Onyeka Igwe & Christelle Oyiri.
Film Screenings & Artist Talk
Samstag, 5.3.22 | 16 Uhr
the names have changed, including my own and truths have been altered von Onyeka Igwe | Film Screening
Collective Amnesia: In Memory of Logobi von Christelle Oyiri | Film Screening und Sound Performance
Onyeka Igweund Christelle Oyiri mit Kuratorinnen Sarah Theurer und Elena Setzer | Artist Talk
Onyeka Igwe ist eine Künstlerin, die im Medium des Filmes sinnliche Formen der Geschichtsschreibung, der Wissensproduktionen und der Narration untersucht. Ihre Recherche in kolonialen Bild- und Filmarchiven wird dabei durch den Filter ihrer eigenen nigerianisch-britischen Identität geleitet. Durch Videomontage, essayistisches Voice-over, Verkörperung und Klang seziert Igwe die dominanten, linearen Erzählungen jener Archive und fächert zugleich komplexe, geschichtliche Überlagerungen aus einer autofiktionalen Perspektive auf.
the names have changed, including my own and truths have been altered (2019) verwebt ausgehend von der nebulösen Geschichte um Igwes Großvater vier verschiedene Erzählungen von je unterschiedlicher Materialität und Zeitlichkeit: Da ist das flimmernde 1990er-Videomaterial einer Nollywood- Adaption des ersten Igbo-Romans Omuneko (1933), in welchem Igwes Großvater als Nebenfigur im Konflikt um einen Händler auftaucht, der aufgrund des Verlusts seiner Waren seine Lehrlinge in die Sklaverei verkaufte. Da sind die intimen Gespräche mit ihrem Vater über jenen unbekannten Familienpatriachen; ein nigerianisches Volksmärchen über zwei getrennte Brüder, welches Igwe mittels vorgefundener ethnographischer S/W Aufnahmen illustriert; sowie Igwes eigene audio-visuellen Aufzeichnungen von einer Recherchereise in die Heimatstadt ihrer Vorfahren. Zusammengehalten werden die fragmentierten Ereignisse durch theatrale, geradezu überzeitliche Verkörperungen der Erzählstränge von Igwe und der Tänzer*in Titilayo Adebayo.
In dieser filmischen Assemblage entwickelt Igwe eine vielfach zersplitterte Herkunftsgeschichte, die über diasporische Erfahrungen der Distanz und Nähe sowie über das Verhältnis von Fiktion und Faktizität im Schreiben von Geschichte und Erinnerung reflektiert.
Christelle Oyiri ist Musikerin und DJ. In ihrer künstlerischen Praxis verbindet sie Performancekunst, Installation und Videografie miteinander. Ihre Arbeit beleuchtet vergessene Mythologien und den subtilen Zwischenraum zwischen Erinnerung und Entfremdung, DIY-Kultur und Technologie, Geopolitik und familiären Strukturen.
Oyiri präsentiert ihr Werk im Rahmen des neuen Performanceprogramms Echoes. In ihrer FilmarbeitCollective Amnesia: In Memory of Logobi(2018) setzt sie sich mit Clubkultur, kolonialer Entfremdung und unterschiedlichen Verständnisweisen von Zeitlichkeit auseinander. Die Filmvorführung wird von der Künstlerin musikalisch live begleitet. Die Performance ist inspiriert durch die Arbeit des Schriftstellers Kodwo Eshun über Afrofuturismus und Musik. Oyiri verbindet die west-afrikanische Erzähltradition der Griots mit der Geschichte des Logobi, eines urbanen afro-französischen Tanzes aus der Mitte der 00er-Jahre.
caner teker & Michele Rizzo.
Künstler*innengespräch
Mittwoch, 9.3.22 | 18 Uhr
caner teker & Michele Rizzo mit Kuratorinnen Sarah Theurer und Elena Setzer | Künstler*innengespräch | 18 Uhr
Higher.xtn von Michele Rizzo | Performance | 20 Uhr
caner teker setzen sich mittels Choreographie mit der Performativität von kulturellen Gemeinschaften und Identitäten auseinander.
Beeinflusst durch die eigene Familiengeschichte sind tekers Choreographien oft traditionellen türkischen Riten entlehnt. teker verbinden diese kulturellen Handlungsmuster mit zeitgenössisch-queeren und performance-theoretischen Perspektiven. Dabei eröffnen teker flexible Räume, in denen sich Gesten der Männlichkeit auch als Ausdruck von Verletzlichkeit und Erotik lesen lassen.
Grundlegend für tekers Auseinandersetzung mit kulturellen Riten ist dabei das Interesse an liminalen Zuständen der Unordnung und Neucodierung, die Publikum und Performer*innen gleichermaßen umfassen und scheinbar fixierte Repräsentationsmodelle verflüssigen.
Für Echoes erweitern teker das Plakatprojet Anarchiving, das im Zusammenhang mit der Performance KIRKPINAR (2020) entwickelt wurde. KIRKPINAR untersucht die Tradition des türkischen Öl-Wrestlings (Yağlı Güreş) auf die Möglichkeit zärtlicher und fürsorglicher Begegnungen, jenseits stereotyper Deutungen von Aggressivität und Dominanzbekundung. Die textbasierte Plakat-Reihe, die eine Marsha P. Johnson gewidmete Schriftart verwendet, enthält die verbalen Äußerungen verschiedener Zeug*innen eben jener Aufführungen. Auch Anarchiving (Echoes) begründet im Sinne einer oral history eine lebendige Geschichte dieser Ausstellung und durchzieht damit den Stadtraum.
Michele Rizzo ist ein multidisziplinärer Künstler, der an der Schnittstelle von skulpturalen und choreographischen Prozessen interessiert ist. Inspiriert von Beobachtungen über die historischen Verbindungen zwischen religiösen Ritualen und kollektivem Tanz, erforscht Rizzo, wie spezifische Formen der Bewegungen und der Berührung soziale Formationen prägen. Seine Trilogie Higher.xtn (2018), Rest (2020) und Reaching (2021) entfaltet verschiedene mentale und körperliche Stadien des Übergangs, die von Euphorie bis Erschöpfung reichen.
Im Haus der Kunst präsentiert Rizzo Higher.xtn, eine Performance, die 2018 für das Stedelijk Museum entwickelt wurde. In dieser widmet sich Rizzo der transformativen Kraft von Rave-Kultur und deren Räume als Orte der Aushandlung von Intimität und Öffentlichkeit. Synchronisiert von den repetitiven Rhythmen eines elektronischen Soundtracks von Lorenzo Senni, scheinen die Grenzen der einzelnen Körper zunehmend durchlässig zu werden. Inmitten des musealen Raumes werden die Zuschauer*innen zu Zeug*- innen einer vereinigenden Bewegung, die ansonsten der Dunkelheit vorbehalten bleibt.
Crystallmess.
Sound Performance.
Godspeed
Samstag, 12.3.22 | 20 Uhr
Sound Performance: Godspeed von Crystallmess
Im Rahmen von Echoes präsentiert Christelle Oyiri ihren Film Collective amnesia: In Memory of Logobi (2018), in dem sie sich mit Clubkultur und kultureller Entfremdung auseinandersetzt. Sie begleitet den Film durch eine Live-Partitur. Inspiriert von der Arbeit der Cybernetic Culture Research Unit und dessen Mitglied Kodwo Eshun zu Afrofuturismus und Musik, mischt ihre multidisziplinäre Performance Film und DJing mit der vokalen Form der Griologie, einer westafrikanischen Tradition des mündlichen Erzählens und Überlieferns.
Collective amnesia: In Memory of Logobi zelebriert die vergessene Geschichte von Logobi, einem urbanen Afrofranzösischen Tanz aus der Mitte der 2000er Jahre, der Hardcore-Techno und den Tanzstil Coupé Décalé vereint.
Außerdem wird Oyiri unter ihrem Pseudonym Crystallmess das neu produzierte, audiovisuelle Werk Godspeed (2022) aufführen. Es erforscht die Mythologie der in Ghana und an der Elfenbeinküste praktizierten matriachalisch organisierten Akan-Religion und die Macht ihrer Symbole. In dieser klanglichen Studie untersucht Oyiri vorkoloniale Spiritualität und deren Dissonanzen zu hegemonialen, monotheistischen Religionen.
Hylozoic/Desires.
Film Screening mit Sound Performance.
As Grand As What
Sonntag, 13.3.22 | 20 Uhr
As Grand As What von Hylozoic/Desires | Film Screening mit Sound Performanc
Hylozoic/Desires ist ein Performance-Duo, bestehend aus Himali Singh Soin und David Soin Tappeser. Die beiden Künstler*innen verbinden in ihrem gemeinsamen Werk experimentelle Poesie mit Jazz-Improvisation, um spekulative Zukünfte jenseits linearer Zeitvorstellungen zu entwerfen. Himali Singh Soins Texte, Performances und Videos kennzeichnet ein poetisches Erzählen. Soin verbindet darin spirituelle Kosmologien ihrer Ahnenwelt mit gegenwärtigen sozio-ökologischen Realitäten. Der Musiker David Soin Tappeser untersucht in seinen Kompositionen Vorstellungen von Zeitlichkeit und das Verhältnis von Zeitwahrnehmung und Klang.
Die multimediale Performance As Grand As What (2019 — 2022), die Hylozoic/Desires im Rahmen von Echoes präsentieren, thematisiert die Schlüsselrolle von Ritualen und ihren Symbolen in sozialen sowie in ökologischen Systemen. Ausgehend von einer Recherche über heilende Rituale der Vorfahren aus dem Himalaya und einem Mandala, welches das Buddhistische Praxissystem der Kalachakra (Sanskrit: Rad der Zeit) visualisiert, entwirft die immersive Performance eine Neuinterpretation dieser mystischen Geometrie. Eingebettet in eine Drei-Kanal-Videoprojektion und ein Klangbad, entfaltet sich eine Geschichte von der Suche nach einer verlorenen kollektiven Lebenskraft (bla oder prana), die durch Vorgänge der Erdung, der Zirkulation und der Regeneration heraufbeschworen wird.
Tarek Lakhrissi.
Film Screening.
Spiraling
Vom 3. – 13. März 2022
Film Screening: Spiraling von Tarek Lakhrissi über die gesamte Dauer der Ausstellungsreihe Echoes
Tarek Lakhrissi ist ein Künstler und Dichter, der mit Text, Film, Installation und Performance, sozio-politische Narrative und spekulative Situationen der Transformation entwirft. Inspiriert von feministischen und queeren Theorien von Autor*- innen wie Elsa Dorlin, Jean Genet, Monique Wittig oder José Esteban Muñoz, bildet die Performativität von Sprache und Poesie den Ausgangspunkt seiner künstlerischen Projekte. Weitere zentrale Aspekte von Lakhrissis Arbeit sind die Umdeutung popkultureller Referenzen sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Künstler*innen aus seiner künstlerischen „Wahlfamilie“.
Für Echoes hat Lakhrissi den neuen Film Spiraling (2021) entwickelt, der in Kollaboration mit der Shedhalle, Zürich, ko-produziert wurde. Inspiriert von Félix González-Torres’ ikonischem Werk „Untitled“ (Go-Go Dancing Platform) (1991) und gefilmt in den Räumen des Haus der Kunst, setzt Spiraling der autoritären Architektur eine kraftvolle Metapher entgegen: Die lasziven, kreisenden Bewegungen der Tänzerin Mila Furie, einer Queer Rights Aktivistin und Night-Performerin, überlagern sich mit Lakhrissis Stimme, die in poetischer Sprache ein Coming of Age-Szenario erzählt. Spiraling entwirft eine Taktik der Verführung, die mittels Poesie, Erotik und Pop vorherrschende Blickregime und Machtverhältnisse verkehrt.
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