Ergründen einer Beziehung

Zur Ausstellung Die Kunsthalle Baden-Baden als staatlich getragene Institution ein idealer Ort, um sich mit dem wandelnden Verhältnis von Staat und Natur auseinanderzusetzen. Eigens hierfür haben zahlreiche Künstler*innen künstlerische Beiträgen neu konzipiert ...
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Foto: Elias Asisi

Cengiz Tekin

Pastorale Sinfonie

Die Videoinstallation Pastorale Sinfonie (2021) des in Diyarbakır lebenden kurdischen Künstlers Cengiz Tekin zeigt die Zerstörung jahrhundertealter Siedlungsstrukturen durch gigantische Staudammprojekte. Tekin wirft die Frage auf, wo die Grenze zwischen der vom Menschen geschaffenen Umwelt und dem Zusammenbruch der Natur in den aktuellen Notstandsgebieten von Mesopotamien bis nach Mittelamerika verläuft.

Mehtap Baydu

Şahmaran

Die neue skulpturale Arbeit von Mehtap Baydu weist einen klaren mythologischen Bezug zur weiblichen Ontologie von Governance auf: In Şahmaran (2021) bezieht sich die in Berlin lebende Künstlerin mit zazaischen Wurzeln auf die gleichnamige legendäre Gestalt aus der Volkskunst Anatoliens, des Irak und Iran, die die Verletzlichkeit der Natur und weibliche Fruchtbarkeit symbolisiert. Ihre Unsterblichkeit ist auch ein berechtigendes Symbol weiblicher Weisheit und Widerständigkeit.

Days of Awe

Yael Bartana

In den frühen Morgenstunden des 4. Oktober 2020 inszenierte Yael Bartana die neue Performance Days of Awe (2020) auf dem Dach der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden. Diese Erfahrung hat sie in einen neuen Film transformiert (The Werewolf (AT) (2021)), der für die Kunsthalle entstanden ist und hier seine Premiere feiern wird. Eine Musikerin begrüßt die aufgehende Sonne, indem sie mehrfach in den Schofar bläst – ein Musikinstrument aus einem Widderhorn, das in der jüdischen Tradition ausschließlich an Yom Kippur erklingt. Der Klang des Schofars wurde verstärkt und breitete sich über ganz Baden-Baden aus. Yael Bartana verweist somit auch auf miteinander verbundene Aspekte von deutscher und jüdischer Geschichte, insbesondere im Rahmen des Jubiläums „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland”.

Flamingo Theatre

Stelios Kallinikous

Ausgangspunkt für Stelios Kallinikous Flamingo Theatre (2015) sind die komplexen Rückstände kolonialer Geschichte auf der Insel Zypern. In den fotografischen Arbeiten des zypriotischen Künstlers bilden Zugvögel ebenso wie am Himmel vorbei donnernde Kampfjets poetische Choreografien und lösen den vermeintlichen Gegensatz zwischen Staat und Natur auf. Durch diese Form der Koexistenz werden die britischen Streitkräfte und die Flamingos, die sich auf Zypern immer wieder auf ihren Zugrouten versammeln, zu ständigen Boten einer schwelenden Geopolitik und deren Folgen für das Ökosystem.

Two Shades of Green

Neda Saeedi

Neda Saeedi richtet in Two Shades of Green (2021) ihren künstlerischen Blick auf eine mögliche Zukunft, in der Architektur und lebende Pflanzen auf das Engste miteinander verbunden sind. Ihre Vision von Infrastruktur ermöglicht ein Zusammenleben, das gegenseitiges Gedeihen fördert, statt Kabel und Betonröhren durch die lebendige Erde zu treiben und Natur und menschliches Leben als Gegensatz zu begreifen. Für ihre Installation hat die iranische Künstlerin auf Spaziergängen in der Lichtentaler Allee, in der seit zwei Jahrhunderten zahlreiche Pflanzenarten aus aller Welt angepflanzt und aufgezogen wurden, Blätter gesammelt und in ein neuartiges Herbarium verwandelt.

The Longing Gaze

Agnieszka Polska

Agnieszka Polska setzt mit ihrem Video The Longing Gaze (2021) Fragen nach Beziehung und Konsens in Verbindung zum intimen Miteinander, ohne dabei die technologisierte Biomacht des globalen Kapitalismus außer Acht zu lassen. Die Corona-Krise hat gezeigt, wie hochentwickelte Überwachungsapparate unsere Lebenswelten ausspähen und festhalten. Gleichzeitig sind sie zu unserem einzigen verbliebenen Zugang zur Welt geworden; einer Welt, die uns nur noch über digitale Geräte erreicht, während sich unsere Körper angesichts des Virus voneinander isolieren.

13.07.2021, 14:21

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