„Die Evolution ist großartig, keine Frage. Aber uns wurde etwas mit- gegeben, das man sonst nirgends findet: Ein Bewusstsein. Das ist Fluch und Segen zugleich. Die Selbstreflexion.“ – Wim Wenders, Regisseur
Fassungslos war ich. Als ich für diesen Film recherchiert habe. Als ich anfing zu begreifen, dass Ökosysteme wirklich überall um uns herum auseinander fallen. Wissenschaftler schätzen, dass alle 24 Stunden etwa 200-300 Arten aussterben. Globales Artensterben ist real. Trotzdem gibt es einen Teil von mir, der es nicht glauben will. Ich möchte mein Leben in der farbenfrohen Welt fortsetzen, die ich kenne, und nicht in der zerstörten Zukunft, auf die wissenschaftliche Erkenntnisse hinweisen.
Ich wurde 1974 in eine Familie von Naturschützern geboren. Einige meiner schönsten Erinnerungen sind Tage in der Wildnis mit meinem Vater, der daran arbeitete, die Sümpfe Niedersachsens wiederzubeleben. Ich erkundete die nebligen Feuchtgebiete, beobachtete Hunderte von Fröschen, die umeinander schwammen und im sumpfigen Wasser laichten. Ich aß Bucheckern vom Waldboden und manchmal durfte ich mit meiner kleinen Axt ganz alleine Birken fällen. Eine Kindheit in unmittelbarer Nähe zur Wildnis.
Mit diesem Film will ich einen Teil dieser frühen Faszination für die Natur auf die Leinwand bringen. Eine Liebeserklärung an die Wildnis und deren Fähigkeit, uns zu lehren, wer wir sind. Doch n den 2020ern muss jeder „Liebesbrief an die Wildnis“ immer auch politisch sein. Denn wer heute die Wildnis liebt, muss um ihre Existenz kämpfen. Für mich bedeutete das, mein ganzes Herz in dieses dokumentarische Märchen aus der Zukunft zu stecken.
Wir leben zurzeit im Ausnahmezustand. Aber aus der Ferne der Zukunft wird man unsere Zeit nicht zuallererst als die ‘Virusjahre’ erinnern, sondern als die Ära der massenhaften Auslöschung von wildem Leben. Was einmal weg ist, ist für immer weg.
‘Ich habe von alldem nichts gewusst’ wird die Richter der Zukunft nicht besonders beeindrucken. Wir schreiben gerade Naturgeschichte und sich dessen bewusst zu sein, auch durch den Lärm unserer Gegenwart hindurch, ist unsere Verantwortung.
Aber was, wenn wir schaffen würden, nicht Armut und Chaos, sondern eine Renaissance zu vererben? Eine neue Wertschätzung des Wilden? So wie Kinder sie haben? Mit dem Märchen Everything will Change will ich die Farben meiner Kindheit transportieren, aber der Film soll auch ein Ruf zu den ‘Waffen‘ sein. Er soll einer Generation von ‘Extinction Rebels’ Brennstoff sein, er soll diejenigen bestärken, die heute schon dafür kämpfen, den Status Quo zu modifizieren. Wir müssen uns ökonomisch, politisch und philosophisch verändern.
Können wir die Evolution unserer Gesellschaften beschleunigen? Ich glaube ja. Es ist das spannendste, was wir mit dieser außergewöhnlichen Zeit anfangen können. In tiefster Seele wollen wir alle eine bunte Welt. Eine Renaissance, erbaut von uns, aus Ehrlichkeit, Wissenschaft und Hoffnung.
– Marten Persiel, Regisseur von Everything will Change