Klingt doch gut: „Frei von Tierversuchen“ oder „Frei von Atomenergie“. Immer mehr Bankkunden legen Wert auf eine ethisch korrekte und nachhaltige Geldanlage. Mit Umweltzerstörung, Kinderarbeit und Rüstungsgütern mag sich zwar mehr Gewinn machen lassen, doch ein schlechtes Gewissen ist die Folge. Ethische Banken wie die Triodos-, GLS- oder Ethik-Bank stoßen in diese Lücke. Doch was bedeutet dieser Erfolg für die ethische Geldanlage? Geht das überhaupt: ein ethischer Kapitalismus? Die Soziologin Sarah Lenz hat ethische Banken in Deutschland unter die Lupe genommen.
der Freitag: Frau Lenz, angesichts fast täglicher Meldungen über Geldwäsche und Marktmanipulationen fällt es schwer, zu glauben, dass Geldanlage auch ethisch korrekt sein kann. Wie sieht die Praxis ethischer im Unterschied zu konventionellen Banken aus?
Sarah Lenz: Ethische Banken zielen nicht nur auf ökonomische Profitmaximierung, sondern wollen auch soziale und ökologische Kriterien in ihre Bankenpraxis miteinbeziehen. Das macht auch ihren Geldbegriff aus. Geld ist aus ihrer Perspektive ein Mittel zur Finanzierung gesellschaftlicher Bedürfnisse, beispielsweise einer Schule, der Regionalwirtschaft oder von Bildung und Kultur. Sie werben damit, dass man sieht, was das Geld bewirkt hat; wo und wofür das Geld „arbeitet“. Eine Werbung eines ethischen Geldinstitutes macht diese Verbindung besonders deutlich: „Konto eröffnet, Kindergarten gebaut“.
Ist das das faire Geld, von dem die Ethik-Bank in ihrem Slogan „Berühr die Welt mit fairem Geld“ spricht?
Geld erhält bei den ethischen Geldinstituten eine moralische Fundierung und wird losgelöst vom reinen Gewinnstreben. Im Sinne dieser Banken: Geld kann etwas für die Gesellschaft tun, wenn Banken die regionalen Bedürfnisse ernst nehmen und sich nicht auf den undurchsichtigen, flexiblen Finanzmarkt einlassen.
Geht das überhaupt?
Durchaus. In ihrer Praxis greifen ethische Geldinstitute beispielsweise auf Ausschlusskriterien zurück. Man verzichtet darauf, in Firmen zu investieren, die etwa durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe den Klimawandel befördern oder Tierversuche unternehmen.
Welchen Stellenwert haben denn ethische Banken gegenwärtig?
In Deutschland ist ihr Marktanteil gering. Er beträgt nur rund 0,3 Prozent. Allerdings wächst dieser kleine Anteil sehr, sehr schnell. In den USA, Großbritannien und vor allem in den Niederlanden ist er viel größer – dort macht das sogenannte Socially Responsible Investment (SRI) 20 bis 30 Prozent am Gesamtanlagevolumen aus.
Wieso ist Deutschland hier Schlusslicht?
Dafür gibt es mehrere mögliche Ursachen. Eine ist etwa, dass in Deutschland die umlagefinanzierte Rente eine größere Bedeutung hat als in anderen Ländern. Das reduziert die Möglichkeiten für ethische Geldanlagefonds. In Großbritannien etwa gibt es Vorgaben für staatliche Pensionsfonds, ihre Investments offenzulegen und einen gewissen Anteil an ethischen Anlagen in ihre Fonds zu nehmen.
Zur Person
Sarah Lenz , 34, ist seit März 2018 Oberassistentin am Seminar für Soziologie der Universität Basel und ab September Teil der DFG-KollegforscherInnengruppe „Zukünfte der Nachhaltigkeit“ in Hamburg. Nach ihrem Soziologie- und Germanistik-Studium in Trier und Wien promovierte sie 2017 am Institut für Soziologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Ihr Buch Ethische Geldinstitute. Normative Orientierungen und Kritik im Bankenwesen beruht auf ihrem Dissertationsthema
Ethische Banken sind kein neues Phänomen.
Nein, moralisch grundierte Geldgeschäfte gab es schon im 17. Jahrhundert. Religiöse Gruppen wie die Quäker in den USA oder die Methodisten in Großbritannien schlossen Finanzierungen aus, die im Zusammenhang mit Tabak, Sklavenhandel oder Glücksspiel standen. In den 1970er Jahren entwickelte sich dann in den USA mit der Apartheid-Kritik die ethisch fundierte Bankenpraxis. „Kein Geld für Rüstung und Apartheid“ lautete die Devise jener, die mit ihrem Geld nicht das Geschäft von US-Banken mit Pretoria unterstützen wollten. In diesem Kontext bekam ethisches Investment ein politisch-aktivistisches Element.
Sie haben auch mit ethischen Bankern gesprochen, die zuvor bei herkömmlichen Banken gearbeitet haben. Einer sagte Ihnen, dort gehe es nur um „Rendite, Rendite und noch mehr Rendite“.
Auf der einen Seite führt der Renditedruck dazu, dass sich die Banker weniger selbst verwirklichen können und diesen Renditedruck als externe Anforderung wahrnehmen, die sie in ihrer Handlungsfähigkeit beschränkt. Dadurch wird das Professionsethos des „ehrlichen Kaufmanns“, mit dem sich viele Banker im Kreditgeschäft weiterhin gut identifizieren können, unmöglich.
Woher kommt die steigende Beliebtheit von nachhaltigen oder ethischen Banken?
Ein Grund ist auf jeden Fall die globale Finanzkrise ab 2007, in der die negativen Auswirkungen von Derivaten oder spekulativen Finanzinstrumenten auf die Gesellschaft offensichtlich wurden. Ein weiterer Faktor ist die stärker werdende Nachhaltigkeitsorientierung in weiten Teilen der Bevölkerung. Und ein dritter Grund für die Beliebtheit ethischer Banken ist: Nachhaltigen Anlagen wird höhere Sicherheit zugeschrieben.
Ein Vorstandsvorsitzender einer ethischen Bank sagt sogar: „Das klassische Bankgeschäft, wie wir es heute kennen, wird es in naher Zukunft nicht mehr geben.“ Teilen Sie diese Einschätzung?
Ja und nein. Ja, weil ethische Banken eine Kritik am konventionellen Bankgeschäft artikulieren, mit der ein Großteil der Bevölkerung vermutlich einverstanden ist. Und das färbt durchaus auf die Praxis konventioneller Banken ab. Nein, weil das Investmentbanking und die Devisen- oder Nahrungsmittelspekulation dennoch wesentlicher Bestandteil der globalen Finanzmärkte bleiben werden.
Also reicht ethisches Investment nicht aus?
Nein, die passive Strategie des Ausschlusses bestimmter Praktiken auf den Finanzmärkten ändert an den globalen Strukturen nichts. Statt einer Politik der sauberen Hände bräuchte es eine stärkere politische Regulierung – sowohl der ethischen als auch der konventionellen Institute.
Regulierung lehnen auch ethische Bankerinnen und Banker ab, wie Sie in Ihren Studien herausgefunden haben. Warum?
Das legt zumindest ein Teil meiner Gesprächspartner nahe. Das Argument lautet: „Wir machen das doch schon. Warum wollt ihr uns denn jetzt noch etwas auferlegen, das uns das Leben schwerer macht?“ Oder: „Wir sind nicht die Schlechten.“ Aus dieser Perspektive bedarf es einer ethischen Erneuerung aus dem Bankenwesen selbst heraus. Ähnliches verbirgt sich auch hinter dem sogenannten Kulturwandel der Deutschen Bank.
Sie sprechen in Ihrem Buch von den Paradoxien der Ethisierung. Was ist damit gemeint?
Das grundlegende Problem der ethischen Banken ist folgendes: Wenn immer mehr Menschen ihnen ihr Geld anvertrauen, müssen sie dieses auch investieren. Das heißt, sie müssen neue Investitionsmöglichkeiten finden. Und weil man nicht nur die kleinen Biohöfe finanzieren kann, führt dies zu einer gewissen Konventionalisierung. So viele gibt es nicht. Letztlich werden durch die ökonomische Expansion die ursprünglichen normativen Kriterien ein Stück weit aufgeweicht.
Haben Sie dafür ein Beispiel?
In einem Wald sollten mit Krediten eines ethischen Instituts Windkraftanlagen errichtet werden. Doch das bedeutete die Vernichtung des Lebensraums für Wildkatzen und Fledermäuse. Ein moralisches Dilemma: Haushalte mit regenerativem Strom versorgen versus den Lebensraum von Tieren erhalten. Mit zunehmendem Wachstum geraten diese Banken häufig in solche Entscheidungsdilemmata. Hier müssen nicht nur ökonomische gegen ökologische Kriterien abgewogen werden; es müssen auch Rechtfertigungen innerhalb ökologischer Optionen gefunden werden, die aber wirtschaftlich tragfähig sind. Hier zeigt sich eine Tendenz zur ökonomischen Rentabilität.
Und? Wie entschied sich die Bank?
Sie gab den Kredit, die Windkraftanlagen wurden gebaut. Versorgung mit Ökostrom sei wichtiger als der Erhalt des Lebensraums, lautete das Argument.
Es gibt aber noch weitere Paradoxien.
Eine andere ist, dass sich durch die vermehrte Aufmerksamkeit für ethische Geldanlagen die Kundenklientel wandelt. Vermehrt konventionell orientierte Kunden eröffnen bei den ethischen Banken ein Konto. Die Folge: Die nachhaltigen Geldhäuser müssen für diese Nachfrage ein entsprechendes Angebot schaffen. Während die ursprüngliche Klientel durchaus bereit war, zu verzichten, fordern diese neuen Kunden eine – zwar nicht übertrieben hohe – Rendite ein. Diesen Ansprüchen müssen die Banken heute gerecht werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Hinzu kommt, dass ethische Banken zusehends mit konventionellen Privatbanken um ethische Anlageprojekte konkurrieren. Diese sind ihnen aber finanziell überlegen. Das Paradox besteht allgemein darin: Einerseits wird die nachhaltige, sozial-ökologische Orientierung im Bankgeschäft gefördert. Gerade aber diese Förderung führt dazu, dass die ethischen Kriterien aufgeweicht werden.
Das heißt, ethische Banken machen den Kapitalismus also nicht besser?
Da bin ich mir nicht sicher. Sie machen auf Missstände aufmerksam und sie sensibilisieren für einen nachhaltigeren Umgang mit Gesellschaften und der sie umgebenden Umwelt. Ob das nun den Kapitalismus besser macht? Ich bezweifle es. Ich denke nicht, dass es einen besseren oder einen schlechteren Kapitalismus gibt. Sondern es gibt Strukturen, die bestimmte Handlungsmöglichkeiten nahelegen. Hervorzuheben ist aber, dass ethischen Banken eine Vorbildfunktion zukommt. Ich bin davon überzeugt, dass schädliche Handlungsweisen auch dadurch reduziert werden können, dass keine finanziellen Anreizsysteme vergeben werden, zum Beispiel Boni. Diese üben einen enormen Leistungsdruck auf Banker aus und können verheerende Auswirkungen auf Gesellschaften haben.
Kommentare 19
Global, weltweit ist bestimmt der "Kapitalismus" (pur) weiter verbreitet - in Deutschland hoffentlich weiterhin eine Zwischenform, die soziale Marktwirtschaft. Ersteres kann man gern kritisieren und findet in mir einen Unterstützer - letzteres gleichzusetzen findet meinen Widerspruch.Kaum eine Branche ist stärker reguliert als die Finanzdienstleistung. Überregulierung soll schützen, kann aber auch lähmen. Auch hier plädiere ich für einen ausbalancierten Mittelweg.Es fehlt etwas ganz anderes! Haftung, Verantwortung. Kein Bankvorstand haftet "wirklich" persönlich. Abgefedert durch Haftungspolicen und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Kapitalgesellschaften. Eine anteilige Mithaftung sollte immer da möglich sein, wo auch der anteilige Gewinn in Form von Boni geteilt wird.Dies ist aber leider nicht der Fall.Der "ehrbare Kaufmann" ist ein Kaufmann - aber er macht eben nicht alles. Und er steht für seine Taten und Geschäfte ein.Wenn dieses konservative Bild wieder verwirklicht würde - hätten wir kaum Probleme.
es gibt auch keinen "ehrbaren kaufmann", handel ist immer übervorteilung, denn sonst entsteht keine rendite (billiger einkaufen/teurer verkaufen).
haften sollten übrigens nicht die vorstände, sondern die eigentümer. die vorstände haben gar nicht genug geld, um zu haften.
und weiter gedacht: was würde geschehen, wenn es eine umfassende haftung der eigentümer, nicht nur im bankenbereich, gäbe (z.b. auch im falle der umweltzerstörung)? es gäbe zu ende gedacht keine rendite/gewinne mehr, und der ganze schöne kapitalismus löste sich im chaos auf. daran ändert weder die "soziale" noch die "unsoziale" marktwirtschaft etwas.
an der stelle dann auch die frage: wie entstehen eigentlich renditen/gewinne? auf die antwort bin ich mal gespannt...
zur sog. "sozialen marktwirtschaft" (ein widerspruch in sich, sozial ist kein kriterium der marktwirtschaft): die kann es auf dauer nicht geben im kapitalismus. auf dauer gibt es da nur das auseinanderdriften der lebensverhältnisse, national wie international (nennenswerte "soziale" anteile der volkswirtschaft gibt es wenn überhaupt nur in wohlhabenden ländern, deren reichtum z.t. auf der armut anderer länder basiert).
von mitte der 50er bis in die 90er gab es einen leidlich wachsenden sozialen sektor, weil das wirtschaftswachstum bis in die 70er groß war, weil d-land schaufenster nach osten und frontland war, weil der geldadel angst vor enteignung hatte (bis i.d. 80er), weil es den sozialismus gab und mensch beweisen musste, dass der kapitalismus besser ist (daher der claim "soziale marktwirtschaft"). und weil allen die wirtschaftliche krise nach 1929 noch sehr präsent war und im nachgang dessen der keynesianismus die oberhand gewann (der wurde bekanntlich i.d. 70ern langsam vom neoliberalismus abgelöst, und zwar weil dem geldadel die renditen zu gering wurden).
dass es in d-land noch halbwegs soziale absicherung gibt, ist dem exportüberschuss geschuldet (heiner flassbeck nennt es exportierte arbeitslosigkeit). dafür verschulden sich andere volkswirtschaften, das ist also nicht nachhaltig. ohne diesen exportüberschuss, sähe es hier ganz anders aus.
zum thema "soziale marktwirtschaft" empfehle ich diesen artikel:
https://monde-diplomatique.de/artikel/!5220717
und zur genese des begriffs "soziale marktwirtschaft" diesen:
https://taz.de/70-Jahre-soziale-Marktwirtschaft/!5591244/
zum gesamtthema ungleichheit/umverteilung empfehle ich dieses buch von aaron sahr: "keystroke kapitalismus"
präzisiere noch meine frage: wie entstehen eigentlich renditen/gewinne GESAMTWIRTSCHAFTLICH?
>>…die vorstände haben gar nicht genug geld, um zu haften.<<
Das auch. Vor Allem aber sind sie angestellt und entscheiden nicht selbständig, sondern im Eigentümerauftrag.
Ich kann mir vorstellen, dass Mont Pèlerin Society und Atlas Network auch die „ethischen Banken“ mit der Zeit unterwandern (oder vielleicht schon dabei sind). Schliesslich sind sie schon seit langer Zeit die Hauptimpulsgeber des kaputtalistischen Wirtschaftssystems und haben Konzerne, Investmentbanken/“Schattenbanken“ und die meisten Regierungen unter ihre Kontrolle gebracht. Ein „ethischer Kapitalismus“ widerspricht den Zielen, die von den „neoliberalen“ Netzwerken und „Thinktanks“ nicht nur propagiert, sondern weitgehend durchgesetzt wurden.
@ ErftstadtboyWas Sie auch anderes vermuten oder ansehen, ich bin Kaufmann, und ich halte mich für einen Ehrbaren Kaufmann. Und habe von meinen zahllosen Kunden noch nie gegenteiliges gehört.Kaufmann sein heißt wirtschaften und Gewinne machen. Aber man macht (skrupellos) nicht alles. Man hat einen inneren Kompass, Werte und Tugenden, die einen leiten. Wo wären wir ohne Kaufleute? Selbst Bäcker: produzieren für circa 3, 4 Cent Brötchen und verkaufen es für 15 oder 20 oder 25 oder 30 Cent, je nach Lage und Qualität. Ist er deshalb kein Ehrbarer Kaufmann? Können Sie ja so sehen - ich sehe es anders!!Auf die schnelle kann man auch mal etwas überlesen. Wenn Sie nachlesen möchten, finden Sie "anteilige Mithaftung" - natürlich kann eine Haftung bei großen Unternehmen selbst das Vorstandsvermögen übersteigen. Anteilig und mit -so meine Worte. Ich gehe davon aus, dass Sie es einfach übersehen haben und NICHT sich nur herauspicken, was Ihre Weltsicht entspricht und alles andere ausblenden.Wie entstehen Renditen und Mehrwert? - Nun, indem man Mehrwert schafft. Indem man Güter verarbeitet oder Dienste anbietet, die andere bereit und willig sind zu kaufen - zum aufgerufenen Preis. Jeder kann gern selbst 1, 2 Brötchen die er verspeist selbst produzieren - oder die Arbeitsteilung nutzen und die 1, 2 beim Bäcker kaufen. Grundkurs Wirtschaft - da müssen wir wohl ganz von vorn bei Ihnen anfangen - wenn ich als Replik auf Sie auch polemisch werden darf. Angefangen hätte ich nicht damit...Nur weil Sie (und andere) behaupten, "soziales" kann es in der Marktwirtschaft nicht geben, muss dies nicht stimmen. Ich behaupte das Gegenteil. Alle Systeme sind von Menschen geschaffen, und die Regeln und Ausgestaltung geben sie sich auch. Es ist möglich, wenn wir es wollen...
Greenwashing ! Die Ökonomie kennt keine Ethik. Den Gesetzen des Kpitalismus ist Folge zu leisten.
>>…"soziale" anteile der volkswirtschaft gibt es wenn überhaupt nur in wohlhabenden ländern, deren reichtum z.t. auf der armut anderer länder basiert).<<
Die Ausbeutung der „dritten Welt“ wird gerne ausgeblendet, ja. Wobei, soweit es die BRD betrifft, die Armut des nichtbesitzenden Teils in der „Trizone“, ja nur durch einen Generalstreik* gemildert werden konnte. Woran im verlinkten TAZ-Artikel zu Recht erinnert wird. Also keineswegs durch irgendwelche „Einsichten“ marktextremistischer Politiker und ihrer Einflüsterer aus der „Wirtschaft“, sondern es wurde einfach auf den Streik reagiert, wahrscheinlich aus Angst, dass der in eine Revolution münden könnte. Eingesehen wurde allerdings in der Folgezeit, dass man die Bevölkerung im „kalten Krieg“ nur auf dem antirevolutionären Weg halten konnte, wenn sie materiell sediert wird. Nach 1990 bestand kein Grund mehr für diese Art der Ruhigstellung, deswegen wird sie permanent weiter abgebaut. Wobei die Ausbeutung der "dritten Welt" ja keineswegs gemildert wurde, siehe Einsetzen von korrupten Regimes, "regime change"-Kriege, Verlagerung von stark umweltverschmutzenden Produktionszweigen in arme Länder etc.
im kapitalismus geht es ums kapital (und daher wachstum). nicht um die menschen. sonst wäre es humanismus. wenn es ums soziale ginge, wäre es sozialismus (damit meine ich nicht den real existierenden, das waren erste, sehr misslungene gehversuche. aber der kapitalismus hat ja auch einige zeit und viele tote gebraucht, um leidlich zu funktionieren).
profit/gewinn ist das erste "grundgesetz" des kapitals. davon leitet sich alles ab. das ist in der menschheitsgeschichte relativ neu, ca. 600jahre alt (florenz/venedig).
dass firmen juristische personen werden können, ist ebenfalls relativ neu, dieses privileg hatten die italienischen kaufleute nicht. dieses privileg im zusammenhang mit beschränkter haftung (in ags/gmbhs usw) braucht kapital dringend, um wirklich expandieren zu können. haftung ist extrem verwertungsbremsend, deswegen wurde sie eng begrenzt. manch einer subsumiert es unter dem spruch "gewinne privatisieren, verluste sozialisieren". ein beispiel in jüngster zeit war die bankenkrise. aber bei weitem nicht das einzige.
dabei finde ich wie gesagt die haftung der manager nicht von interesse, solange sie keine miteigentümer sind. manager sind nur die offiziere der verwertungslogik, mir geht um volle, private haftung durch eigentümer. würde es die geben, wäre schnell schluss mit dem kapitalismus, zu hohes risiko.
die frage, wo gewinne gesamtwirtschaftlich herkommen und was das bedeutet, haben sie nicht beantwortet. ich spreche hier nicht wie sie von bwl und kleine bäckern, gegen die ich nicht viel habe, sondern von vwl.
dieser teil ihrer antwort ist die typische herablassende haltung von menschen, die bwl und vwl nicht auseinanderhalten können: "...Grundkurs Wirtschaft - da müssen wir wohl ganz von vorn bei Ihnen anfangen..."- ich erspare mir eine polemische retourkutsche, das wäre kindisch.
gegen arbeitsteilung habe ich übrigens nirgends etwas gesagt, die gibts ja auch schon deutlich länger als das derzeitige wirtschaftssystem.
und auf die mit dem industriekapitalismus verzahnte und durch ihn begründete ökologische krise gehen sie mit keinem wort ein. bei dem thema kann dann wohl von "ehrbar" nicht mehr die rede sein.
zum thema kapitalismus und erde/welt ist dieser artikel sehr klug und informativ:
https://monde-diplomatique.de/artikel/!5247299
stimmt genau!
@ Armin ChristBehaupten Sie! Ich behaupte das Gegenteil - sofern wir nicht von Kapitalismus pur, Manchester-Kapitalismus reden - sondern von der sozialen Marktwirtschaft.Ethik in der sozialen Marktwirtschaft, nur ein paar Beispiele:Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Renten- Kranken- Unfallversicherung, Mindestlohn, maximale Arbeitszeit je Woche und Tag laut Gesetz, Schulpflicht bis 18, etc etc.Können Sie ja alles als "selbstverständlich" empfinden - ist es aber weltweit nicht.
@ErftstadtboyWerden wir gern beide polemischer, wer zuerst angefangen hat - nun aus meiner subjektiven Sicht: Sie.Oder wir rüsten beide ab, mache ich gern den Anfang. Mir fällt auf, dass Sie stets nur Kapitalismus schreiben und ich immer auf die soziale Marktwirtschaft poche.Zumindest vom Modell, der Grundidee: für Sie ein und das selbe?!Erläutern Sie doch die gesamtwirtschaftliche Rendite gern, mit Ihren Worten, ich antworte GERN darauf - jetzt sehe ich, dass Sie Stunden später Ihre Frage präzisiert haben. Für diese zeitliche Verzögerung kann natürlich ICH etwas und nicht Sie... Schon klar...Sehr wohl bin ich auf das ständige ausbalancieren eingegangen und sehr wohl, dass weltweit nicht die soziale Marktwirtschaft vorherrscht. Egal ob sozial oder ökologisch: es muss angegangen werden. Wenn Sie dies so nicht wahrgenommen haben, klingt dies auch nicht nach einem gewsissenhaften Ehrenmann, sondern eher nach Scheuklappen.Und jetzt habe ich mich doch zur Polemik hinreißen lassen - Sie reizen mich. Es soll bitte von uns beiden SPORTLICH gesehen werden, NICHT ehrabschneidendn. Ich stecke ein. Ich teile aus.
Die genannten Beispiele für eine "soziale Marktwirtschaft" stammen aus der Zeit des Systemgegensatzes. Damals hatte der DGB doppelt soviel Mitglieder wie heute. Manche ihrer Beispiele entstammen aus der Zeit Bismatks, der damit die autentische Sozialdemokratie bekämpfen wollte (Rentenversicherung). Der Kapitalismus hat sich zu Zeiten des Systemgegensatzes redlich bemüht besser zu sein als die vom "real existierenden". Damals war die Kampfkraft der Arbeiterklasse erheblich besser und sehen wir uns um: wieviele diser Errungenschaften wurden denn seit de Untergang der DDR und der SU schon geschleift (allen voran durch Schröder/Fischer/Riester/Scholz) ? Der Kapitalismus versagte in der Wirtscahftkrise der 20/30 Jahre - vorher war das kein Schimpfwort - und wurde dann unter Beibehaltung seiner Substanz in "Marktwirtschaft" umgetauft. Jede Wirtschaftsornung ist eine Marktwirtschaft - das ist so seit der Steinzeit und wird auch im Kommunismus so bleiben. Entscheidend ist die Organisation des Marktgeschehens.
immer noch keine antworten auf meine fragen, weitere polemik, ich nehms sportlich. bzw. es kratzt mich nicht persönlich.
der ehrbare kaufmann: ziel des kaufmanns ist profit. d.h. zu einem bestimmten preis kaufen und dann teurer verkaufen. das beinhaltet den sog. ungleichen tausch. finde ich nicht ehrbar.
marktwirtschaft beinhaltet profit/gewinn, sonst ist es keine marktwirtschaft.
gesamtwirtschaftliche frage: wo kommt gewinn/profit her, wenn doch alle marktteilnehmer gewinn machen sollen und müssen (bei strafe des ökonomischen untergangs)? also alle mehr rausziehen wollen als sie reingeben? was ist für das "mehr" grundlegend? eine wachsende geldmenge (profit wird in geld gemessen). wie wächst die geldmenge, also wie entsteht geld in unserem giralgeldsystem? durch immer mehr kredite (vermögen und schulden sind zwei seiten der gleichen medaille), die übrigens durch nichts als den glauben der bank in die rückzahlfähigkeit des/der schuldner/in gedeckt sind. das kreditgeld entsteht per knopfdruck aus dem nichts (das von mir verlinkte buch des wissenschaftlers aaron sahr untersucht diesen topos). das beinhaltet, dass nicht profitorientierte gesellschaftliche belange nicht finanziert werden (bzw. nur, wenn sie zumindest indirekt der profitmehrung dienen, wie z.b. schule, unis, etc., oder eben auch sozialhilfe, die die konsumfähigkeit gewährleistet, das geld fließt über mieten und konsum wieder den unternehmen zu).
eine ständig wachsende geld- und daraus folgend schuldenmenge (seit den 50ern ist weltweit übrigens beides um den faktor 100 gewachsen, die kurve wird imm er steiler, d.h. exponentieller) bedeutet den zwang zu wachsender wirtschaft (ein menschheitsgeschichtlich eher neuer gedanke), also ausdehnung in bisher nicht profitorientierte bereiche (beispiel pflegeheime/kitas) oder neue geschäftsmodelle.
daher kann die sog. marktwirtschaft nicht angemessen auf die klimakrise reagieren. denn es wäre ihr ende, würden alle durch das extraktive wirtschaftsmodell anfallenden kosten berechnet statt externalisiert (stichwort gewinne privatisieren, verluste sozialisieren).
deshalb ist das adjektiv "sozial" aus meiner sicht unpassend zum substantiv "marktwirtschaft". eine marktwirtschaft kann sich wirklich soziales, gerechtes und nachhaltiges verhalten nicht leisten. denn dann gäbe es keinen profit mehr.
"marktwirtschaft kann sich wirklich soziales, gerechtes unnachhaltiges verhalten nicht leisten. denn dann gäbe es keinen profit mehr"
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@ ErftstadtboyIch nehme es Ihnen nicht übel, wenn Sie etwas überlesen. Mit Scheuklappen liest es sich auch nicht so gut - smile. Und die mangelhafte Formatierung hier Online ist auch nicht hilfreich.Aber wiederholen kann helfen:Erläutern Sie doch die gesamtwirtschaftliche Rendite gern, mit Ihren Worten, ich antworte GERN darauf - jetzt sehe ich, dass Sie Stunden später Ihre Frage präzisiert haben. Für diese zeitliche Verzögerung kann natürlich ICH etwas und nicht Sie... Schon klar...***Wenn Sie keine ehrbaren Kaufleute kennen, sollten Sie in kein Geschäft mehr gehen, keine Brötchen kaufen und auch sonst keine wirtschaftliche Tätigkeiten mehr - alles nur Verbrecher... - Was soll man dazu noch sagen...All die armen Bäcker, die "Geschäfte mit unserem Hunger" machen und es wagen, die Brötchen für 5 Cent Herstellungskosten für 25 Cent oder mehr zu erkaufen... Frechheit... - Vorsicht Ironie...Insbesondere "Der Freitag" würde ich an Ihrer Stelle auch kritisieren! Verschenkt einfach nicht die Zeitung, sondern verlangt Geld dafür, mehr als die Herstellungskosten. In den Gullag mit denen, alles böse Kapitalisten... - Vorsicht Ironie...
***Sie beschreiben das MODELL, wie unser Geldsystem funktioniert, korrekt. Aber nicht vollständig. Und das ist das Problem.Und einige Ansichten: man kann die Rentenzahlung und Gesundheitsfürsorge "gern" nur als Sicherstellung der Arbeitsleistung sehen... Und Schule auch NUR zur Vorbereitung auf produktives Ausbeuten.Dann kann man aber auch die Ehe nur als Ausbeutung sehen, zur Sexversorgung und Nachwuchsgenerierung. Und doch ist sie so viel mehr...
Und man kann Museen und Kultur nur als Opium und Ruhigstellung des Volkskörpers betrachten. Und doch ist es so viel mehr.
Diese Weltbilder teile ich nicht. Und anders als es plastisch einmal auszuschreiben kann ich nicht, irgendwo habe auch ich Grenzen...
**Fehlend im Geldmodell unter anderem Inflationsrate und Verluste. Gewinne sind nicht zwangsläufig, auch Verluste gehören dazu - ein immerwährendes ausbalancieren. Auch die Inflation nimmt einiges der wachsenden Geldmenge weg. Und die Preise der Güter. Es ist durch nichts rechtzufertigen, warum 1 Unze Gold heute 1500 kostet (beispielhaft) und vor 15 Jahren nur 500... Das Gut ist und bleibt identisch. Ebenfalls bei den berühmten Gemälden, die irrational jetzt für 20 Millionen verkauft werden und vor 20 Jahren nur für 3...
Warum diese blöden Beispiel?Nun, deshalb: " das beinhaltet, dass nicht profitorientierte gesellschaftliche belange nicht finanziert werden"Finanziert, gekauft und bezahlt wird das, was verlangt und gewünscht wird. Preise bilden sich NICHT rational...
Was ein Baum kostet, oder besser uns wert ist... wer kann dies sicher sagen... Genauso saubere Luft, Klimazertifikate, etc. Wer kann den Wert von sauberem Wasser exakt festlegen...
Wenn angeboten Preise nachgefragt werden, ist es OK. Und auch, wenn die Preise festgelegt werden (staatlich) für Umweltfragen und Co.Freue mich, wieder KONKRET Gegenargumente von Ihnen zu lesen. Wir werden bestimmt nicht dümmer. Aber bitte, bitte, bitte unterstellen Sie nicht unterschwellig der anderen Seite stets den "dummen-Jungen-Status." Das ist auf Dauer ermüdend.
"Aber bitte, bitte, bitte unterstellen Sie nicht unterschwellig der anderen Seite stets den "dummen-Jungen-Status." Das ist auf Dauer ermüdend"
das ist nicht meine absicht und tut mir leid. an welcher stelle haben denn den eindruck, dass ich sie für einen dummen jungen halte? ich habe meine textpassagen nochmal durchgelesen und keine gefunden. bitte helfen sie mir.
"Was ein Baum kostet, oder besser uns wert ist... wer kann dies sicher sagen... Genauso saubere Luft, Klimazertifikate, etc. Wer kann den Wert von sauberem Wasser exakt festlegen.."
ich rede eher von konkreten kosten als von wert. und zwar kosten, die z.b. durch übernutzung (degradation von ackerböden/vernichtung von co2-senken/etc) entstehen. die kosten dafür deckt seit jahrzehnten bis heute niemand. wird auf die kommenden generationen abgewälzt.
ebenso kosten für sog. umweltkatastrophen wie z.b. ölpest, chemieunfälle, atomunfälle, etc. zahlen die verursacherfirmen i.d. regel einen kleinen anteil von. eher bruchteile.
dann die kosten von alltäglichem wie verkehr (feinstaub/abgase/versiegelung/etc) oder landwirtschaft (erkrankungen durch pestizide/insektenverlust durch pestizide/etc).
diese liste lässt sich nahezu endlos fortsetzen.
das lässt sich alles recht gut berechnen (das umweltbundesamt, nicht gerade ein hort der systemkritik, gibt zu ein paar themen zahlen heraus). die summen sind astronomisch. und werden immer astronomischer. der weltklimarat hat ja festgestellt, dass bei gleichem co2-ausstoß in neun jahren so viel zusätzliches co2 i.d. atmosphäre ist, dass ein kippunkt erreicht ist, ab dem unkontrollierbare kettenreaktionen in gang kommen (über zig jahre). da reicht dann kein geld der welt mehr, wenn milliarden menschen und große teile der fauna und flora an den folgen der erderhitzung zugrunde gehen werden. eine erderhitzung, die zum großen teil ergebnis von marktwirtschaft ist.
dazu dieser artikel, der verschiedene aspekte der thematik deutlich klüger und besser als ich auf den punkt bringt
https://taz.de/Aus-Le-Monde-diplomatique/!5261091/
"Preise bilden sich NICHT rational..."
sehe ich genau so, und das stört mich.
"Wenn angeboten Preise nachgefragt werden, ist es OK."
sehe ich nicht so, die suv-preise werden z.b. nachgefragt, die produktion in dem segment steigt und steigt, finde ich ganz und gar nicht ok
https://www.theguardian.com/environment/ng-interactive/2019/oct/25/suvs-second-biggest-cause-of-emissions-rise-figures-reveal
die beiden vorigen aussagen von ihnen bedeuten zusammengefasst, dass nicht rational gebildete preise ok sind, solange sie nachgefragt werden, verstehe ich das richtig?
"Und auch, wenn die Preise festgelegt werden (staatlich) für Umweltfragen und Co."
das wird nicht passieren, weil die regierungen nicht die macht dazu haben. in marktwirtschaftlichen modellen haben die großen unternehmen die macht, die regierung sit abhängig von ihnen.
"**Fehlend im Geldmodell unter anderem Inflationsrate und Verluste. Gewinne sind nicht zwangsläufig, auch Verluste gehören dazu - ein immerwährendes ausbalancieren. Auch die Inflation nimmt einiges der wachsenden Geldmenge weg."
die verluste sind geringer als die gewinne, sieht man ja an den durchschnittlichen wachstumsraten, die für jedes jahrzehnt positiv sind. und daran, dass eben heute 100x soviel geld da ist wie 1950, da sind die verluste ja schon abgezogen.
auch die inflation ist geringer, zumindest sehe ich nicht, dass waren und dienstleistungen heute im schnitt 100x soviel kosten wie 1950 (eher ist der konsum mächtig angestiegen).
die inflation ist ja vor allem im konsumbereich in den letzten zwei/drei jahrzehnten recht überschaubar (außer bei den mieten). keynesianer behaupten das leige daran, dass die löhne nicht mit der produktivität steigen. die vermögenstitel/assets (immobilien/aktien/kunst/gold/etc) haben seit 2008 eine relativ höhere inflation, das stimmt (deswegen steigen auch die mieten in den ballungszentren/halbwegs gefragten gegenden). das liegt daran, dass die größeren vermögen überportional steigen.
"Und einige Ansichten: man kann die Rentenzahlung und Gesundheitsfürsorge "gern" nur als Sicherstellung der Arbeitsleistung sehen... Und Schule auch NUR zur Vorbereitung auf produktives Ausbeuten.Dann kann man aber auch die Ehe nur als Ausbeutung sehen, zur Sexversorgung und Nachwuchsgenerierung. Und doch ist sie so viel mehr...
Und man kann Museen und Kultur nur als Opium und Ruhigstellung des Volkskörpers betrachten. Und doch ist es so viel mehr."
habe an keiner stelle behauptet, dass irgendetwas "nur" ist (oder habe ich das, wenn ja wo?). habe nur geschrieben, dass "sozial" und "ehrbar" keine kategorien für marktwirtschaft sind. die kategorie heißt profit. ohne profit keine marktwirtschaft. z.b. verhungern seit jahrzehnten menschen nicht weil es gloabl nicht genug zu essen gäbe, sondern weil sie kein geld haben dieses essen zu bezahlen.
dass durch die marktwirtschaft für einen gewissen zeitraum ein kleiner anteil der menschheit recht luxuriös leben konnte und immer noch lebt, ist unbestreitbar. wir beide gehören dazu.
da sie nun die schule ins spiel bringen: diese instituion dient meiner erfahrung und auffasung nach vor allem als vorbereitung zur lohnarbeit (über sog. unternehmertum habe ich dort nichts gelernt). das, was ich in 13jahren inhaltlich gelernt habe, empfinde ich im rückblick als größtenteils zeitverschwendung (da muss ich nur a.d. geschichte leistungskurs denken...). habe in der tat auch schon von interessanten lehrern gehört, meist waren das alt-68er, die in großstädten progressiv lehrten, mir sind die i.d. provinz nicht begegnet. die wirklich interessante dinge habe ich in meiner freizeit bzw. nach dem abi gelernt, z.t. auch i.d. uni, und lerne sie bis heute.
die überwiegende mehrheit der kultur ist dazu da, dass alles läuft wie es soll, das sehe ich so, das ist ihre funktion. andere teile der kultur sind dazu nicht da, ohne diese anteile gäbe es logischerweise keine veränderung. die gibt es also auch. wobei konforme kultur durchaus hohe qualität haben kann und äußerst klug gearbeitet sein kann.
"***Wenn Sie keine ehrbaren Kaufleute kennen, sollten Sie in kein Geschäft mehr gehen, keine Brötchen kaufen und auch sonst keine wirtschaftliche Tätigkeiten mehr - alles nur Verbrecher..."
trotz ihres ironiehinweises: dann würde ich verhungern. will ich aber nicht. ich lebe ja zwangsläufig i.d. system, habe da keine wahl. versuche es eher von innen heraus zu verändern, wie viele andere. ob das gelingt, fraglich.
der freitag verlangt online nichts, muss aber innerhalb des systems ebenso bestehen, um aktiv sein zu können. also kostet die zeitung was.
mir geht es aber auch nicht um individuelle bäcker oder zeitungsverleger, mir geht es um das gesamte, um die struktur. eine struktur, die das leben auf diesem planeten innerhalb von 150 jahren in einer weise bedroht, wie noch kein menschliches gesellschaftssystem vorher.
deswegen wird der marktwirtschaft möglicherweise i.d. kommenden jahrzehnten die legitimität aberkannt werden (auch wenn es dann für meisten lebewesen zu spät sein wird, für viele ist es ja schon jetzt zu spät, stichwort artensterben). ich bleibe gespannt.
@ ErftstadtboyEs kann sein, dass bei den zahllosen Kommentaren wir oder ich nicht mehr rausfinden, wer angefangen hat. Vielleicht ich... Aber das letzt war halt eher für "dumme Jungen":dieser teil ihrer antwort ist die typische herablassende haltung von menschen, die bwl und vwl nicht auseinanderhalten können: "...Grundkurs Wirtschaft - da müssen wir wohl ganz von vorn bei Ihnen anfangen..."- ich erspare mir eine polemische retourkutsche, das wäre kindisch.***Auch das Umweltbundesamt setzt Preise fest, das könnte man willkürlich oder expertisen-gestützt oder eminenzbasiert nennen, je nachdem...Was ist der Preis für sauberes oder schmutziges Wasser, saubere oder belastete Luft - dies kann niemand sagen, sondern es wird festgesetzt. Das berühmte Glas-Wasser-Beispiel in der Wüste macht es deutlich: dort wäre man bestimmt bereit, tausende Euros dafür zu zahlen. In unseren Breiten wohl nicht.Nehmen wir an, die Preise vom Umweltbundesamt sind "OK". Ein Umlegen auf die Verursacher wäre möglich. Nicht von heute auf morgen, aber in planbaren Schritten und vorbereitender Zeit. In der Annahme, dass diese Preislenkung NICHT dazu führt, das alles so bleibt wie es ist und einfach nur teurer wird. Sondern das Umdenken und Veränderung passiert. Es kann ein 12l-Auto sein oder ein 3-l-Auto. ***Die aktuell von den Herstellern aufgerufenen Preise für SUVs sind OK, wenn diese bezahlt werden. Wenn nun ein Preisaufschlag dazukommt, Umweltauflagen oder SUV-Steuer oder oder oder - wird die Nachfrage sinken. Das ist der Preismechanismus. Dann werden wir nicht mehr 25 bis 35% SUV-Anteil an den Neuzulassungen haben, sondern vielleicht nur noch 5%.***Es ist heute mehr Geld da als 1950 - ob 100mal mehr oder Xmal mehr, vielleicht gibt es dazu eine Statistik... Die Kaufkraft ist entscheidend, Inflation, "Geld" in Form von Anlagen ist nicht identisch mit Geld... Sehr komplex!Ja, das Laib Brot hat vor 40 Jahren 1 Mark gekostet - und heute wohl 3 oder 4 Euro. Inflation, höhere Löhne, etc. Ist das positiv oder negativ oder neutral?***Nun, weder Sie noch ich haben den "ehrbaren Kaufmann" erfunden, es gibt wohl nicht wenige, die mit diesem Begriff etwas anfangen können. Der BWLer unterscheidet zwischen Profitmaximierung oder angemssenen Profit. Ersteres könnte man dem Kapitalismus pur, Manchester, zuordnen, letzteres der sozialen Marktwirtschaft. Jedes menschengemachte System kann ausgekleidet und interpretiert und gelebt werden. Stimmen Sie dem nicht zu?Wenn ich und XY entscheiden, ein angemessener Profit ist gut und reicht und man macht eben nicht "alles", sondern hat Grenzen und einen inneren Kompass - und dies wird durch UNENDLICHE staatliche Regulierung auch gesteuert - dann nenne ich dies weiterhin soziale Marktwirtschaft. Dies zu Ihrem Part:..."sozial" und "ehrbar" keine kategorien für marktwirtschaft sind. die kategorie heißt profit. ohne profit keine marktwirtschaft.****Ihnen geht es um die Struktur.Mir geht es um die korrekte Wahrnehmung und Einordnung.Wer in Deutschland 2019 und die Geschichte der letzten 50, 60 Jahre "Manchester-Kapitalismus" am Werk sieht - der sieht es vollkommen anders als ich.Wer nur die "reine" Lehre, Schwarz oder Weiß, Sozialismus oder Kapitalismus sehen kann und nicht die vielen möglichen Zwischenwege - der tut mir leid.Ich sehe, wie Arbeiter heute leben und wie diese noch 1950 und früher gelebt haben. Wer da nicht Riesenfortschritte sieht, und zwar umgesetzt nicht irgendwo, sondern in dem System was war und ist - der blendet die Realität aus.Sage ich irgendwo: alles perfekt! - Nein
Sage ich, dass die Nachhaltigkeit und Umweltkosten unbedingt berücksichtigt werden müssen: JA
Sage ich, dass es eine immerwährende Balance sein muss, um auch Engagement und Initiative zu fördern: JA
Mir fällt dazu spontan Brecht ein... "Bankraub: Eine Initiative von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank."