»Die ganze Erde, die wir in uns tragen, der Staub in unseren Lungen, die Kristalle auf unserem Körper, die Steine in unseren Taschen, die Minerale in unserem Blut, unsere Risse und Brüche, unser Gold, unsere Edelsteine, am Ende kommt alles in der Erde zur Ruhe.« – Otobong Nkanga
Wie denken wir über den Boden nach, auf dem wir gehen, wie über dessen Heilung und Schutz? Otobong Nkangas Ausstellung erzählt die Geschichte der Elemente Erde und Wasser.
Im Erdgeschoss des Kunsthaus Bregenz herrscht Dunkelheit, ein kleiner Teich nahe der Glaswand funkelt. Er symbolisiert einen dunklen Abgrund, benannt nach dem ersten der vier Wandteppiche Unearthed – Abyss. Aus der flachen Mulde ragt ein mächtiger Baumstamm empor, der vermeintlich die Decke durchstößt und in die darüber liegenden Geschosse mit den Titeln Unearthed – Midnight und Unearthed – Twilight vordringt. Durch den hier nun verjüngten Stamm bohren sich Seile, die prächtige, in Murano hergestellte Glasobjekte halten. Von Nkanga mit Bodenproben und Pflanzen befüllt, stellen die amorphen Behältnisse klimatisierte Vitrinen dar, farbige Terrarien zur Aufnahme diverser Lebensformen. Im obersten Geschoss ragt die zerfetzte, angesengte Spitze des Baums aus lehmigem Boden hervor – der Titel des Raumes: Unearthed – Sunlight.
Die monumentalen Tapisserien sind Einzelanfertigungen, die eigens für die gewaltigen Betonwände und die Raumfolge im Kunsthaus Bregenz entworfen wurden. Nkanga fertigte sie an einer neuartigen, hochkomplexen Greiferwebmaschine der Firma DORNIER in Lindau in Zusammenarbeit mit dem TextielLab des TextielMuseums in Tilburg (Niederlande). Die Teppiche wirken wie Fenster in eine bunte Welt voller Leben am Rand einer kargen Landschaft. Farbige Fische und Muscheln bevölkern Korallenriffe vor dem Ozeanblau einer unberührten Tiefsee. Die Gewebe sind ebenso präzise wie malerisch, zwischen den Farbschlieren der Kettfäden, die manchmal wogen wie maritime Ströme, tauchen Rundformen auf, Kugeln, Himmelskörper, poetische Medaillons. Es ist ein Einblick in das maritime Leben und in eine besondere, Verbindungen schaffende »Art des Denkens«, so Nkanga.
Die Ausstellung im Kunsthaus Bregenz entstand in enger Kooperation mit regionalen und internationalen Partner*innen, darunter der Vorarlberger Lehmbaupionier Martin Rauch und die Experten des renommierten TextielMuseums in Tilburg, wo erst kürzlich eine von der Lindauer Firma DORNIER GmbH neu entwickelte großformatige Greiferwebmaschine in Betrieb genommen wurde.