In Kooperation mit literaTurm – 10. Literaturfestival FrankfurtRheinMain

Von Zorn und Wut

Alle zwei Jahre veranstaltet die Stadt Frankfurt ein großes Literaturfestival. 43 Veranstaltungen, gewidmet der zunehmenden Gereiztheit gesellschaftlicher Debatten, mit Autor*innen, Wissenschaftler*innen und Journalist*innen sind hierfür geplant

Von Zorn und Wut

Foto: Alexander Paul Englert

Zum Kommentar-Bereich

literaTurm – Literaturfestival FrankfurtRheinMain

Frankfurt am Main

Termine: 23.– 29.3. März (Abgesagt)

Veranstaltungsort:
Frankfurt und Rhein-Main-Region

„Was lag in der Luft? – Zanksucht. Kriselnde Gereiztheit. Namenlose Ungeduld. Eine allgemeine Neigung zu giftigem Wortwechsel, zum Wutausbruch, ja zum Handgemenge“, so heißt es in Thomas Manns Zauberberg. Die große Gereiztheit, die in der Schweizer Lungenheilanstalt nach der unendlichen Langeweile der gedehnten Zeit so plötzlich ausbricht, fungiert heute als Chiffre unserer Zeit.

Affekte treten an die Stelle von Argumenten. Das Selbstverständnis einer bürgerlichen Öffentlichkeit, die sich über ihre Werte und Normen argumentativ verständigt, erodiert an den Rändern. Empörung, Zorn und Wut als Auswüchse überschießender Aggressivität im realen, vor allem aber im virtuellen Raum verändern das gesellschaftliche Klima. Unser demokratisches Gemeinwesen muss diese Neigung ins Extreme permanent austarieren. Von einer „Zornzerstreuung“ im Hier und Jetzt, wie sie Peter Sloterdijk unter Anrufung des antiken Thymos als der Instanz für zornige Aufwallung beklagte, kann keine Rede sein. Ob auf der Straße, in den Parlamenten oder im Internet die Erregungsspirale dreht sich immer schneller.

Große Themen wie der Klimawandel oder Petitessen wie das Foto von Greta Thunberg in einem ICE kochen auf denselben Siedepunkt hoch. Erregung hat sich in ein Kollektivsyndrom verwandelt, das von den sozialen Medien getriggert wird. Das bedeutet nicht, dass Hass und Hetze ein reines Internet- Phänomen sind. Radikale Parteien machen mit Affekten reale Politik Zornpolitik eben. Sie wissen, wie die Soziologin Elke Wagner es formuliert, dass Argumente Verhandelbar sind, Emotionen dagegen nicht. Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen, einer der profiliertesten Kritiker der großen Gereiztheit leidet zunehmend unter rage fatigue und ruft zur Abkühlung auf.
Zugleich gehört zur Erregung immer auch ein Moment von Energie, Leidenschaft, Wachheit und Interesse die Voraussetzung, um an wichtigen gesellschaftlichen Prozessen teilzuhaben. Ins Produktive gelenkt, erzeugen Erregungen Geist und Witz. Mehr noch, können sie durchaus auch ästhetische Qualität besitzen.

Zum Programm des literaTurm Festival

Articles & Services

Einmaliges Konzeptfestival

Einmaliges Konzeptfestival

Als Festival, das sowohl in Frankfurter Türmen als auch an ausgewählten Orten der Region wie in Darmstadt oder Offenbach stattfindet, festigt literaTurm das gemeinsame Selbstverständnis der Rhein- Main-Region als ein kulturelles Kraftzentrum

Notwendigkeit der Empörung

Notwendigkeit der Empörung

Die Stadträtin Dr. Ina Hartwig über den diesjährigen Themenschwerpunkt des literaTurm. Ein Festival, das sich in Zeiten, in denen Politik zunehmend mit unverhandelbaren Affekten gemacht wird, mit dem Hass und Zorn in unserer Gesellschaft beschäftigt

Zeitgenössische Denker*innen

Zeitgenössische Denker*innen

“Wir sind schuld. Wir alle. Wenn Politikerinnen und Politiker ohne jegliche Scham [...] ihr Misstrauen gegenüber einer Religion, dem Islam, zum Mittelpunkt ihres Parteiprogramms machen, dann haben wir etwas falsch gemacht. Wir, das sind alle ...“

Maxim Biller | Einzelportrait

"Ich bin mit vierzig von München nach Berlin gezogen, das war schon hart genug." Ein Portrait von Maxim Biller, der mit seinem Roman auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2018 stand. Für das literaTurm am 29. März im Gespärch mit Helge Malchow

Ingo Schulze | Im Gespräch

Der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller Ingo Schulze erlangte internationale Bekanntheit mit seinem Bestseller „Simple Storys" von 1998, der in 19 Sprachen übersetzt wurde. Bei literaTurm im Gespräch am 24. März mit Helmut Böttiger

Extremwetter | Dokumentation

Hitze, Dürre, Stürme und Fluten – das Wetter scheint wild geworden zu sein. Wissenschaftliche Fakten geben das Rüstzeug für ein verantwortungsvolles Handeln in der Zukunft. Eine Dokumentation des ZDF in Zusammenarbeit mit Gruppe 5 Filmproduktion

Antisemitismus mitten in Europa | Doku

Antisemitismus: Die Angst geht wieder um in Europa. Regelmäßig fürchten sich jüdische Menschen vor Angriffen auf offener Straße, Friedhöfe werden geschändet, bei Aufmärschen Hassparolen skandiert. Eine Dokumentation des WDR