widersprüche innerhalb der altansichten, z. b. in der saldenmechanik, nicht vergessen, die auch ohne berücksichtigte wertambivalenzen schon erheblich sind, und aus denen man ebenfalls lernen muß.
hätt' man aber auch schon ab ca. 1980 haben können. zwar akzeleriert der erkenntnis-/theoriefortschritt deutlich (wenn man z. b. bedenkt, wie lange es im rahmen der mehr-wert-betrachtungen gedauert hat, bis das aristotelische gestalttheorem, das ganze sei m. o. w. oft "mehr" als die summe seiner teile, um die tatsache ergänzt wurde, dass dass ganze nicht selten weniger als die summe seiner teile ist), aber diese beschleunigung bleibt hinter der der veränderlichkeit & entfaltung/komplizierung der menschenwelt seit der moderne doch weit zurück, so daß sich auch ganz ohne die altbekannte nostalgie-melodie, früher sei es besser gewesen, heute vermutlich objektiv sagen lässt, frühere kulturen hätten anteilig mehr über sich selbst gewusst, als heutige.
zudem muß eine treffliche und normativ gut aufgestellte vwl das wahrheitsproblem der vernunft angemessen adressieren, wonach die parameter aller modelle notwendig zu einem hohen grad stets falsch sind, so dass die eigentlich richtigen verfahren, methoden, dispositive usw. geradezu zwingend unzutreffende ergebnisse in analyse u. urteil liefern müssen, und von daher nur falsche verfahren, methoden, ansätze und bewertungen aus falschen parametern zutreffendes erzielen können.
Absurdeste idee des jahrzehnts: "Vielleicht wäre es einmal eine Überlegung wert, die durch viele Studien belegte und an den Unis de facto verbindliche Vorgabe des neoklassischen Paradigmas vom Verfassungsgericht beurteilen zu lassen."
Genauso muss mensch sich eine deutsche universität vorstellen - mit peitsche und pickelhaube! Was der verfassung - die selbst politischer ausdruck der zustände ist - nicht entspricht, gehört verboten!
Buchhaltung (BWL) und mathematik der nationalen haushalte (VWL) sind auswüchse eines gesellschaftszustandes, dessen existenz sie rechtfertigen und dessen reproduktion sie sichern sollen. Mit der realistät müssen sie nicht unbedingt etwas zu tun haben, solange sie super-einfache politikkonzepte unter den bedingungen einer hyperkomplexe problemlage liefern: krise droht - also unternehmenssteuern sowie löhne runter! (Altmeier) Und dies nicht damit es den menschen besser geht, nein, damit die profite nicht sinken! Und wenn die krise trotzdem kommt - da kann selbst die "wissenschaft" nichts machen... So einfach ist das mit BWL und VWL.
Was das nun mit der kritik der politischen ökonomie (Marx) zu tun haben soll, können bestenfalls nur promovierte VWLer beantworten; BWLer scheitern bereits am begriff "politische ökonomie".
Danke für die Informationen !
//Was aber die Ökonomie angeht, so bin ich schon vor längerer Zeit zu der Meinung gelangt, dass wir an einer unfreundlichen Übernahme nicht vorbeikommen//
Ich wäre mit von der Partie, aber ich befürchte, dass wird nicht mehr in meiner Lebenszeit geschehen, eher, dass ich als Greisin, wenn es denn so sein soll, das zweifelhafte Vergnügen haben werde eine Vorphase des Umbruchs und der politischen Auseinandersetzungen um neue wirtschaftliche Ordnungen zu erleben. Ich gehe davon aus, dass eine Menge Spinner auf den Plan treten werden.
Eine wahrhaft rationale Arbeits-und Produktionsweise setzt ja ein Verstehen der der Funktionsweise von Arbeit, Kapital und Staat voraus. Was ist Geld, was sind "Schulden"? etc. Da hapert es schon mal.
Der Keynesianismus (und weitere Spielarten) will den Kapitalismus ja nicht abschaffen, sondern "vor sich selbst bewahren". Wenn das zunächst einmal dazu führt, dass nicht ein weiterer Weltkrieg angezettelt wird, um wieder Wachstum zu generieren, dann bin ich erst mal dafür die neoklassische Theorie unfreundlich zu beenden. Die Umwelt-und Ressourcenprobleme bleiben.
Allerdings ist aus dieser Richtung auch nichts mehr zu erwarten, glaubt man Heiner Flassbeck: "Warum ich kein Keynesianer mehr sein kann (und will) Von Heiner Flassbeck"
Auch muss der Ausverkauf durch Privatisierungen rückgängig gemacht werden. Märkte schließen, die Kommodifizierung des Menschen und des Lebendingen beenden. Das ist eine Hydra. Also ich möchte nicht auf ein Ende der Debatte zwischen neoklassisch/neoliberalen und keynesianischen Ökonomen warten.
Was hat denn W. Endemann gesagt, ich habe hier keinen Kommentar von ihm gesehen?
_____die Nebenunterhaltung: Also homöopathische Mittel sind keine Placebos. Zumindest die nicht, die ich geschluckt habe.
Das ist im Süden natürlich schön, wenn es eine echte Schneelandschaft mit Sonne gibt. Kaiserwetter. Viel Vergnügen.
>>Eine wahrhaft rationale Arbeits-und Produktionsweise setzt ja ein Verstehen der der Funktionsweise von Arbeit, Kapital und Staat voraus.<<
In der Gewerkschaftsjugend Ende 1960er/Anfang 70er Jahre haben wir in Wochenendschulungen ökonomische Grundlagen aus der proletarischen Perspektive vermittelt. Nicht abwarten, ob jemand die Information sucht, sondern die Information zu den Leuten tragen. Das kam auch an, weil da nicht vom Katheder herunter jemand seine unermessliche Weisheit predigte, sondern weil Kollegen/innen aus dem Betrieb Wissen vermittelten. (Misstrauisch beäugt von der SPDisten in Gewerkschaft und DGB) Als Bewegung waren wir zu schwach, es konnte von oben wieder sanft eingeschläfert werden. Aber ich halte das Prinzip trotzdem für richtig.
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>>Kaiserwetter<<
Ich nenne es „Rentnerwetter“ ;-)
//In der Gewerkschaftsjugend Ende 1960er/Anfang 70er Jahre haben wir in Wochenendschulungen ökonomische Grundlagen aus der proletarischen Perspektive vermittelt. Nicht abwarten, ob jemand die Information sucht, sondern die Information zu den Leuten tragen. //
Das muss man wieder aufnehmen. Das wäre eigentlich Grossaufgabe der Gewerkschaften. Es sollte auch ein Schwerpunkt in der Arbeit der PDL sein, anstatt sich mit vielen unpolitischen Themen zu zersplittern.
Ich habe das auch schon den MdBs der PDL meines Bundeslandes mitgeteilt, nachdem ich bereits schon eine Weile ausgetreten war. Das Parteitagstheater im Juni 2018 in Leipzig war der Auslöser. Vor dem EU-Wahltermin werde ich den Pappenheimern sagen, wieso ich den Kandidaten und Kandidatinnen nebst Programm keine Stimme geben werde. Das werden die alles verschnarchen. Und ich befürchte, dass sich #aufstehen nun auf dem selben Weg befindet. Progrämmchen zusammenstellen, wo alles mögliche miteinander verschränkt wird, was politisch nicht zusammengehört, und die Frage nach den Kernaufgaben wird mal wieder verpasst.
Nicht einmal der sogenannte Gewerkschaftsflügel SL in der PDL leistet das, obwohl die in der Vergangenheit immer gute Veranstaltungen organisiert haben, als ein Potential da ist.
>>Das muss man wieder aufnehmen.<<
Das hatte ich vor ca. 10 Jahren mal in einer Basisgruppe der PdL vorgeschlagen. Als ehemalige Teamerin der DBG- und ICPK-Jugend wäre ich bereit, an Aufbau und Betreiben von Arbeiterbildungsvereinen mitzuarbeiten, würde dafür sogar in die Partei eintreten. Die Antwort: "Damit lockst du heute niemand vom Fernseher weg!" Fernsehen gab es allerdings 1970 auch, und es waren durchaus junge Leute bereit, mal auf ein paar Fernseh- oder Discowochenenden zu verzichten um was zu lernen.
Für was steht denn die ICPK-Jugend?
Das wäre ja schlimm, wenn das Parteivolk nachher selbstständig denkt und macht, dann ist es Essig mit der "Repräsentation".
Probieren geht immer über studieren in so einem Fall, wer das nicht will, hat schon gezeigt, dass diese Pappenheimer keinen politischen Erfolg wollen.
War das in Bayern? In NRW gab es andere Ansätze, aber ich glaube, das ist auch eingeschlafen. Ich bin aber nicht mehr aktuell informiert.
Ich habe damals dafür plädiert, dass wir kurze Lerneinheiten vor Ort organisieren für unsere ganzen älteren Leutchen, denen schon alle Gräten weh tun, denn die karrt man nicht mehr in schlimme Jugendherbergen, um sie dort zwei Tage einzusperren und gruppendynamische Erlebnisse zu triggern, die wir nie wieder einfangen würden. Bei den jungen Leuten ist das kein Problem, die sind nicht TV-affin, vollkommene Fehleinschätzung. Ich hatte aber schon damals unsere alten Knaster auf dem Schirm, nach dem Motto: Es ist keiner zu alt, um noch etwas zu lernen und politisch aktiv zu werden.
Tja, viele Empfindungen von Studenten aus der Umfrage kann ich als ehemaliger VWL Student in der Rückschau gut nachvollziehen... ich habe mit einigem Idealismus angefangen, weil ich für mich die Welt erklären wollte, weil vieles einem doch seltsam erscheint da draußen. Dann geht es los mit der Neoklassik, die ich am Anfang durchaus interessant fand. Nach einigen Semestern fragt man sich, ob noch was anderes kommt. Das war nicht der Fall. Kurios ist, dass man nach einiger Zeit darin wirklich ein bisschen eingesogen wird und anfängt, diesen Ansatz vehement zu verteidigen. Man gleicht das Modell dann auch nicht mehr mit der Wirklichkeit ab oder betrachtet es gar unter normativen Gesichtspunkten. Ich kann mir das auch nicht so wirklich erklären. Auch das man am Ende des Studiums dann eher für den Arbeitsmarkt aus den Kursen auswählt muss ich bestätigen. Es gab irgendwann so ein gefühlten Stimmungsschwenk, dass alles "nicht-Verwertbare" was unnötiges sei. Es war einem absoluten Zufall zu verdanken, dass ich mit LIteratur in Kontakt gekommen bin, die die Wirtschaft aus einer sozialen, psychologischen, philosophischen und historischen Perspektive betrachtet und nach humanistischen Prinzipien misst. Erst dann habe ich die unfassbare Einseitigkeit dieses Studiums erst wirklich begriffen und das ich irgendwann aufgehört habe im Studium teilweise grundlegende und einfachste Fragen zu stellen. Das ist glaube ich auch das Hauptproblem: ich habe den Eindruck, dass jede Wissenschaft nur so stark ist, wie sie sich selbst reflektiert. Und was das angeht ist diese Disziplin einfach verheerend.
Ich finde alleine diese 10 Minuten sind ein ziemlich guter Stellvertreter für viele Verengungen in der VWL.
https://www.youtube.com/watch?v=wWThleHCt-c
Schon erschrecken wie unkritisch man werden kann... Und das ausgerechnet durch ein bildendes Studium...
>>Für was steht denn die ICPK-Jugend?<<
Die damalige Gewerkschaft IG Chemie, Papier, Keramik.
>>War das in Bayern?<<
Ja.
>>Es ist keiner zu alt, um noch etwas zu lernen und politisch aktiv zu werden.<<
Ja. Man kann Bildungsabende* für Jung & Alt veranstalten und vertiefende Wochenenden.
Die damaligen Gewerkschaftsjugend-Wochenenden wurden von Teilnehmern und Teamern eher als Freizeitgestaltung gesehen denn als „eingesperrt sein“. Es machte den Leuten spürbar Spass, in kleinen Diskussionsgruppen ohne Leistungsdruck den Kopf zu benützen.
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*Ich hatte in der erwähnten Basisgruppe mal ein Vorträglein über die Arbeit gehalten, vom Darwinfink über Nussknackerwerkstätten der Schimpansen bis zur Ladenkasse und elektronisch gesteuerten Fabrik. Und was die Schimpansenwerkstatt von der Menschenfabrik unterscheidet. Gab interessante Diskussionen. Allerdings beteiligte sich nur knapp die Hälfte der Anwesenden, den Anderen schien das Thema irgendwie unangenehm zu sein.
Nennen wir das Fach doch einfach "Wirtschafts- oder Markttheologie". Für Ungläubige eine Märchenstunde und für Überzeugungstäter eine Karriereleiter.
//Und was die Schimpansenwerkstatt von der Menschenfabrik unterscheidet. Gab interessante Diskussionen. Allerdings beteiligte sich nur knapp die Hälfte der Anwesenden, den Anderen schien das Thema irgendwie unangenehm zu sein.//
Weil das eine Demütigung ist sich darüber zu unterhalten, wie sich lohnabhängig Arbeitende zum Affen machen, und zu zu geben, dass man da mitmacht. Missbraucht zu werden ist schlimm, den Missbrauch zu zu geben auch, aber noch schlimmer, dass man da auch noch mitmacht.
Waren wir nicht schon weiter, kritischer? - Bedenkenswerte Analyse! - Diese "Monokultur" der Wirtschaftslehre setzt sich übrigens auch in den Schulen bei dem von den Arbeitgeberverbänden geforderten Fach "Wirtschaft" fort.
>>Diese "Monokultur" der Wirtschaftslehre setzt sich übrigens auch in den Schulen bei dem von den Arbeitgeberverbänden geforderten Fach "Wirtschaft" fort.<<
Ja klar. Man kann den Nachwuchs gar nicht früh genug für den Rechten Glauben konditionieren. Sonst fangen die noch an selber zu denken, siehe "Frydays for Future".
//Ich finde alleine diese 10 Minuten sind ein ziemlich guter Stellvertreter für viele Verengungen in der VWL.//
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah liegt, wie hier?:
Aus dem Vorspann bei den Nachdenkseiten, Zitat:
"...Unabhängig dagegen soll Hochschulforschung bleiben, ebenso wie Bildung. Privatschulen, halbprivate Forschungsmittel und Hörsäle, die den Namen großer Konzerne tragen, hält der Träger des Bundesverdienstkreuzes für giftig und nicht verfassungskonform."
Verlinkt einmal hier innerhalb der NDS, aber auch bei "youtube" zu finden:
Prof. Bontrup: Abschiedsvorlesung an der Westfälischen Hochschule in Recklinghausen am 21. Januar 2019
Also ein Student der VWL sollte doch zumindest mal den Name von Heinz-Josef Bontrup gehört haben, wenn nicht das eine oder andere seiner Bücher gelesen haben.
Sehr geehrter FGam,
vielen Dank für Ihren Erlebnisbericht! Bereits zwanzig Jahre her, aber ich fühlte mich sofort an meine Studienerlebnisse in der VWL erinnert: Die anfängliche Begeisterung über das systematische Herangehen an das Phänomen "Wirtschaft" und die zunehmende Skepsis ob der systematischen Ausblendung der Realität durch die Neoklassiker bzw. die Österreicher Schule.
Allein: Gelehrte wie Menger sagten ganz offen, dass sie nur l'art pour l'art betrieben und begründeten das mit der prinzipiellen Unübersichtlichkeit der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Diese Offenheit ist mit der "Operation Wunderland", der "Waage" und ihren Nachfolgern zum Verschwinden gebracht worden. Der Erklärungsanspruch ist plötzlich allumfassend und Fehlprognosen sind eher der mangelhaften Umsetzung marktwirtschaftlicher Prinzipien geschuldet als eigenen verzerrten Wahrnehmungen, um nicht zu sagen: ideologischen Verblendungen.
Aus meiner Sicht haben Sie jedenfalls das Kantsche Lernziel erreicht: die Befreiung aus der Unmündigkeit durch Nutzung des eigenen Verstandes. Und das gegen die Lernziele der Fachideologen: Ich ziehe den Hut!
Liebe community-Vielkommentatoren,
unterlassen Sie doch bitte Beiträge nach dem "Wie sich bereits aus der marxistischen Gesellschaftstheorie ergibt"-Muster! Das verstellt nicht nur den analytischen Blick auf die Wirklichkeit, hat nicht nur meistens nur wenig mit dem Artikelinhalt gemein, ist nicht nur potenziell linksdoktrinär (was im Übrigen einen Widerspruch in sich darstellt, da sozialwissenschaftliche Theorie und Doktrin sich ausschließen), sondern nervt!