Chronik einer Pandemie

Hintergründe Nachdem das primär die Atemwege befallende Coronavirus erstmals im Dezember 2019 in Wuhan ermittelt wurde, entwickelte es sich in der Volksrepublik China zur Epidemie und breitete sich schließlich weltweit zur COVID-19-Pandemie aus
Die zentralchinesische Stadt Wuhan war im Zuge der Corona-Pandemie für 76 Tage komplett von der Außenwelt abgeriegelt
Die zentralchinesische Stadt Wuhan war im Zuge der Corona-Pandemie für 76 Tage komplett von der Außenwelt abgeriegelt

Foto: Hector Retamal/AFP via Getty Images

Verlauf der Corona-Pandemie

Stand 11. Mai 2020

Mitte November 2019: In China werden Fälle einer neuen Lungenkrankheit gemeldet.

1. Dezember: erster Fall einer Covid-19-Infektion, der zweifelsfrei belegt ist

27. Dezember: Zhang Jixian, eine Ärztin des Hubei-Provinzkrankenhauses für Chinesische und Westliche Medizin, teilt den lokalen Gesundheitsbehörden mit, dass die Krankheit durch ein neues Coronavirus verursacht wird. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits mehr als 180 Menschen infiziert.

30. Dezember: Der chinesische Arzt Li Wenliang warnt in einer WeChat-Gruppe Kollegen angesichts einer Serie von Lungenentzündungen im Zentralkrankenhaus in Wuhan vor einem Virus, von dem er zu diesem Zeitpunkt annahm, es verursache das Schwere akute Atemwegssyndrom (SARS). Nachdem sich die Warnung im Internet verbreitet hat, werden Li und sieben weitere Kollegen am 3. Januar von der Polizei vorgeladen. Sie werden beschuldigt, »unwahre Behauptungen« gemacht zu haben, die die »gesellschaftliche Ordnung ernsthaft gestört« hätten. Li Wenliang muss unter Androhung von Strafe eine Schweigepflichtserklärung unterschreiben, an die er sich jedoch später nicht hält.

31. Dezember: Die chinesischen Behörden informieren offiziell die WHO, dass seit Anfang Dezember mehrere Fälle einer schweren Lungenentzündung in der Stadt Wuhan aufgetreten sind, deren Erreger bisher nicht identifiziert werden konnte. Das Chinese Center for Disease Control schickt am selben Tag ein Team zur Untersuchung der unklaren Fälle nach Wuhan.

1. Januar 2020: Der Südchinesische Markt für Meeresprodukte in Wuhan wird von den Behörden geschlossen.

7. Januar: Der mit der Virusidentifizierung befasste leitende chinesische Virologe Xu Jianguo erklärt, dass es sich bei dem Krankheitserreger um ein bis dahin unbekanntes Coronavirus handle.

10. Januar: Wang Guangfa, ein Vertreter eines zweiten nach Wuhan entsandten Untersuchungsteams erklärt im Zentralfernsehen, dass das Virus »nicht von Mensch zu Mensch übertragbar« und »unter Kontrolle« sei.

13. Januar: In Thailand wird der erste Fall außerhalb Chinas bestätigt.

19. Januar: Im Wuhaner Stadtteil Baibuting wird ein Bankett zum chinesischen Neujahrsfest für die Bewohner des Viertels abgehalten. Danach steigt die Zahl der Virusinfektionen sprunghaft an.

20. Januar: Der mit einem dritten Untersuchungsteam nach Wuhan entsandte Arzt Zhong Nanshan gibt öffentlich bekannt, dass eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung möglich ist.

23. Januar: Wuhan (zu diesem Zeitpunkt befinden sich etwa neun Millionen Einwohner in der Stadt) wird abgeriegelt. Niemand darf mehr raus oder rein, auch innerhalb der Stadt dürfen die Einwohner ihren Bezirk nicht mehr verlassen. Zugund Flugverbindungen werden ebenso eingestellt wie die Bus-, U-Bahn und Fährverbindungen. Bibliotheken, Museen und Theater sagen alle Veranstaltungen ab. Die Krankenhäuser der Stadt werden überrannt, viele Erkrankte müssen wegen fehlender Betten abgewiesen werden. Am selben Tag wird der erste Fall außerhalb Asiens in den USA bekannt.

25. Januar: Das Chinesische Neujahrsfest beginnt. Die ausgeweiteten Quarantänemaßnahmen betreffen inzwischen etwa 56 Millionen Menschen in 18 Städten Chinas.

26. Januar: Das Robert Koch-Institut (RKI) erklärt die Provinz Hubei inklusive der Stadt Wuhan zum Risikogebiet.

27. Januar: Die erste Erkrankung in Europa (Bayern) wird gemeldet.

29. Januar: Die gesamte Provinz Hubei wird abgeriegelt. Im Internet verbreiten sich Videos, die zeigen, dass Menschen aus Hubei, die sich in anderen Teilen des Landes aufhalten, aus Angst vor dem Virus gegen ihren Willen in ihren Wohnungen eingeschlossen werden.

30. Januar: Die WHO ruft die weltweite Gesundheitsnotlage aus.

2. Februar: Auf den Philippinen wird der erste Todesfall außerhalb Chinas gemeldet. Es handelt sich um einen Chinesen aus Wuhan.

6./7. Februar: Der Tod des »Whistleblowers« Li Wenliang, der sich selbst mit dem SARS-CoV-2-Viruss infiziert hat, löst in ganz China Bestürzung, Trauer und auch Empörung aus. Ein Untersuchungsbericht spricht ihn am 19. März von den Vorwürfen frei, nachdem sich Ende Januar bereits die Wuhaner Behörden bei ihm entschuldigt hatten.

9. Februar: Die Zahl der registrierten Todesfälle übersteigt mit über 800 die Gesamtzahl der Todesfälle der SARS-Pandemie 2002 /2003.

11. Februar: Die WHO gibt bekannt, die durch das Virus verursachte Erkrankung »Covid-19« (für »corona virus disease 2019«) benannt zu haben. Die WHO griff diverse Namensvorschläge nicht auf, die allesamt gemeinsam hatten, das Virus nach dem Ort seiner Erstidentifikation (der Stadt Wuhan) zu benennen. So soll verhindert werden, dass Vorurteile entstehen (wie etwa bei der »Spanischen Grippe«).

13. Februar: Die chinesischen Behörden ändern die Meldekriterien. Abweichend von den Vorgaben der WHO werden klinisch diagnostizierte Fälle ohne Virusnachweis erfasst. Die Zahl der Infizierten steigt allein in Hubei um 14 000. Diese Änderung wird am 20. Februar wieder zurückgenommen.

13. Februar: Die Zentralregierung enthebt die Parteichefs von Wuhan und Hubei sowie den Gouverneur von Hubei ihrer Ämter.

15.Februar: Frankreich meldet den ersten Todesfall außerhalb Asiens, eine aus China eingereiste Person.

17. Februar: Für die gesamte Provinz Hubei gelten fortan weitere verschärfte Maßnahmen. Apotheken und Supermärkte bleiben geöffnet, müssen aber bei jedem Kunden die Körpertemperatur messen. Zusätzlich müssen von jedem Käufer von Hustenoder Fiebermitteln alle Personaldaten erfasst werden. In der gesamten Provinz werden die Zufahrten zu allen Dörfern und Gemeinden gesperrt. Der Betrieb aller privaten Fahrzeuge ist untersagt. Gleichzeitig startet eine dreitägige Tür-zu-Tür-Erfassungsaktion, mit dem Ziel, ausnahmslos alle bisher unerkannten Fälle zu identifizieren und aufzunehmen.

20. Februar: Die Zahl der Neuinfektionen in China sinkt erstmals wieder unter tausend pro Tag.

23. Februar: In Italien werden die ersten beiden Europäer gemeldet, die an Covid-19 gestorben sind.

26. Februar: Erstmals werden mehr Neuinfektionen außerhalb Chinas als innerhalb gemeldet.

28. Februar: Das RKI bewertet das Risiko der COVID-19-Pandemie für die Bevölkerung in Deutschland als »gering bis mäßig«.

29. Februar: Das Coronavirus breitet sich in Ischgl in Tirol aus. Am 4. März stuft Island Ischgl als Hochrisikogebiet ein.

7. März: Die WHO meldet erstmals über 100 000 Infizierte weltweit bei 3486 Toten.

11. März: Die WHO spricht im Zusammenhang mit dem Erreger SARS-CoV-2 von einer Pandemie.

12. März: Die Stadt Halle an der Saale verfügt die Schließung der Schulen. In den folgenden Tagen folgen bundesweit alle Schulen und Kitas.

14. März: Das Skigebiet in Ischgl wird offiziell geschlossen. Allein in Deutschland werden mehr als 2200 Infektionen mit einem vorherigen Aufenthalt in Tirol in Verbindung gebracht.

16. März: Die Zahl der kumulierten Infektionen außerhalb Chinas (86 434) übersteigt die innerhalb Chinas (81 077).

17. März: Das RKI korrigiert seine Risikoeinschätzung für die deutsche Bevölkerung in »hoch«.

19. März: Erstmals gibt es weltweit über 200 000 Infizierte bei 8778 Toten. In Italien übersteigt die Zahl der Todesopfer die der gemeldeten in China.

24. März: Die Abriegelung der Provinz Hubei (mit Ausnahme der Stadt Wuhan) wird aufgehoben. Mehr als hundert Todesopfer in Deutschland. Nachdem weltweit bereits fast alle Sportveranstaltungen abgesagt wurden, entscheidet auch das Internationale Olympische Komitee, die Olympischen Spiele 2020 in Tokio zu verschieben.

25. März: Die WHO meldet über 400 000 Infizierte bei 18 440 Toten. Auch in Spanien gibt es nun mehr Todesopfer als in China.

26. März: Das RKI stuft das Risiko in Deutschland als »sehr hoch« ein.

27. März: Das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite tritt in Deutschland in Kraft. In den USA werden erstmals über 100 000 Infizierte gemeldet.

3. April: Mehr als tausend bestätigte Todesopfer in Deutschland.

4. April: Mehr als 1000000 Infizierte bei etwa 57000 Toten weltweit.

8. April: Der Ausnahmezustand in Wuhan wird für beendet erklärt. Auch weiterhin müssen die Bewohner an Checkpoints ihre Temperatur überprüfen lassen. Masken bleiben Pflicht. Offiziell zählt Wuhan bis zur Aufhebung des Lockdowns 50008 Infizierte und 2574 Tote. Nach offiziellen Angaben sind chinaweit bis zu diesem Zeitpunkt 81 740 Covid-19-Infektionen diagnostiziert worden und 3331 Personen daran verstorben.

17. April: China korrigiert die Zahl der an Covid-19-Infektionen Verstorbenen auf 4600, 3896 davon in Wuhan.

27. April: Nachdem in Deutschland Geschäfte unter 800 m2 wieder öffnen dürfen, wird eine Maskenpflicht im ÖPNV und beim Betreten von Geschäften und Seniorenheimen verordnet.

5. Mai: In Großbritannien fordert die Covid-19-Pandemie mehr als 30000 Opfer. Damit ist das Land das am stärksten betroffene in Europa. In den USA sind zu diesem Zeitpunkt bereits über 70 000 Menschen an Covid-19 gestorben.

11. Mai: Laut WHO überschreitet die Zahl der weltweit Infizierten die Grenze von 4 000 000, bei etwa 279 000 Toten.

04.06.2020, 08:08

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