Die meisten Online-Gamer kämpfen eher gegen Zombies oder Drachen, als dass sie Gesetze entwerfen oder über die Feinheiten der europäischen Integration debattieren. Aber das könnte sich möglicherweise bald ändern. Das Europaparlament lässt zurzeit ein Online-Spiel namens Citzalia entwickeln, eine virtuelle Version des EU-Parlaments. Die Spieler sollen damit den Prozess der Gesetzgebung nachstellen können. „Citzalia ist Demokratie in Aktion. Es ist Rollenspiel und soziales Netzwerk, verpackt in eine virtuelle 3D-Welt, die das Wesen des Europaparlaments einfängt“, steht auf der Webseite des Spiels.
Die 3D-Welt wird kein Fantasiereich mit Schlössern und Orks sein, sondern ein Mix aus den drei Parlamentsgebäuden der EU in Brüssel, Straßburg und Luxemburg. Die Räume sollen von Abgeordneten des Europäischen Parlaments und Beamten der Europäischen Kommission bevölkert werden. Auf der Webseite heißt es weiter: In Citzalia kann man „herumlaufen, interagieren, netzwerken, über die Themen des Tages diskutieren, Gesetze vorschlagen, über Gesetze abstimmen und herausfinden, wie das Europaparlament funktioniert.“
Um Punkte zu gewinnen und ein höheres Level zu erreichen, muss man Gesetze vorschlagen oder ändern, Artikel für eine Online-Zeitung schreiben und ähnliche Aufgaben erledigen. Mit Hilfe von Citzalia sollen Bürger aber auch den Weg echter Vorlagen durch die Gesetzgebungsmaschine der EU verfolgen können.
„Es ist ein Experiment, das die besten Trends aus dem Internet zusammenbringt, um eine Diskussion über Europa anzuregen“, erklärt Ahmed ElAmin, Leiter des Projekts. „World of Warcraft (WoW) war eine unserer Inspirationen. Es ist das größte Online-Rollenspiel und beweist, dass es ein riesiges Publikum für 3D-Online-Welten gibt.“ Das 15-köpfige Entwickler-Team von Citzalia hofft, dass nicht nur Bürger, sondern auch Abgeordnete des EU-Parlaments Citzalia spielen werden, um in Echtzeit ein Feedback von den Bürgern zu bekommen. Außerdem sollen Avatare von Beamten der Europäischen Kommission falsche Vorstellungen über die EU „korrigieren“.
„Es wird keinerlei Zensur geben“, betont ElAmin. „Aber das Risiko, dass Fehlinformationen eingespeist werden, ist natürlich enorm. Die Avatare der Beamten werden keine Änderung vornehmen, aber sie können die Dinge richtig stellen.“ Von dem Erfolg des Spiels ist ElAmin jedenfalls fest überzeugt: „Wir denken, dass solche Dinge sehr schnell einen Schneeball-Effekt entwickeln können.“