Literatur aus dem europäischen Osten

Verlag Seit 36 Jahren existiert der Wieser-Verlag. In dieser Zeit hat er 1200 Bücher verlegt. Oft sind sie kontroversiell, spiegeln verschiedene Stilrichtungen und Herangehensweisen wider und vermitteln Tonalitäten aus unterschiedlichsten kulturellen Räumen
Nicht nur die Natur der Länder Osteuropas raubt einem manchmal den Atem – die Literatur ebenfalls
Nicht nur die Natur der Länder Osteuropas raubt einem manchmal den Atem – die Literatur ebenfalls

Foto: ADNAN BECI/AFP via Getty Images

Seit 1987 baut Lojze Wieser Brücken zwischen Ost und West. Seit knapp 30 Jahren ist er Verleger, seit zwanzig Jahren hat er seinen eigenen Verlag. „Europa“, schreibt Lojze Wieser, „kann nur erlesen werden: Buch für Buch, nicht Krieg um Krieg“. Wieser, ein Kärntner Slowene, zweisprachig an der Scheidelinie zwischen Ost und West, weiß wovon er redet, und er ist unter anderem Verleger geworden, um einer Literatur Sprache zu geben, die in dem bisherigen Raum wenig Gehör gefunden hat.“

Als er begonnen hat, Literatur aus dem Europäischen Ost zu verlegen, den vielen Literaturen ihres Raumes Gesicht zu geben, als er die slowenische, kroatische, serbische, albanische, bulgarische, rumänische, ungarische, tschechische, slowakische und polnische Literatur herauszugeben begann, war die Sowjetunion noch nicht Vergangenheit, Jugoslawien noch nicht von einem Krieg zerstückelt und die Europäische Union in der heutigen Form unerreichbar. Da haben wir alle das Hoffen gelernt. Da hatten wir die Ahnung einer vielstimmigen Welt im Sinne gehabt, von der die Autorinnen und Autoren in ihren Büchern, ihren Versen, ihren Erzählungen und ihren Träumen berichteten und wie sie deren Übersetzerinnen und Übersetzer ins Deutsche herüberbrachten.

In diesen 36 Jahren hat er knapp 1200 Bücher verlegt. Er hat die Wieser Enzyklopädie des Europäischen Ostens und die Reihe Europa erlesen begründet, in der knapp 8000 Texte von 3000 Autorinnen und Autoren abgedruckt – wovon ein Drittel von Übersetzerinnen und Übersetzern aus über 50 Sprachen ins Deutsche übertragen wurden.

Er hat den neu gepflügten europäischen Boden mit Büchern gesät und hat damit die Kultur zur Fortsetzung mit anderen Mitteln gemacht.

Dieses einzigartige Bemühen um internationale Verständigung und Versöhnung ist Ausdruck von Beharrlichkeit. Auch Briefbomben und Morddrohungen konnten bisher seinen Weg nicht beirren. Sein mutiges Engagement ist geleitet vom Wunsch, durch das näher bringen von Kultur und Sprache, den Menschen dauerhafte Achtung und Würde zu geben. Auf gleicher Augenhöhe.

29.03.2023, 19:30

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